Rita Falk ist ja eigentlich die große Show gewohnt. Wenn eine ihrer Geschichten ins Kino kommt, gibt es für die Fans der Eberhofer-Krimis kein Halten mehr, zuletzt bei der Eröffnung des Münchner Filmfests im Sommer: Beim "Kaiserschmarrndrama" weiß man eben, was man kriegt: bayerische Unterhaltung mit hohem Wiedererkennungswert. An diesem Donnerstagabend steht die Bestsellerautorin im fröhlich gepunkteten Kleid mit einem eher kleinen Team vor dem großen Mathäser-Saal und kann ihre Aufregung kaum verbergen: "Ich bin komplett durchgeschwitzt und wahnsinnig gespannt, wie das ankommt beim Publikum." Ihr Herzensprojekt heißt "Hannes", ein Film über die Freundschaft zweier junger Männer, von denen der eine bei einem Motorradunfall aus dem Leben gerissen wird und nun im Koma liegt, während der andere versucht, sein Leben auf die Reihe zu kriegen.
Hans Steinbichler hat das Buch von Rita Falk schon vor der Corona-Krise verfilmt, und man muss einfach dankbar dafür sein, wie er das gemacht hat. Weil er es versteht, das Leichte mit dem Schweren zu verbinden und überhaupt mal zu zeigen, welchen Wert so eine Männerfreundschaft haben kann - und das in großartigen Landschaftsbildern und mit den begabten Hauptdarstellern Johannes Nussbaum (Hannes) und Leonard Scheicher (Moritz). Schon auf dem roten Teppich sind die zwei unzertrennlich und berichten im Plauderton von der gar nicht geringen Anstrengung, einen Komapatienten darzustellen, der auf Schlüsselreize wie Umarmungen reagiert. Eher gelassen als aufgeregt ist Heiner Lauterbach, er spielt den Klinikarzt: "Das ist nur eine kleine Rolle. Aber mir liegt sehr am Thema Freundschaft und wie Freunde mit echten Krisen umgehen - das kommt in unserer Welt, wo viele nur noch über soziale Medien in Kontakt bleiben, viel zu kurz."
Dass diese filmische Berg- und Talfahrt einerseits tieftraurig und andererseits komisch ist, liegt auch an einer Schauspielerin, die an diesem Abend nicht mehr da sein kann. Hannelore Elsner ist im April 2019 gestorben. "Hannes" war ihr letzter Kinofilm, eine Art Vermächtnis, sie spielt die an einer Psychose erkrankte ehemalige Lehrerin von Moritz, die nun in einem katholischen Pflegeheim wieder auf ihren Ex-Schüler trifft. Elsner war bei den Dreharbeiten bereits sehr krank. Man ahnt es, wenn man sie im Film sieht: So zart und schwerelos wirkt ihre Figur, so zerbrechlich und zugleich so willensstark und mitreißend und anmutig, dass man am liebsten stehend applaudieren möchte. Und genau das macht dann auch Hans Steinbichler nach der Aufführung, er hat diesen Film, der ihm von Rita Falk persönlich angetragen wurde, Hannelore Elsner gewidmet. "Sie schaut jetzt sicher von oben auf uns und ist stolz."
Und so hat die lange und schwierige Geschichte der Finanzierung ein glückliches Ende, "Hannes" läuft jetzt endlich im Kino. Rita Falk aber ist schon wieder beim nächsten Ding, im Dezember steht eine Lesereise an, im Januar 2022 sitzt sie erneut am Schreibtisch. Der Provinzpolizist Eberhofer muss mal wieder ran, denn in seinem Einsatzort Niederkaltenkirchen gehen die Verbrechen nie aus. Es ist ja auch erst Band zwölf der Serie.