Süddeutsche Zeitung

Preisverleihung: Valentin-Karlstadt-Preis an Schweizer Clown vergeben

Gardi Hutter bekommt im Volkstheater die begehrte Auszeichnung verliehen. Warum trotz ihrer Klasse die Wahl auf sie dennoch schwerfiel.

Von Oliver Hochkeppel

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, aber aller Anfang ist auch schwer - so einige Binsen schießen einem bei der Verleihung des Großen Valentin-Karlstadt-Preises im Volkstheater durch den Kopf. Dass er heuer erstmals als städtischer Preis über die Bühne geht, hat die Sache offensichtlich eher erschwert. Vielleicht liegt's an den vielen Köchen - ha, noch so eine Binse -, also daran, dass mit der Karl-Valentin-Gesellschaft, dem Förderverein "Saubande", dem Valentin-Karlstadt-Musäum und eben der Stadt München diverse Stifter und Organisationen zusammentreffen. Jedenfalls soll es im Vorfeld zu einem bei solchen Anlässen eher unüblichen und - Verzeihung, Herr Zimmerschied und die anderen - eher kindischen Dissens in der Jury gekommen sein. Dazu am Schluss aber mehr.

Vermutlich wäre der Saal auch wie früher im alten Volkstheater, also besser gefüllt gewesen, wenn nicht erst drei Tage vorher mehr bekannt gewesen wäre als nur die Preisträgerin Gardi Hutter. Dass also eine Claudia Pichler mit gewohntem Charme durch die Sonntagsmatinee führt; dass Maxi Ponkratz und Micha Acher "mit Verstärkung" (im Oktett) für den musikalischen Rahmen sorgen; und dass Hans Well die Laudation hält, einstiges Oberhaupt der Biermösl Blösn, die zusammen mit Gerhard Polt 2007 die ersten Karl-Valentin-Preisträger waren.

Ganz fad kann's bei dieser Besetzung also von vornherein nicht werden. Dass es obendrein anders abläuft als bei solchen Preisverleihungen üblich, deutet Pichler nach der Begrüßung schon an. Und so hat Kulturreferent Anton Biebl gerade erst die Bühne erklommen, als er schon von einer Putzfrau unterbrochen und des Platzes verwiesen wird. Kaum besser erwischt es den mit einem Alphorn aufmarschierenden Hans Well, der seine Laudatio erst einmal von einem langwierigen Dekorationsversuch und der Vorbereitung einer Gegenrede verzögert sieht. Der Störenfried ist natürlich Gardi Hutter, diese winzige und doch so große und großartige Schweizer "Clownerin".

Dass es gerade für diesen Preis kaum eine Geeignetere gibt als sie, beweist Hutter dann eindrucksvoll bei ihrem zwerchfellerschütternden, aber eben auch absurden und hintersinnigen Kampf mit der Tücke des Objekts. Ob das eine an einer Leine aufzuhängende Schweizerfahne, ein Pult nebst Mikrofon und Ständer, ein Waschzuber oder auch einfach nur ein Papierstapel ist.

Hans Well geht darauf in seiner ebenso klugen wie witzigen Laudatio ausführlich ein, indem er auf die große handwerkliche Kunst, auf den universellen Zugang zu jeder Art von Publikum, aber auch auf die ernste Seite dieses grandiosen ewigen Scheiterns - so spielt der Tod in allen Programmen Hutters eine wichtige Rolle - und damit auf die großen Parallelen zu Karl Valentin und Liesl Karlstadt verweist.

Hutter selbst bekennt ganz zum Schluss, nach der Übergabe von "nichts" durch Anton Biebl (denn damit ist der Preis im Sinne Karl Valentins dotiert), und nun ohne Kostüm und Clownsnase, dass ihr dieser 20. Preis ihrer Karriere besonders wichtig sei. Habe sie doch vor über 40 Jahren mit Valentin/Karlstadt-Sketchen angefangen: "Das Komische lernt man nicht in der Theorie. Am Anfang kopiert man die Großen. Und komische Rollen für junge Frauen gab es kaum - außer Karlstadt," berichtet sie.

Umso unverständlicher das Hickhack in der Jury, die Well auf seine Weise abwatscht: So leicht sei die Wahl noch nie gefallen, Woody Allen, Roberto Benigni und John Cleese seien sofort gegen Hutter ausgeschieden: "Die hadern (sic!) aber nicht, sondern hoffen aufs nächste Mal."

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