Prozess in München:Templer wehren sich gegen Rauswurf

In einem schlossähnlichen Anwesen am Auer Mühlbach in Untergiesing residiert der Templerorden in München.

In einem schlossähnlichen Anwesen am Auer Mühlbach in Untergiesing residiert der Templerorden in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Templer in München? Tatsächlich residiert die Klostergemeinschaft hinter dem Grünwalder Stadion am Isarhang. Doch nun gibt es Streit.

Von Susi Wimmer

Man könnte bei Indiana Jones anfangen, dem Heiligen Gral oder bei dem roten Tatzenkreuz, das die Tempelritter vor mehr als 900 Jahren auf ihren weißen Mänteln trugen. Die heiligen Ritter allerdings zogen damals nicht lange in die Schlacht. Ihr Orden wurde vor 700 Jahre aufgelöst, und diejenige Klostergemeinschaft, die sich heute in München den Namen der Templer gegeben hat, hatte jüngst vor weltlichen Gerichten etwas auszufechten. Drei Mitglieder der geistlich-religiösen Ordensniederlassung in Untergiesing hatten gegen ihren Ausschluss geklagt, den der "Patriarch-Großmeister" gegen sie verhängt hatte. Zu Unrecht, wie eine Zivilkammer am Landgericht München I nun entschied.

Die Templer in München? Tatsächlich residieren die Ordensmönche und -nonnen, die sich "Trinitarion des orientalisch-orthodox-katholischen und kreuzritterlichen Chor- und Hospitaliter-Ordens der Templer e.V." nennen, hinter dem Stadion der Sechziger am Isarhang. Residieren deshalb, weil die 1936 gegründete Glaubensgemeinschaft in der ehemaligen Villa des Hofgoldschmieds Karl Winterhalter lebt. Jetzt im Herbst, wenn fallenden Blätter den Blick freigeben, können Spaziergänger den charakteristischen Zwiebelturm des fast schlossähnlichen Ensembles erkennen.

Die Templer bieten hier einen Mittagstisch an, geben Lebensmittel an Bedürftige ab. Die 13 Männer und Frauen haben sich zu einem Leben in Armut, Weltentsagung und Gehorsam verpflichtet. "Das soziale Miteinander der Gesellschaft zu stärken ist eine der großen Herausforderungen unserer heutigen Zeit", schreiben die Templer im Netz. Gerade beim sozialen Miteinander muss es aber innerhalb der Klostermauern sauber gekracht haben.

Neben den Templern, die bei Eintritt in die Gemeinschaft ihr Vermögen dem Orden überlassen müssen, gibt es auch so genannte Oblaten. Sie leben außerhalb der Ordensmauern und verpflichten sich, ein Zehntel ihres Einkommens der Gemeinschaft abzutreten. Festgeschriebene Ordensregeln gibt es nicht. Vielmehr werden sie vom Chef der Templer, dem "Patriarch-Großmeister", mündlich an seinen Nachfolger weitergegeben. Ende 2014 wurde ein neuer Großmeister ins Amt berufen. Und der führte Neuerungen im Klosteralltag ein, die gleich drei Mitglieder erzürnten. Mit der himmlischen Ruhe war es fortan vorbei, es folgten jahrelange Differenzen.

Einer der Mönche, der 25 Jahre in der Ordensgemeinschaft gelebt hatte, verließ 2017 das Kloster nach einem Disput mit dem Großmeister wegen eines Urlaubs. Auch zwei Frauen zogen nach dem Willen des Großmeisters aus. Eine soll schlecht über den Obersten gesprochen und andere Mitglieder gegen ihn aufgebracht haben. Die Drei sahen sich aber noch als Mitglieder an, kombinierten ihre Klosternamen mit weltlichen und verwendeten auf Briefbögen das abgewandelte Templerkreuz.

Im September 2019 rief der Großmeister eine Mitgliederversammlung ein, allerdings nicht mit allen Mitgliedern. Die Versammlung fasste den Beschluss, dass das Trio aus dem Templerorden ausgeschlossen sei und nicht mehr unter dessen Namen auftreten dürfe. Hiergegen klagten die Drei. Der Orden beantragte Klageabweisung und im Rahmen einer Widerklage sollte verfügt werden, dass die Kläger unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 Euro oder sogar Ordnungshaft nicht mehr als Teil des Ordens auftreten dürften, in welcher Form auch immer. Die 27. Zivilkammer allerdings wies die Widerklage ab, und gab den drei Klägern in großen Teilen Recht. Das Gericht betonte unter anderem, dass die auf der Mitgliederversammlung ergangenen Beschlüsse nichtig seien. Auch in den Gesprächen zuvor sei keine eindeutiger Austrittswunsch geäußert worden. Das heißt, die drei Kläger gehören nach wie vor dem Orden an. Ob das Urteil dem klösterlichen Frieden dienlich ist, müssen andere Mächte entscheiden.

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