Süddeutsche Zeitung

Giesinger Brauerei:Münchens siebtes Original

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Die Giesinger Brauerei bringt jetzt ihr erstes "Münchner Hell" auf den Markt - streng nach EU-Recht. Ist das schon ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Oktoberfest?

Von Franz Kotteder

Seitlich vom Podium prangt ein großes Bild an der Wand, mit sieben Bierflaschen. Sie enthalten laut Etikett jeweils ein anderes "Münchner Hell". Sieben? Warum das? Es gibt doch nur sechs Münchner Brauereien, die berechtigt sind, ein "Münchner Hell" nach der geschützten geografischen Bezeichnung der Europäischen Union zu brauen? Nämlich Hofbräu, Hacker-Pschorr, Paulaner, Augustiner, Löwenbräu und Spaten.

Von nun an aber ist alles anders. Denn auch die Giesinger Brauerei bringt am Montag ihr eigenes "Münchner Hell" in den Getränkehandel. Sie darf das auch nach EU-Recht, denn sie erfüllt alle Voraussetzungen dafür, seit sie einen eigenen Tiefbrunnen auf ihrem zweiten Firmengelände in der Detmoldstraße in Feldmoching hat. Ein originales "Münchner Hell", so legt es die EU fest, muss gebraut werden unter Verwendung von Münchner Wasser und Münchner Luft (allen Ernstes!), seine Stammwürze muss zwischen 11,4 und 11,9 Prozent liegen, der Alkoholgehalt darf zwischen 4,7 und 5,4 Prozent betragen. Die Bitterstoffe sollen sich zwischen 14,0 und 25,0 Einheiten bewegen.

Für die Datenfans unter den Biertrinkern: Das Helle der Giesinger hat eine Stammwürze von 11,8, einen Alkoholgehalt von 4,8 Prozent und einen Bitterstoffanteil von 18,0 Einheiten. Der erste, freilich recht subjektive Eindruck: sehr süffig und geschmacklich zwischen Augustiner Lagerbier und Tegernseer Hellem einzuordnen.

Eine weitere Besonderheit, so Brauereichef Steffen Marx bei der Vorstellung der 14. Marke im Sortiment der Giesinger Brauerei: "Es ist unser erstes filtriertes Bier. Als wir vor 15 Jahren in einer Giesinger Garage mit dem Brauen anfingen, konnten wir uns noch keine Filtrationsanlage leisten." Daher ist das erste Giesinger Lagerbier, die "Erhellung", die es bis heute gibt und natürlich auch weiterhin geben wird, ein unfiltriertes Helles. Nun aber sieht Marx sein Unternehmen "an einem neuen Meilenstein angelangt". Das sah auch Georg Rittmayer, Präsident des Vereins Private Brauereien Bayern, bei der Pressekonferenz im Werk an der Detmoldstraße so: "Die Giesinger sind jetzt auf Augenhöhe mit den anderen Münchner Brauereien."

22,99 Euro für den Kasten - und "eigentlich unter seinem wahren Wert"

Womit natürlich wieder die altbekannte Frage auftaucht: Wie halten es die Giesinger mit der Wiesn? Dafür ist die Kapazität der Brauerei noch zu niedrig, mit knapp 30 000 Hektoliter Jahresausstoß. Fünf bis sechs Jahre dürfte es noch dauern, so Marx, bis die Wiesnreife da ist. Man müsse ja schließlich auch die etwa 8000 Genussscheininhaber bedienen, die sich über mehrere Crowdfunding-Projekte an der Giesinger Brauerei beteiligt haben. Und Mitte November soll eine neue Crowdfunding-Runde starten, zwei Millionen Euro will man dann sammeln für die Ausweitung der Kapazität - und in absehbarer Zukunft auch ein Wiesnzelt.

Das "Münchner Hell" der Giesinger ist vorerst in kleinen Getränkemärkten zu bekommen, "weil die uns am Anfang sehr unterstützt haben". Anfang 2022 will man dann auch den Lebensmitteleinzelhandel bedienen. Mit 22,99 Euro für den Träger mit 20 Flaschen ist das Giesinger Helle allerdings nicht direkt günstig. Und das mit voller Absicht, so Steffen Marx: "Handwerklich hergestelltes Bier hat seinen Preis und wird eigentlich unter seinem wahren Wert verkauft."

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