Großprojekt in München:Stadtwerke interessieren sich für Großmarkthalle

Großprojekt in München: Die Stadtwerke München haben Interesse am Gelände der Großmarkthalle.

Die Stadtwerke München haben Interesse am Gelände der Großmarkthalle.

(Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Das städtische Tochterunternehmen hat offenbar konkrete Nutzungswünsche für das Areal - doch die Stadtratsfraktionen reagieren zurückhaltend.

Von Heiner Effern, Anna Hoben und Sebastian Krass

Wenige Tage vor einem entscheidenden Stadtratsbeschluss zur Zukunft der Großmarkthalle gibt es einen weiteren Investor, der Interesse an dem Großprojekt kundtut. Dabei handelt es sich ausgerechnet um ein städtisches Tochterunternehmen: die Stadtwerke München (SWM). Ein Papier des Unternehmens, in dem es seine Absichten beschreibt, liege ihr vor, bestätigte die zuständige Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Grundsätzlich sei ein solcher Vorstoß "natürlich immer eine Überlegung wert", allerdings seien die Rahmenbedingungen "im Moment nicht einfach vom Tisch zu wischen, um den SWM-Vorschlag zu realisieren". Die Stadt werde den Vergabeprozess wie geplant am Mittwoch starten. "Eine Bewerbung ist für alle möglich."

"Das Gelände der Großmarkthalle ist für die SWM durchaus eine sehr attraktive Fläche in der Innenstadt", erklären die Stadtwerke, über deren Interesse zunächst Münchner Merkur/tz berichtet hatten. "Sowohl für den absehbar wachsenden Flächenbedarf im Zuge der Verkehrswende als auch für die Energie- und Wärmewende." Was ihre Ideen für das Areal im Detail wären, dazu äußerten sich die Stadtwerke nicht. Offensichtlich haben sie aber konkrete Nutzungswünsche hinterlegt. "Wir haben das Kommunalreferat schon beauftragt, auch unter anderem ortsnahe Lösungen für die SWM-Bedarfe auf den übrigen Flächen zu finden", erklärte Bürgermeisterin Dietl.

Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist unterrichtet und hält eine Prüfung der Idee offensichtlich für angebracht. "Schade, dass sich durch die aktuelle Entwicklung offenbar jetzt eine weitere Verzögerung für das Projekt ergeben wird", sagte er. Am Schluss gehe es aber darum, "eine optimale Lösung" zu finden.

Den Stadtrat haben die Stadtwerke hingegen überrascht. Deren Papier hatten am Montagmittag selbst Spitzenvertreter der Regierungsfraktionen von Grünen und SPD nach eigener Aussage nicht vorliegen. Am Mittwoch soll der Stadtrat die Ausschreibung des Neubaus der Großmarkthalle beschließen, auf deren oberen Etagen Wohnungen entstehen sollen. Diese Ausschreibung wurde nötig, als sich der bisher einzige Investoren-Interessent, die Büschl-Gruppe aus Grünwald, in das Umschlagzentrum Großmarkt München (UGM) eingekauft hatte, das bisher den Zuschlag für das Projekt hält.

Zur Idee der Stadtwerke äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Anna Hanusch skeptisch. Die Stadtwerke könnten zwar baulich einiges stemmen, sagte sie. Aber auch sie müssten für den Betrieb der Großmarkthalle Partnerschaften eingehen. Man könne die Idee interessant finden, aber mit der Energiewende stünden die Stadtwerke bereits vor großen Aufgaben. Es stelle sich schon die Frage, "ob das sinnvoll wäre für das Unternehmen". Aller Voraussicht nach werde der Stadtrat die Ausschreibung am Mittwoch beschließen.

Unter den Händlern wächst das Unverständnis

Auch die SPD reagierte am Montag kühl auf den Vorstoß. "Schade, dass sie nicht früher auf die Idee gekommen sind", sagte Fraktionschef Christian Müller. Das Unternehmen verfügt direkt auf der anderen Straßenseite der Großmarkthalle bereits über ein Areal, auf dem das Heizkraftwerk Süd steht. Die Diskussion um die Zukunft des Nachbarn laufe schon länger, merkte Müller spitz an, aber die SWM "haben sich nie daran beteiligt".

Klar ist nach Auskunft des Kommunalreferats, dass auch die Stadtwerke sich an einer Ausschreibung beteiligen müssten. "Derzeit" sei eine Direktvergabe des designierten Neubau-Grundstücks an der Schäftlarnstraße an das kommunale Unternehmen "ausgeschlossen", teilt eine Sprecherin mit. Denn auf der Fläche stehen zwei Hallen, die noch bis 2037 an das UGM und somit an die Büschl-Gruppe verpachtet sind. Diese würde zwar die Mietverträge gegen eine Abstandszahlung in Millionenhöhe aufgeben, allerdings "nur unter der Bedingung", dass eine Ausschreibung mit anschließender Vergabe erfolge, so die Sprecherin. Das habe man in einer "Nachtragsvereinbarung" zum Mietvertrag mit der Büschl-Gruppe festgehalten. Das Unternehmen hat seine Verhandlungsposition also offenbar genutzt, um einer direkten städtischen Nutzung vor 2037 einen Riegel vorzuschieben.

Die CSU sprach sich klar gegen den Einstieg der Stadtwerke aus. Wenn sie finanzielle Kapazitäten in dieser Höhe frei hätten, sollten sie lieber das Glasfasernetz ausbauen, "und nicht mit Obst und Gemüse handeln", sagte der Fraktionsvorsitzende Manuel Pretzl. Er verwies darauf, dass jede zeitliche Verzögerung die Gefahr befördere, dass der Großmarkt die Innenstadt verlasse.

Unter den Händlerinnen und Händlern wächst das Unverständnis, dass der Stadtrat nach mehr als zehn Jahren immer noch über grundlegende Fragen diskutiert. "Für uns ist die Zeitschiene eminent wichtig", sagt Günther Warchola, Präsident des Bayerischen Fruchthandelsverbandes mit Sitz auf dem Großmarkt. Man könne sich einen Neubau durch die Stadt gut vorstellen, gerade, wenn sie eine reine Großmarkthalle errichte, ohne diese sie mit anderen Nutzungen zu kombinieren. "Wenn sich aber abzeichnet, dass es mit dem neuen Großmarkt in München bis 2030 nichts wird, dann müssen wir uns in näherer Zukunft wieder nach einem Standort außerhalb der Stadtgrenzen umschauen."

Die Fraktionen Die Linke/Die Partei und ÖDP/München-Liste wollen am Mittwoch im Stadtrat einen Änderungsantrag einbringen, der einen Neustart bedeuten würde. Das Verfahren soll gestoppt werden, die Stadt soll übernehmen. In einem ersten Schritt müsse der Großmarkt schnell ertüchtigt werden, so Linken-Fraktionschef Stefan Jagel. In einem zweiten Schritt solle dann das Planungsreferat eine komplette Quartiersentwicklung vorlegen.

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