Es ist zweifellos eine charmante Idee: Die Büschl-Gruppe, eines von Münchens größten Wohnungsbau-Unternehmen, steigt bei einem der wichtigsten und kompliziertesten Bauprojekte der Stadt ein. Sie stellt eine neue Großmarkthalle mit gesichert bezahlbaren Mieten für die Händlerinnen und Händler hin und baut obendrauf statt der bisher geplanten Büros lieber Wohnungen, noch dazu nach den neuen strengen Sobon-Regeln der Stadt, die einen hohen Anteil an bezahlbarem Wohnraum sichern. Dennoch sollte der Stadtrat sich in der Sitzung des Kommunalausschusses an diesem Donnerstag oder spätestens in der Vollversammlung Ende April von dieser charmanten Idee verabschieden, die Investorenlösung für den Neubau abblasen und das Projekt zurück in die Hände der Stadt legen.

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Gründe dafür gibt es reichlich, einige davon scheinen in der Beschlussvorlage von Kommunalreferentin Kristina Frank auf: Die neu aufgetauchte juristische Frage, ob das Investorenprojekt EU-weit ausgeschrieben werden muss statt es direkt der Büschl-Gruppe zu übergeben, schafft ein Prozessrisiko und damit eine höchst bedenkliche Unsicherheit. Schließlich besteht beim Neubau der Großmarkthalle enormer Zeitdruck, da die Stadt allein bis 2030 zig Millionen Euro in den Bauunterhalt maroder Hallen stecken muss, um den Betrieb des Großmarkts überhaupt aufrecht zu erhalten. Ob und zu welchen Kosten die alten Hallen über 2030 hinaus zu halten wären, ist offen.
Der Zeitdruck schwächt zunehmend die Position der Stadt
Zudem müssten die Erbbaurechtsverhandlungen mit dem Investor neu starten. Dass die Länge solcher Verhandlungen unkalkulierbar ist, zeigt sich am Georg-Kronawitter-Platz (ehemals Sattlerplatz). Dort geht seit Jahren nichts voran, weil die Stadt mit den dortigen Investoren zäh um die Höhe des Erbbauzinses und um andere Kosten verhandelt. Zwar ist das Bauvorhaben nicht direkt mit der Großmarkthalle vergleichbar. Aber gemein haben beide Projekte, dass sie enorm komplex sind und es keine vergleichbaren Erbbaurechtsfälle gibt. Beim Großmarkt kommt hinzu, dass der Zeitdruck die Verhandlungsposition der Stadt schwächt. Auch zu bedenken ist die Gefahr, dass die Verhandlungen in zwei oder drei Jahren scheitern könnten, dann wäre noch mehr Zeit verloren als jetzt schon.
Auch ist noch völlig unklar, wie viele Wohnungen über der Großmarkthalle überhaupt rechtlich machbar sind, etwa wegen des Lärms, den der Lieferverkehr auch mitten in der Nacht verursacht. Es müssten also auf viele offene Fragen sehr viele gute Antworten gefunden werden, damit das Investoren-Großmarkt-Projekt zu einem Erfolg wird.
Mehr Einfluss und somit auch mehr Sicherheit hat die Stadt, wenn sie selbst baut. Und dann wäre es ein sportliches, aber immerhin machbares Ziel, den neuen innerstädtischen Großmarkt im Jahr 2030 zu eröffnen.