München:Geduldsprobe

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Ab zurück zum Bahnhof

Was hat man als S-Bahn-Pendler nicht alles mitgemacht in den vergangenen Jahren. Gleisbelegung, Weichenstörung, Stellwerkstörung sind ja ohnehin tägliches Brot. Die Fünf- bis Zehn-Minuten-Verspätungen zählt man gar nicht mehr. Ab und an fallen gerade in den Abendstunden reguläre Bahnen des Zwanzig-Minuten-Taktes aus, nach einem nicht durchschaubaren System - aber was soll man machen? Kühe, die den Weidezaun überwunden hatten und frei neben dem Gleiskörper grasten, waren einmal der Grund für eine nächtliche Schleichfahrt ab Pasing Richtung Westen, man erinnert sich. Aber sind Sie schon einmal statt in den Bahnhof ein- wieder in den gerade passierten zurückgefahren?

Am Montagabend ist dies Fahrgästen der S-Bahn-Linie 4 passiert. Dabei war die Ausgangslage eigentlich äußerst komfortabel. 45 Minuten Zeitpuffer vor dem wichtigen Handballspiel gegen Kroatien, das sollte selbst im übelsten Fall genügen. Vom Startbahnhof im Münchner Osten bis Pasing kein Problem, alles im Rahmen. Die Durchsage dort allerdings verheißt nichts Gutes. Von einer liegen gebliebenen Regionalbahn auf dem nächsten Streckenabschnitt ist die Rede. Erst nach zehn Minuten geht es los, bis Aubing noch normal. Ab da dann im Schritttempo - und warum, erklärt schließlich der Lokführer mit genervter Stimme. Die Regionalbahn versuche nun, "mit letzter Kraft" den Bahnhof Puchheim zu erreichen, wo man dann auf dem Nebengleis an ihr vorbeifahren wolle.

Ein Viertelstündchen später - die nachfolgende S 4 fährt gerade auf dem Nachbargleis vorbei - tritt ein, was der Lokführer zunächst nur als allerletzte Notfall-Lösung ins Gespräch gebracht hatte: Es geht zurück zum Bahnhof Aubing. Immerhin muss man nicht in der Kälte bibbern, bis die acht Minuten später erwartete, tatsächlich nach zwölf Minuten einfahrende neuerliche S-Bahn die entnervten Pendler aufnimmt: Der Zug bleibt als Wärmestube stehen und macht erst die Lichter aus, als alle eingestiegen sind. "Tschüss, Jungs", sagt eine Frau. "Ich hätte euch gern Handball spielen sehen." Sie muss offenkundig noch weiter.

© SZ vom 23.01.2019 / tek - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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