Gabi Benkert war mehr als ein Vierteljahrhundert die Seele des Cafés „Schaumamoi“, dieser kleinen Giesinger Institution. Ihre Söhne, Oskar und Lukas Benkert sowie Samuel Kreitmeir, die wussten nach ihrem viel zu frühen Tod im September 2024 deshalb: Die Fußstapfen, in die sie treten, das sind große, sehr große sogar. Gerade am Anfang, als der Schmerz noch ganz frisch war, da ist ihnen beim Betreten des Cafés, das eigentlich viel eher eine Kulturkneipe ist, auch oft ein kleiner Schauer über den Rücken gelaufen. Aber, sagt Lukas Benkert, den Laden aufzugeben, das sei nie infrage gekommen. Immerhin war das Schaumamoi ja nicht nur das erweiterte Zuhause ihrer Mutter, es war und ist auch ihres. Deshalb haben sie sich entschieden, weiterzumachen. Und nach gut einem Jahr kann man sagen: Es ist mehr als einfach nur ein Weitermachen.
Dass der 30-jährige Lukas Benkert, der gerade nebenbei noch seinen Master im Fach Nachhaltiger Tourismus macht, Gabi Benkert als Wirt einmal nachfolgen würde, das war schon länger klar. Schon 2022, einem Jahr vor der Diagnose Hirntumor, hatte ihn seine Mutter gefragt, ob er die Cafébar einmal weiterführen würde. Was ebenfalls damals schon feststand: Dass es er das nicht ganz alleine machen wird, sondern gemeinsam mit seinen Brüdern, auch wenn der Jüngste, Oskar Benkert, 25, hauptberuflich Braumeister ist und der Älteste, Samuel Kreitmeir, 35, gerade eine Physiotherapiepraxis in München aufbaut.
Wobei man sagen muss: Dass er und die anderen zwei alle so schnell die alleinige Verantwortung übernehmen müssen würden, das hätten sie damals ja alle nicht für möglich gehalten. Lukas Benkert hat bis heute aber sowieso das Gefühl: So ganz weg ist die Mutter nicht. Die Gabi, die wacht schon immer noch über ihre Jungs, über ihr Schaumamoi.

Nachruf:Die Wirtin mit dem großen Herzen
Mit dem Café Schaumamoi hat Gabi Benkert einen ganz besonderen Ort in Giesing geschaffen. Die Kneipe ist klein, doch darin haben alle Platz – außer Rassisten. Nun ist die außergewöhnliche Wirtin gestorben.
Wie sie das wohl gefunden hätte, dass es jetzt nicht mehr nur Flaschenbier, sondern auch welches vom Zapfhahn gibt und eins davon sogar von Sohn Oskar eigens für das Schaumamoi gebraut? Beim Gedanken daran müssen die Brüder lachen. Eine Zapfanlage, die wäre ihrer Mutter nie in den Laden gekommen. Viel zu eng alles und überhaupt, wie soll das denn funktionieren, wenn die Löwen nach dem Spiel mal wieder den Laden stürmen und alle gleichzeitig ein Bier haben wollen? Sie selbst habe nichts mehr verändern wollen, ihr gefiel das Schaumamoi, so wie es war. Gleichzeitig, sagen die Brüder, hätte sie ihre Mutter aber auch immer ermutigt, das zu machen, was sie glücklich macht. Und wenn das eben eine Zapfanlage ist und jetzt ab und an auch mal ein bisschen Techno, dann mei, warum denn nicht?
Die ersten 500 Liter Helles für das Schaumamoi hat Oskar Benkert übrigens gemeinsam mit der Brauerei „Brewsli“ gebraut. Sie dachten: Das reicht locker einen Monat – und waren dann ganz schön überrascht, als nach nur zwei Tagen alles weg war. Jetzt schauen sie mal, wie weit sie mit 2000 Litern kommen. Gebraut wird nun bei einer etwas größeren Brauerei, welche, will Oskar Benkert nicht verraten. Was er aber verrät: Parallel tüftelt er schon an weiteren Biersorten. Und wer weiß: Vielleicht gibt es bald auch so etwas wie Monatsbiere aus der eigenen kleinen Brauerei.


An Ideen mangelt es den Dreien auch sonst nicht: Einen kleinen Hofflohmarkt haben sie schon organisiert, weitere könnten folgen. Neben den besagten DJs, die nun auch mal an die Regler dürfen, sucht vor allem Wirt Lukas Benkert zudem immer wieder nach neuen Bands, die im Biergarten spielen wollen – ohne dabei freilich die alteingesessene Stammkundschaft mit zu viel neumodischem Kram zu verschrecken. Wenn alles nach Plan läuft, dann bekommt das Schaumamoi nach bald 29 Jahren außerdem im kommenden Frühjahr eine Freischankfläche mit Stühlen und Tischen. Ein Schanigarten das ginge wegen der Trambahn, die die Tegernseer Landstraße entlangfährt, nicht. Das Schaumamoi ist ja schließlich nicht umsonst ein ehemaliges Trambahnhäuschen.
Stichwort Trambahn: Eine solche verschönert seit gut drei Wochen den Biergarten. Eine der Mitarbeiterinnen hat sie dort an die Hausfassade gemalt, als Hommage an Gabi Benkert. Es ist die Linie 61, das ist das Jahr, in dem die einstige Wirtin zur Welt, kam; sie fährt durch ein Sonnenblumenfeld, das waren ihre Lieblingsblumen. Man hoffe, dass das Kunstwerk nicht so schnell überschmiert werde. „Das kann in Giesing ja schon mal passieren“, lacht Lukas Benkert.
Gelacht, das fällt auf, wird ohnehin viel im Schaumamoi. Bei allen Unterschieden teilen Lukas und Oskar Benkert und Samuel Kreitmeir schließlich nicht nur ein paar Gene, sondern auch den Humor. Und klar, nach dem Tod ihrer Mutter gab es kurz mal wenig zu lachen, noch dazu war es ohne richtige Übergabe gar nicht so leicht, sich in der neuen Aufgabe zurechtzufinden. So eine Kneipe zu betreiben, das bedeutet ja schließlich so viel mehr, als nur Helles über den Tresen schieben. Es muss Bier bestellt werden, es müssen Schichtpläne geschrieben, Bands gebucht werden – die Liste ließe sich noch ewig fortführen. Aber das alles als Team zu meistern, das hat die Brüder am Ende eben auch nur noch enger zusammengeschweißt, hat ihnen dabei geholfen, den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten.
Nach der langen Talfahrt nun zu sehen, wie die Stammgäste sie tatkräftig dabei unterstützen, nicht nur das Erbe ihrer Mutter zu bewahren, sondern auch ihr ganz eigenes Ding zu machen, das sei dabei das Allergrößte, sagen die Brüder. Da ist es zum Beispiel auch nur halb so schlimm, wenn beim Verlegen der Bierleitung aus Versehen das Stromkabel angebohrt wird. Und ansonsten? Auch darauf ist die Antwort klar, findet Lukas Benkert: „Schau ma moi.“

