Süddeutsche Zeitung

Bar 70er:Eine Bar für echte Fußball-Fans

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Anders als in vielen anderen Giesinger Boazn sitzen hier Bayern- und Löwen-Fans nebeneinander und schauen Fußball - und der Wirt kennt fast jeden Gast persönlich.

Von Linus Freymark

Dass sich Sechzger- und Bayern-Fans zum gemeinsamen Fußballschauen in der Kneipe treffen - undenkbar. Aber an manchen Orten funktioniert sogar das. Das "70er" in der Tegernseer Landstraße 34 ist ein solcher Ort. Auf den ersten Blick ist die Kneipe unweit des Grünwalder Stadions eine jener Boazn, wie es sie haufenweise gibt in Giesing, jenem Viertel, in dem der Fußball eine so große Rolle spielt wie in kaum einem anderen Teil der Stadt.

Es gibt drei Flachbildschirme, Spielautomaten, und anders als in vielen anderen Giesinger Lokalen sitzen hier tatsächlich die Blauen und die Roten nebeneinander und schauen gemeinsam Fußball: Erst flimmert die Partie der Löwen gegen Saarbrücken über den Bildschirm, später läuft das Spiel der Bayern gegen Atletico Madrid - zumindest die erste Halbzeit, bevor um 22 Uhr die Sperrstunde greift.

Dass diese Mischung nicht nur gelingt, sondern geradezu gelungen ist, liegt auch an Wirt Cetin Basel. "Ich habe keine Lust auf Stress hier drinnen", sagt er - also hat er denen, die Stress gemacht haben nach der Eröffnung im Juli, gesagt, dass er sie nicht in seiner Kneipe haben möchte. Seitdem kommen nur noch die, die sich zwar gegenseitig mit ihrem jeweiligen Lieblingsverein aufziehen, aber bei denen das nur Spaß ist. Basel kennt fast jeden, der hierher kommt. Er weiß, dass der Jüngste seiner Stammgäste 21 und der Älteste 83 Jahre alt ist, und wer von ihnen zum Fußballschauen oder zum Dartspielen hier ist.

Das 70er verfügt über zwei Dartscheiben. Drei Tische hat Basel geopfert, damit es in der kleinen Kneipe genug Platz zum Pfeilewerfen gibt. Mehrmals pro Woche kommt ein Verein, in dem auch Basel selbst Mitglied ist, zum Trainieren vorbei, am Wochenende tragen sie ihre Ligaspiele im 70er aus. Nur aus reiner Leidenschaft für den Dartsport hat Basel jedoch nicht auf die drei zusätzlichen Tische verzichtet, wie er zugibt: Es gibt kaum dankbarere Gäste für einen Wirt als eine Gruppe durstiger Dartspieler.

Das 70er ist deutlich persönlicher gestaltet, als man es erwartet hätte. Den Umbau haben Basel und ein paar Freunde selbst erledigt. Die in einen Ast eingelassenen Lampen über dem Tresen etwa hat der Wirt selbst entworfen und gebaut. Das Paulaner kommt vom Fass und ist mit 3,30 Euro für Münchner Verhältnisse einigermaßen günstig.

Seinen Namen hat das 70er von seinem Vorgänger übernommen. Basel hatte nämlich vor dem jetzigen Lokal schon einmal eine Kneipe in Giesing, die er nach der dortigen Hausnummer benannt hatte. Nach dem Umzug in die Tegernseer Landstraße hat er trotz neuer Adresse am "70er" festgehalten. "Die Leute kennen mich unter diesem Namen", sagt Basel. Trotz Corona ist er mit den ersten drei Monaten zufrieden. Dass er die Gäste nach der ersten Halbzeit der Champions League vor die Tür setzen muss und nun mit der noch früheren Sperrstunde um 21 Uhr gar keine Spiele mehr zeigen kann, ist aber schon ein schwerer Dämpfer. Wie so viele andere Gastronomen hofft Basel, dass sich die Situation bald wieder bessert.

Adresse: Tegernseer Landstraße 34, 81541 München, Telefon: 0157/73805691, Öffnungszeiten: aktuell täglich 12 bis 21 Uhr, sonst 6 bis 5 Uhr

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SZ vom 27.10.2020
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