Politik in München:Zwei unter einem Dach

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Neubauten der Gewofag an der Carl-Wery-Straße in Neuperlach. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG werden zusammengelegt. Es soll ein Konzern mit 70 000 Wohnungen entstehen. Die Opposition spricht von einem "Hauruckverfahren".

Von Heiner Effern

Der Stadtrat hat das Konzept für die Fusion der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG mit den Stimmen der Koalition aus Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt verabschiedet. In einem Jahr sollen nun die Voraussetzungen geschaffen werden, damit die neue Gesellschaft "Münchner Wohnen" am 1. Januar 2024 den Betrieb aufnehmen kann.

Es soll ein Konzern mit 70 000 Wohnungen und einer Bilanzsumme von sechs Milliarden Euro entstehen. Grün-Rot sieht darin die Basis für eine schlagkräftige Wohnungspolitik in München gelegt, die Opposition warf der Stadtregierung grundsätzliche und handwerkliche Fehler vor und lehnte die Fusion ab.

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"Ich freue mich über den Beschluss. Wir haben die Leitplanken gesetzt, jetzt geht es erst richtig los", sagte Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer. "Die Projektstruktur ist gut und läuft." Es sei sehr geschickt, dass die Stadt München zehn Prozent der neuen Gesellschaft behalten werde. Damit werde sichergestellt, dass man nicht in eine Falle tappe. Wie Schreyer verspricht sich SPD-Fraktionschefin Anne Hübner einen deutlichen Schub beim Bau neuer Wohnungen. Diesen zu erreichen sei "die vordringlichste Aufgabe" der neuen Gesellschaft, sagte Hübner.

CSU und FDP schlossen eine Fusion nicht grundsätzlich aus, halten aber die Vorbereitungen für völlig ungenügend. Die Beschlussvorlage sei die "wahre erste Information", die vorliege, und die sei noch bedenklich dünn, sagte Stadtrat Andreas Babor von der CSU. Nun die Fusion "im Hauruckverfahren in einem Jahr beschließen zu wollen, halten wir für abenteuerlich". Insbesondere kritisierte er, dass die steuerliche Prüfung noch nicht vorliege. Wenn diese nicht wie erhofft positiv ausfalle, sei das Projekt tot. Bis dahin einfach voranzuschreiten, sei "eine sehr ungewisse Reise, das können wir so nicht mittragen".

Die Kritik: Der Zeitplan sei zu ambitioniert

Auch FDP-Fraktionschef Jörg Hoffmann kritisierte dieses Vorgehen. Man müsse den Prozess "vom Kopf auf die Beine stellen". Die Informationsbasis sei noch immer sehr dünn, die Berechnung der Vorteile "haben mich nicht vom Hocker gerissen". Ein finanzieller Synergie-Vorteil von zehn Millionen Euro pro Jahr stehe in Aussicht, dem seien aber offensichtlich die negativen Folgen einer Fusion nicht gegengerechnet worden. Es gebe dann zum Beispiel keinen Wettbewerb zwischen den Gesellschaften und auch keine unterschiedlichen Herangehensweisen mehr, von denen die Stadt auch profitieren könnte.

Der ÖDP-Fraktionsvorsitzende Tobias Ruff sieht ebenfalls vor allem die Risiken. Und er findet den Zeitplan zu ambitioniert. "Wir haben doch hier keine Sanierungsfälle, sondern zwei funktionierende Unternehmen", sagte er. Auch die Linke hält den Nutzen einer Fusion für zweifelhaft, der Flaschenhals beim Wohnungsbau liege nicht in den Gesellschaften, sondern zum Beispiel bei den fehlenden Flächen, sagt Stadträtin Brigitte Wolf.

Die verantwortliche Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) stellte sich deutlich hinter das Vorhaben. Die Beteiligung der Mitarbeiter sei "elementar", sagte sie. Man habe diese bereits eingebunden und wundere sich deshalb über die Kritik der Beschäftigten. Der Betriebsrat der Gewofag hatte die Fusion in einem offenen Brief in den vergangenen Tagen harsch kritisiert. "Wir sehen weiter keinen wirtschaftlichen oder wohnungspolitischen Sinn in der Zusammenlegung", erklärten die Vertreter der Beschäftigten. Den Stadträtinnen und Stadträten gaben sie einen unmissverständliche Forderung mit auf den Weg: "Stimmen Sie gegen eine Fusion!"

SPD-Fraktionschefin Hübner versuchte, die etwa 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gewofag und GWG zu beruhigen. "Niemand wird schlechter gestellt", versprach sie. Die Arbeitsplätze seien sicher, die Bezahlung werde nicht sinken. Grünen-Stadtrat Schreyer lud Opposition und Beschäftigte ein, "den Prozess konstruktiv zu begleiten und zu einem Erfolg zu führen".

Wer die neue Gesellschaft Münchner Wohnen leiten soll, steht noch nicht fest. Vorgesehen sind drei Geschäftsführer. Interesse hat bereits der bisherige Gewofag-Chef Klaus-Michael Dengler angemeldet. Und auch der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende und Planungsexperte Christian Müller will sich bewerben. Das führte zu einer Spitze vom ÖDP-Kollegen Ruff: "Es überrascht mich, dass nicht Christian Müller geredet hat", sagte er. Und dann direkt zum potenziellen Geschäftsführer: "Ist halt doch nicht so sein Thema."

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