Geflügelpest:Angst vor Kannibalismus

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Sebastian Kriesel hält in Aubing Hühner - und seine Tiere jetzt konsequent in ihren Ställen. (Foto: Florian Peljak)

Auch in München müssen Hühnerhalter die Vorschriften beachten - darunter strenges Kontaktverbot

Von Sebastian Theuner

Wildes Gackern ist im Hintergrund zu hören, als Alexander Grünwald ans Telefon geht. Er steht im Hühnerstall, denn der muss vorbereitet werden: Zunächst mit neuer Einstreu, Picksteine und Futterrüben werden den Stallkomfort wohl bald noch vergrößern. Denn demnächst könnte es hier eng werden für Grünwalds 1500 Hühner.

Seit Mittwoch gilt eine bayernweite Allgemeinverfügung zur Eindämmung der Geflügelpest. Alle Geflügelställe müssen unabhängig von ihrer Größe gesichert werden, Fremde dürfen diese nicht betreten. Geflügelhalter dürfen nur noch mit Schutzkleidung in die Ställe, zudem gelten strenge Hygienevorschriften. So müssen laut der Verordnung beispielsweise "nach jeder Einstallung oder Ausstallung von Geflügel die dazu eingesetzten Gerätschaften und der Verladeplatz gereinigt und desinfiziert werden". Eine bayernweite Stallpflicht gibt es bislang noch nicht. Betroffen sind davon nur jene Landkreise, in denen die Geflügelpest aufgetreten ist. Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Institutes war dies bislang in Bayreuth, Haßberge, Landsberg am Lech, Passau und Starnberg der Fall.

Alexander Grünwald vermutet, dass auch seine Hühner schon bald auf den freien Auslauf verzichten müssen. Der Inhaber des Hofes "Schwarzhuber's Chickeria" im Münchner Norden vertraut den behördlichen Vorgaben, hält sie für sinnvoll, "wenn sie die Ausbreitung verhindern". Glücklich darüber ist er natürlich nicht. "Die Hühner sind es gewohnt, dass sie draußen viel Platz haben. Drinnen werden sie schnell aggressiv, sie fangen an, sich gegenseitig zu picken". Das habe dann etwas von "Kannibalismus". Deshalb stellt Grünwald schon jetzt sicher, dass seinen Tieren auch im Stall erst mal genug Beschäftigung bleiben wird. "Ewig geht das aber nicht gut", sagt er.

Von unzufriedenen Hühnern weiß auch Sebastian Kriesel zu berichten. Sieben Exemplare des Federviehs hält er in seinem Garten in Aubing. Er ist froh, auch einen überdachten Auslauf zu haben, "da kommt kein Wildvogel rein". Der Kontakt zu anderem Geflügel soll unbedingt vermieden werden. Für private Halter sei es teils schwierig, die Vorgaben rasch umzusetzen, sagt er. Den größten Aufwand sieht er in den Hygieneanforderungen. Um den Stall zu betreten, ist von sofort an spezifische Kleidung und Schuhwerk notwendig, das außerhalb des Stalles nicht getragen werden darf. Zudem habe Kriesel eigens ein Vorhängeschloss angebracht. "Es war klar, dass da was kommen könnte", sagt er mit Blick auf die Maßnahmen.

Mehr Vorlauf hätte er sich dennoch gewünscht. Vom Inkrafttreten der Vorgaben habe der Chef des Aubinger Bezirksausschusses aus der Rathaus-Umschau erfahren. Eine persönliche Information beispielsweise durch das Veterinäramt habe er nicht erhalten.

"Aufgrund der hohen Anzahl von Hobbygeflügelhaltern in München ist es dem Veterinäramt nicht möglich, alle Geflügelhalter einzeln zu informieren", sagt Johannes Meyer, Sprecher des Kreisverwaltungsreferates (KVR). Daher sei die Information über eine behördliche Pressemitteilung erfolgt. Gewerbliche Geflügelhalter seien direkt unterrichtet worden.

Martin Fischbacher, der in seinem Garten neben sechs Hühnern jeweils zwei Gänse und Laufenten hält, hat von Sebastian Kriesel von den Maßnahmen erfahren. "Schon blöd", sagt er zu den neuen Regeln. Er stellt in Frage, ob Schutzbekleidung wirklich vollumfänglich helfe. Schlachten will er seine Tiere jedoch nicht. Wenn sie aber tatsächlich für längere Zeit in den Stall müssten, bliebe ihm allerdings nichts anderes übrig.

© SZ vom 08.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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