Elisabeth Merk kommt an diesem sonnigen Morgen bewusst mit der S-Bahn nach Lochhausen. Nur wenige Minuten braucht die Stadtbaurätin vom Bahnhof bis zur Margot-Hielscher-Straße. Sie habe selbst ausprobieren wollen, wie weit die Entfernung zwischen Bahnstation und Neubauquartier tatsächlich sei, sagt sie. Schließlich gehe es darum zu erfahren, "wie die letzten Meter von der S-Bahn nach Hause komfortabel zu bewältigen" seien.
Die städtische Wohnungsgesellschaft GWG hat am Dienstag im Neubaugebiet an der Ecke Henschelstraße ihre neue Mobilitätsstation eröffnet. Einen Raum in hellem Gelb im Erdgeschossbereich des ersten Bauabschnitts der Anlage, dessen 90 Wohnungen erst vergangenen Dezember bezogen worden sind. Gut eineinhalb Jahre nach dem Pilotprojekt an der Bad-Schachener-Straße in Ramersdorf ist diese Station im Viertel an der Grenze zu Gröbenzell stadtweit die zweite, mit der die GWG ihren Beitrag zu einer umweltfreundlicheren Stadt leisten will.
Ein elektrisches Lastenfahrrad, zwei Korbanhänger samt Rücklicht und Fahrradständer und fünf aus recyceltem Kunststoff hergestellte Service-Trolleys zählen zu den fahrradbasierten Sharing-Angeboten, die die Mieter dieser Wohnanlage von nun an nutzen können. Kostenlos, für die Ausleihe braucht es lediglich einen zuvor beantragten Chip. Auch eine Fahrrad-Reparatur-Station mit speziellen Werkzeugschlüsseln sowie eine größere Trittleiter und eine Sackkarre finden sich im Raum der Mobilitätsstation.
Reservieren kann man die Fahrzeuge online für maximal vier Stunden, eine Berührung mit dem Chip genügt, um sie aus ihrer Verankerung zu lösen. "Der Gedanke ist: Ich schaue als Mieter aus dem Fenster, sehe, es ist schönes Wetter, und entschließe mich dann, das Auto stehen zu lassen und stattdessen beispielsweise das Lastenrad zu nehmen", erläutert GWG-Mobilitätsmanager Steffen Knopp. "Das Thema Mobilität", betont auch Gerda Peter, die Geschäftsführerin des Unternehmens, "ist der GWG extrem wichtig". Daher sei es essenziell, dass "die Bewohner keinen zusätzlichen Aufwand haben, wenn sie sich entschließen, das Angebot wahrzunehmen".
"Aber es ist genau das, was den Alltag der Münchner prägt."
Am Eröffnungstag gab es für alle, die sich registrierten, die Fahrradanhängerkupplung gratis. Später kostet dieses Starterkit einmalig 15 Euro. Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) verwies neben dem ökologischen Aspekt vor allem auf den Teilungsgedanken. Nicht jeder müsse alles besitzen, so die Aufsichtsratsvorsitzende der GWG. Im Gegenteil: Dinge gemeinsam zu nutzen, stärke die Nachbarschaft und fördere die Kommunikation untereinander. Dazu passt, dass sich künftig freiwillige Paten um die Mobilitätsstation kümmern sollen.
Für die Stadtbaurätin sind diese Station und die Umsetzung des gesamten Wohnprojekts der GWG an der Margot-Hielscher-Straße ein weiterer "aktiver Beitrag" auf dem Weg zu einer klimaneutralen Stadt. "Schön, dass das, was wir uns ausdenken, so toll umgesetzt wird", lobt Elisabeth Merk. Entstanden sei "ein charmanter, intimer Innenhof und eine große Grünanlage mit vielen Bäumen." In nur 16 Monaten Bauzeit hat die GWG den ersten Bauabschnitt errichtet, der zweite mit weiteren 155 Wohnungen, einem zweiten Haus für Kinder und noch einer Mobilitätsstation, dann inklusive Car-Sharing, ist bereits weit gediehen. "Dieses Bauvorhaben", so die oberste Stadtplanerin, "mag zwar nicht so spektakulär sein wie beispielsweise das Projekt an der Paketposthalle". Auch weil es nicht in der Innenstadt, sondern am Stadtrand entstehe. "Aber es ist genau das, was den Alltag der Münchner prägt." Und daher ein Projekt, das unbedingt "Nachahmer finden sollte".