Schlechte Karten für den Wiederaufbau des Uhrmacherhäusls in Obergiesing: Das Verwaltungsgericht wird aller Voraussicht nach am Dienstag der Klage des Hausbesitzers gegen einen Bescheid der Stadt Recht geben. Mit ihm sollte der Eigentümer verpflichtet werden, das unter Denkmalschutz stehende Haus wieder aufzubauen. Es war im Jahr 2017 von dem Bauunternehmen illegal abgerissen worden, das der Besitzer eigentlich mit der Sanierung beauftragt hatte.
Als die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts am Montagvormittag zum Augenschein in der Oberen Grasstraße eintraf, fand sie nicht nur die dort seit bald zwei Jahren klaffende Baulücke vor, sondern auch etwa 20 Unterstützer der Initiative "Heimat Giesing", die bis heute empört sind über das was damals geschah: Mit einem Bagger hatte ein Mitarbeiter der Baufirma ein Loch in die Fassade geschlagen. Rechtzeitig kam - zunächst - die Baubehörde dazu, stoppte den Baggerfahrer und verfügte die Einstellung des Baus. Am nächsten Tag aber setzte sich der Geschäftsführer des Unternehmens selbst in das Gerät und zerstörte das um 1840 erbaute Haus vollständig.
Der Vorgang hatte seinerzeit für große Empörung in der Stadt gesorgt, auch Oberbürgermeister Dieter Reiter forderte Konsequenzen. Daraufhin erließ die Stadt gegen den Eigentümer Andreas S. den Bescheid, der ihn zum Wiederaufbau verpflichtet. Gegen diesen Bescheid klagt S. nun. Er sagt, die Baufirma habe, warum auch immer, auf eigene Faust gehandelt, gegen sein Wissen und Wollen.
Darum ging es beim Augenschein jedoch nicht, vielmehr um das Gesamt-Ensemble, die Lage des Uhrmacherhäusl darin, die umliegende Bebauung - lauter Dinge, auf die es dann allerdings am Nachmittag bei der mündlichen Verhandlung im Gerichtssaal "nicht ankommt", wie Marion Pauli-Gerz, die Vorsitzende Richterin mehrfach betonte. Vielmehr zeigte sich womöglich ein Verfahrensfehler, der die Stadt eventuell auf die Verliererstraße bringt.
Der Bescheid richtete sich nämlich von vornherein nur gegen Andreas S. - die Gründe, warum die Stadt ihn in Anspruch nimmt, nicht aber den Bauunternehmer, reichte die Stadt erst später nach. Thomas Krämer, Verwaltungsdirektor in der Lokalbaukommission (LBK), begründete das damit, dass Baggerfahrer und Bauunternehmer in seinen Augen nur Erfüllungsgehilfen des Hauseigentümers gewesen seien - die Version, dass Andreas S. mit dem Abriss überhaupt nichts zu tun hat, glaubt Krämer ihm nicht: "Die sollten erst mal das Dach sanieren - wozu brauchen sie da einen Bagger?"
Eine gütliche Einigung scheint aussichtslos
Da fand er bei Marion Pauli-Gerz allerdings keine Verbündete - "so geht das nicht", sagte sie nachdrücklich: Dass Andreas S. von dem Abriss gewusst habe, geschweige denn ihn sogar in Auftrag gegeben habe, sei in keiner Weise bewiesen. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn ist noch nicht abgeschlossen. Und deshalb hätte die Stadt zumindest versuchen müssen, den zweiten möglichen Schuldigen, eben den Bauunternehmer, in die Pflicht zu nehmen: Der verfüge nicht nur über eine Betriebshaftpflicht-Versicherung, sondern habe sogar extra eine Versicherung für den Bagger abgeschlossen, ein Fakt, den Thomas Krämer von der LBK gleich wieder als belastend gegen Andreas S. einstufte.
"Ein Denkmal-Drama", nannte Pauli-Gerz den Fall, und weil beide Seiten schon vor Prozessbeginn angekündigt hatten, bei jeweils negativem Ausgang auf jeden Fall in die nächste Instanz zu gehen, fragte die Richterin vorsichtig, ob es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit gäbe, sich gütlich zu einigen. Zum Beispiel: Nicht eine vierstöckige Bebauung wie bei benachbarten, neueren Häusern, aber auf das original einstöckige Haus vielleicht eine zweite Etage obendrauf, und auf den Ensemblecharakter der Feldmüllersiedlung achten? Da empörten sich die Anhänger von "Heimat Giesing" schon wieder, und Thomas Krämer sagte: "Wenn's nach mir geht: auf keinen Fall."