Süddeutsche Zeitung

Politik in München:"Wir Grüne gehören in die Landesregierung"

Spitzenkandidatin Katharina Schulze startet auf dem Stadtparteitag den Wahlkampf für die Landtagswahl. Doch nicht allen Mitgliedern gehen die Standpunkte der Partei weit genug.

Von Anna Hoben

"Wer war alles mit dabei?", ruft Katharina Schulze in den Saal, und einige Hände gehen hoch. Die grüne Spitzenkandidatin hat etwas von einer Animateurin in dem Moment. Donnerstagabend, es ist Stadtparteitag der Grünen in der Muffathalle, und Schulze erinnert ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde gerade an die Wahlparty im Oktober 2018. Die Grünen hatten damals bei der Landtagswahl ihr bis dato bestes Ergebnis eingefahren, in München holten sie fünf Direktmandate. Sie feierten das dort, wo sie auch an diesem Abend versammelt sind, in der Muffathalle.

In gut acht Monaten will Schulze wieder feiern können, und nicht nur das: "Wir Grüne gehören in die Landesregierung", ruft sie. Bayern habe "was Besseres verdient als Söders Alleinregierung mit Hubert Aiwanger".

Und schon ist sie mittendrin im Wahlkampf, den die Grünen vor allem mit den Schwerpunktthemen Klimaschutz und Energiewende bestreiten wollen. Die Söder-Regierung habe die Energiewende verschlafen und gefährde den Wirtschaftsstandort Bayern, kritisiert Schulze. Mit 2000 neuen Windrädern bis 2030 und einer vervierfachten Leistung aus Solarenergie will sie den Freistaat zum "Land der Energiegewinner" machen.

Der Wahlkampf werde hart, prophezeite die Fraktionsvorsitzende im Landtag, "wir sind der Hauptgegner von allen, die keine Veränderung wollen". Vorsorglich bedankte sie sich schon mal für wenig Schlaf und das Verteilen von Flyern.

Münchens Energieversorgung soll möglichst aus erneuerbaren Quellen kommen

Dass an der Basis indes nicht jedem die Veränderung weit genug geht, die zurzeit von den Grünen ausgeht, zeigte sich beim Redebeitrag der jungen Klimaaktivistin Lola Zschiedrich, die kürzlich in Lützerath demonstriert hat und Mitglied der Grünen Jugend ist. Bei der Demo habe sie erlebt, wie der Wind den Strahl aus dem Wasserwerfer auf die Polizisten zurückgeworfen habe - für sie eine Metapher für die Grünen, die den Gegenwind aus der eigenen Basis nicht hätten kommen sehen. Angesichts der geplanten Kohleförderung in dem nordrhein-westfälischen Ort verteidigten Grünen-Politiker einen "dreckigen Kompromiss" und seien auch noch stolz darauf.

Den Rest des Abends ging es vor allem darum, wie die Energiewende in München gelingen kann. Einstimmig beschlossen die 160 anwesenden Mitglieder einen Leitantrag, der zum Ziel hat, Münchens Energieversorgung auf neue Beine zu stellen. So wollen die Grünen dafür sorgen, dass ein möglichst großer Anteil erneuerbaren Stroms und Wärme in München und der Region erzeugt wird - zusätzlich zu den Wind- und Solarprojekten der Stadtwerke in ganz Europa.

Als "energiepolitisches Sicherheitsrisiko für Bayern und München" bezeichnete Fraktionschef Dominik Krause dabei die bisherige Energiepolitik der CSU; sie habe die Wende nicht nur verschlafen, sondern blockiert. Herbert Danner brachte das Thema nachhaltiges Bauen in den Antrag mit ein - da gebe es insbesondere bei Bildungsbauten noch ein großes Defizit in München, sagte er.

Mit großer Mehrheit angenommen wurde auch ein Antrag zum Ausbau der Geothermie. Tenor: Die Stadtwerke könnten noch deutlich mehr tun, um die Neubaugebiete im Münchner Osten mit Geothermie zu versorgen. Außerdem wollen sich die Grünen für eine bayernweite Solardachpflicht für alle Neubauten und bei grundlegenden Dachsanierungen einsetzen.

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