Wenn Eltern ihr sehnlich erwartetes Kind während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder kurz danach verlieren, ist ihre Trauer unermesslich groß. Und sie versuchen, einen Ort zu finden, an dem sie dieses Kindes gedenken können, dem es nicht vergönnt war, durchs Leben zu gehen. Die Landeshauptstadt hat auf dieses Bedürfnis früh reagiert und bereits Ende 1999 im Waldfriedhof ein Grabfeld eingerichtet, das der Beerdigung von Föten und totgeborenen Kindern vorbehalten war, für die der Gesetzgeber keine Bestattungspflicht vorsieht.
Für die als soziales Angebot der Stadt verstandenen Bestattungsplätze wurden anfangs keine Gebühren erhoben. Auf der Anlage im Alten Teil des Waldfriedhofs, W 94, wurden innerhalb von fünf Jahren 253 Kinder beerdigt, bis die Kapazität erschöpft war. Die Friedhofsverwaltung wich danach auf das Gräberfeld 142 b aus, das früher eine Gemeinschaftsgrabstätte von Klosterschwestern war.
Genau diese Anlage zieht nun Kritik auf sich. Ein Ehepaar, das sein totgeborenes Kind begraben muss, hatte sich dort nach einer geeigneten Grabstätte umgeschaut. "Wir waren schockiert", schrieb der Ehemann an die SZ: "Es sieht dort aus wie auf einem Schlachtfeld." Ein Teil der Anlage, die nicht abschließend gärtnerisch gestaltet ist, weil dort noch laufend Bestattungen erfolgen, wirkt in der Tat ungepflegt. Auf die Kies- und Lehmfläche haben trauernde Eltern Devotionalien hingelegt, Spielzeug, Engelchen aus Ton, Kerzen, Trauerschleifen. Bei Regen vermischt sich all dies mit dem entstehenden Matsch - würdevoll ist dies nicht.
Das räumt auch das Referat für Gesundheit und Umwelt ein, das für die städtischen Friedhöfe zuständig ist und von der SZ um eine Stellungnahme gebeten wurde.
"Die Anlage wird aktuell gärtnerisch neu gestaltet. Insoweit vermag sich für einen Dritten derzeit ein etwas ungepflegter Eindruck ergeben", teilt das Referat mit. Geplant ist, dass man den Bereich künftig durch Rundbögen betritt, an denen sich Efeu und Clematis emporranken. "Für eine farbenfrohe Optik sorgen Hortensien und Fuchsien, also Pflanzen, die mit der schattigen Lage der Grabanlage gut zurechtkommen."
Das Referat weist darauf hin, dass es eines der zentralen Anliegen der Städtischen Friedhöfe ist, Grabstätten anzubieten, die den Wünschen der Angehörigen entsprechen. Nach dem Bayerischen Bestattungsrecht besteht eine Bestattungspflicht nur für lebend geborene und danach verstorbene Menschen oder für Totgeburten mit einem Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm. Im Waldfriedhof entstanden dafür mehrere solcher Grabanlagen. Die zentrale Anlage im Neuen Teil, unweit des Sees, ist schon seit Jahren vollständig belegt. Eine Erweiterung habe man schon seit Längerem geplant, sie werde aber aufgrund der erforderlichen Vorarbeiten frühestens im Herbst dieses Jahres zur Verfügung stehen, so die Auskunft des Referats.
Die im Waldfriedhof, Neuer Teil, im Jahr 2005 konzipierte Anlage entstand auf dem damals unbelegten Gräberfeld 601 auf einer Gesamtfläche von etwa 5000 Quadratmetern und sollte die Gewähr bieten, den Bedarf auf Dauer zu decken. Die Anlage umfasst eine Fötengrabstätte, die kreisförmig um ein zentrales Allgemeindenkmal angeordnet ist und zunächst für eine Kapazität von 300 Beisetzungen mit Erweiterungsmöglichkeit geplant war.
Das dazugehörige Denkmal stammt von einem aufgelassenen Grab aus dem Bestand der Friedhofsverwaltung. In der Säule des Denkmals konnten die Eltern gegen Erstattung der Aufwendungen die Namen anbringen lassen, die ihre ungeborenen Kinder bekommen hätten. Die mittige Insel mit dem Denkmal diente gleichzeitig als allgemeine Ablagefläche für Blumen, Grablichter und sonstige Trauergaben. Dies hatte man so gehalten, "denn das Pflegekonzept kann nur dann realisiert werden, wenn die individuellen Trauergaben direkt auf der Pflanzfläche nicht zur Regel werden", hieß es bereits 2006 in einer Bekanntgabe des Referats, die im Stadtrat vorgelegt wurde.
Die ebenfalls dort geschaffene Anlage für Totgeburten oder für bis sechs Wochen nach der Geburt verstorbene Kinder wurde auf etwa 100 Gräber ausgelegt und hat keine Kapazitäten mehr. Die Anlage ist spiralenförmig um einen Baum herum konzipiert. Die 80 mal 60 Zentimeter großen Gräber sind einzeln ausgewiesen und können beliebig lange genutzt werden, die Mindestnutzungsdauer beträgt drei Jahre. Individuelle Grabdenkmäler können dort nicht aufgestellt werden. Die Eltern haben jedoch die Möglichkeit, auf der Grabfläche große Kiesel abzulegen, auf denen der Name des verstorbenen Kindes steht.