"Orleanshöfe":Viele Wohnungen für Eisenbahnfreunde

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Gewerbeflächen und vielleicht ein Hotel sollen in diesem Baukomplex der neuen Orleanshöfe unterkommen. (Foto: Teleinternetcafe und Treibhaus)

In der Nähe des Ostbahnhofs soll ab 2023 ein neues Quartier entstehen, auch die Orleansstraße soll dabei in diesem Bereich grundlegend umgestaltet werden.

Von Sebastian Krass

Es wird eine Wohnlage, die besonderen Charme für Freunde des Eisenbahnverkehrs entwickeln könnte, nicht nur wegen des Blicks auf die viel befahrenen Gleise - auch die Durchsagen vom Ostbahnhof werden für viele Bewohner zu hören sein, zumindest bei geöffnetem Fenster. Aber auch andere werden sich für dieses Neubauprojekt interessieren, denn in Haidhausen nehmen viele, was sie kriegen können. Etwa 450 Wohnungen, dazu zwei Kitas, Geschäfte, Büros und ein Hotel sollen von 2023 an auf einem schmalen Grundstück zwischen Ostbahnhof und Haidenauplatz entstehen, auf dem derzeit noch Autos verkauft und geparkt werden. Am Mittwoch hat der Planungsausschuss des Stadtrats das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs mit großer Mehrheit begrüßt, lediglich Brigitte Wolf (Linke) und Dirk Höpner (München-Liste) lehnten das Projekt mit dem Namen "Orleanshöfe" ab.

Zudem verband die Koalition von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt das Bauvorhaben mit dem Auftrag, die Orleansstraße grundlegend umzuplanen, zugunsten von Fußgängern und Radlern und zulasten von Autofahrern. Einen entsprechenden Änderungsantrag setzten die Regierungsfraktionen gegen die Stimmen von CSU und FDP/Bayernpartei durch.

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Auf der Brachfläche zwischen Ostbahnhof und Haidenauplatz entstehen die Orleanshöfe. Im Siegerentwurf sind drei Gebäudekomplexe mit Wohnungen, Läden und Büros vorgesehen - und ein Gedenkort für die Weiße Rose.

Von Patrik Stäbler

Es ist ein Bauprojekt mit mehr als 20-jährigem Vorlauf, das durch die Kapriolen um die zweite S-Bahn-Stammstrecke immer wieder aufgehalten wurde. Eigentlich gehört zum Planungsgebiet auch ein Grundstücksstreifen an den Bahngleisen nördlich des Haidenauplatzes. Dieser aber bleibt vorerst ausgeklammert, weil die Bahn ihn für die Stammstrecken-Baustelle braucht. Bauherr der "Orleanshöfe" ist das Münchner Immobilienunternehmen GVG, ein Familienbetrieb, der die Grundstücke seit 2003 der Bahn abgekauft hat und die Immobilien im Bestand halten will.

Den Wettbewerb gewonnen haben das Architekturbüro Teleinternetcafe (Berlin) und Treibhaus Landschaftsarchitektur (Hamburg). Das markanteste Element der Planung ist ein 45 Meter hohes Eckgebäude zum Haidenauplatz hin, dort sind ein Hotel und Büros vorgesehen. Insgesamt soll die Bebauung aus drei ansonsten sechs- bis achtgeschossigen Blöcken bestehen, unterbrochen von zwei sogenannten "Quartiersnischen". Die Hälfte der insgesamt 84 000 Quadratmeter Geschossfläche ist dem für Wohnen gewidmet. Im Inneren der Komplexe sind Wohnhöfe vorgesehen, die "eine hohe Wohn- und Aufenthaltsqualität trotz der hohen Lärmbelastung und der geringen Grundstückstiefe ermöglichen soll", wie Monika Weidner vom Planungsreferat sagte. Öffentliche Grünflächen seien auf dem Grundstück nicht möglich. Als Kompensation soll der Hypo-Park an der Elsässer Straße aufgewertet werden.

Eine Visualisierung der Orleansstraße. (Foto: Teleinternetcafe und Treibhaus)

Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer würdigte, dass "der Plan der Sieger sehr gut in die Struktur Haidhausens passt" und er ein gutes Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten erwarten lasse. Seine Fraktion und SPD/Volt regten zudem an, dass ein Drittel des geförderten Wohnraums als "Flexi-Wohnen" für berufstätige junge Wohnungslose und Geflüchtete reserviert wird, der Teilantrag kam ebenfalls durch.

Brigitte Wolf von der Linken hingegen bezweifelte grundsätzlich, dass angesichts "der Baumasse und des Lärms" gutes Wohnen möglich sein werde, "die Innenhöfe sehen hier so schnuckelig aus, in Wirklichkeit werden sie sehr schwierig, weil man jede Lautäußerung hören wird". Zudem kritisierte sie, dass die Parks in der Nähe schon gut genutzt würden, sie auch noch als Grünfläche für dieses Projekt vorzusehen, sei "eine Unverschämtheit". Andreas Schuster (SPD) hingegen glaubt, dass diese Grünanlagen "noch aufnahmefähig sind". Fabian Ewald (CSU)sieht in der Planung "eine sehr sinnvolle Ergänzung Haidhausens".

Nicht mitgehen wollte die CSU bei der Umplanung der Orleansstraße, dem Antrag zufolge sollen beiderseits mindestens drei Meter breite Gehwege und 2,30 Meter breite Radwege entstehen. Das sei insgesamt zu viel, sagte Ewald, auch in Sorge um das Vorankommen von Autos. SPD-Stadtrat Schuster betonte, es sei wichtig, die neue Orleansstraße auch auf Trams, Busse und den Lieferverkehr abstimmen, "in Kauf nehmen" könne man hingegen, wenn der individuelle Autoverkehr "etwas ausgebremst wird". Unstrittig war ein weiterer Vorschlag der Koalition: dass die Verwaltung prüft, ob für Fußgänger und Radler eine Brücke über die Berg-am-Laim-Straße gebaut werden kann.

An der Orleansstraße steht noch heute der Zaun, an dem Sophie Scholl Abschied nahm von ihrem Bruder Hans und von Christoph Probst. (Foto: Stephan Rumpf)

Untrennbar verbunden ist die Entwicklung des Grundstücks mit einem teilweisen Erhalt des Zaunes, an dem ein in den Worten des FDP-Stadtrats Jörg Hoffmann "ikonisches Foto der Geschwister Scholl entstanden ist, das für den Widerstand der Weißen Rose steht wie wenige andere". Im Ausschuss herrschte parteiübergreifend Einigkeit, dass an der Orleansstraße ein Gedenkort entstehen soll. Hoffmann regte zudem "eine künstlerische Nachbildung des Bildes" an.

© SZ vom 04.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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