Politik in München:Gewofag-Chef auf der Kippe

Politik in München: Bürgermeisterin Verena Dietl und Gewofag-Chef Klaus-Michael Dengler.

Bürgermeisterin Verena Dietl und Gewofag-Chef Klaus-Michael Dengler.

(Foto: Florian Peljak)

Der Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft vertagt die Entscheidung um die Personalie Klaus-Michael Dengler. Eine Jobgarantie gab es für den Gewofag-Geschäftsführer nicht - eine Abberufung könnte für die Stadt teuer werden.

Von Anna Hoben und Sebastian Krass

Der Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag hat den Beschluss über eine mögliche Abberufung von Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler aufgeschoben. Nach einer Aussprache habe das Gremium in seiner Sitzung am Dienstag "einstimmig beschlossen, die Tagesordnung in Gänze zu vertagen", teilte Bürgermeisterin und Gewofag-Aufsichtsratschefin Verena Dietl (SPD) in einem knappen schriftlichen Statement mit. "Etwaige Personalentscheidungen" seien nicht getroffen worden.

Etwa drei Stunden soll die Sitzung gedauert haben, die Stimmung soll angespannt gewesen sein. Wie die SZ aus Teilnehmerkreisen erfuhr, stellte der CSU-Stadtrat und Aufsichtsrat Andreas Babor einen Antrag zur Abberufung von Gewofag-Chef Dengler. Das Gremium entschied allerdings, den Bericht des Revisionsamts zu den in mehreren anonymen Schreiben erhobenen Vorwürfen gegen Dengler abzuwarten. Der Aufsichtsrat will dann noch vor Ostern zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen, in der die Mitglieder voraussichtlich über die Zukunft Denglers entscheiden werden.

In der Gewofag herrscht wegen der anonymen Briefe seit Monaten große Unruhe. In den Schreiben ging es um angebliches Mobbing und hohe Abfindungszahlungen für unliebsame Beschäftigte sowie um die angebliche Vermischung von Beruflichem und Privatem. Dengler weist alle Vorwürfe von sich, diese seien "falsch, ehrabschneidend und rufschädigend". Er hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Zudem gab er ein forensisch-linguistisches Gutachten in Auftrag, das zum Ergebnis kam, dass "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" der Gewofag-Betriebsratschef Harald Wulf die anonymen Briefe verfasst haben soll. Wulf hat mittlerweile erklärt, die Gewofag habe ihm fristlos gekündigt. Den Vorwurf, die Briefe stammten von ihm, weist er zurück.

Sprachgutachten führt in der Münchner Stadtpolitik zu großen Irritationen

Das Sprachgutachten wiederum führte in der Stadtpolitik zu heftigen Irritationen, weil darin auch zwei CSU-Stadträte untersucht worden waren, Manuel Pretzl und Heike Kainz, die zweite stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Gewofag ist. CSU-Fraktionschef Pretzl hatte am Sonntag gefordert, dass Dengler "unverzüglich von seinen Aufgaben entbunden" werde. Damit kam die größte Oppositionsfraktion zumindest noch nicht durch.

Ein Treuebekenntnis für Dengler gab es in der Aufsichtsratssitzung aber offenbar nicht, im Gegenteil, eine Ablösung Denglers erscheint durchaus möglich. Durch das Gutachten, das im Stadtrat über mehrere Fraktionen hinweg als Vertrauensbruch Denglers gewertet wird, habe die ohnehin schon schwelende Führungskrise bei der Gewofag "eine neue Schwere" bekommen, sagte ein Mitglied des Kontrollgremiums.

Man müsse dabei aber, so war in dieser Woche aus der grün-roten Rathauskoalition zu hören, auch bedenken, dass Denglers Vertrag noch bis Ende Mai 2026 läuft. Sollte es keinen Grund für eine Kündigung geben, hat er über die restliche Laufzeit seines Vertrags Ansprüche auf Gehaltszahlungen im hohen sechsstelligen Bereich.

Die Lage ist für den Aufsichtsrat verzwickt: Eine Ablösung des Gewofag-Chefs wäre ein schwerer Rückschlag für den Fusionsprozess von Gewofag und GWG zur "Münchner Wohnen", deren Chef Dengler zumindest bisher werden sollte. Im vergangenen Jahr hat die Stadt bereits die zweiköpfige Geschäftsführung der GWG abberufen, dieser Konzern wird seitdem interimistisch geführt.

Ohne Dengler bliebe bei der Gewofag immerhin eine Geschäftsführerin übrig: Doris Zoller, die bisherige Nummer zwei, die Architektin ist vor allem zuständig für den Bereich Bauen.

Zoller allerdings hat sich in dieser Woche bereits deutlich auf die Seite Denglers geschlagen. Im Intranet der Gewofag hatte sie gemeinsam mit drei weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung einen Beitrag veröffentlicht, in dem es hieß, die Gewofag habe "naturgemäß großes Interesse, den Urheber der anonymen Schreiben zu ermitteln, um diesem das Handwerk zu legen und den Betriebsfrieden wieder herzustellen". Die Geschäftsleitung sei nun "guten Mutes, dass dieses schmutzige und für uns alle schädliche Kapitel der Gewofag alsbald beendet sein wird".

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