Freitag war so ein unwirtlicher Tag. Es regnete, sieben Grad, sehr ungemütlich. Wer auf die Straße hinaus trat, tat dies meist nur, um schnell wieder reinzugehen. Ins Warme. Vor den Lokalen und Kneipen, wo tags zuvor noch Menschen tranken und lachten, hatte man früh die Stühle zusammengeklappt, Decken und Teelichter eingesammelt. Auf den Tischen bildeten sich kleine Seen.
Es ist jetzt Herbst in München. Für die Wirte beginnt damit eine herausfordernde Zeit in diesem an Herausforderungen nicht armen Jahr. Die Aufgabe lautet: Menschen davon überzeugen, sich in den kommenden Monaten ins Freie zu setzen. Die Wirte brauchen solche Gäste, denn in den Innenräumen sind wegen der Corona-Regeln viele Plätze weggefallen. Aber wer setzt sich schon freiwillig raus, wenn es kalt und nass ist? Die Wirte müssen also wetterfest werden, und der Stadtrat könnte ihnen dabei helfen.

Freischankflächen:Oh, wie schön ist München
Freischankflächen erobern die Straßen - aber warum nennt man sie "Schanigarten"?
Am kommenden Dienstag beschäftigt sich der Kreisverwaltungsausschuss mit der Frage, wie sich die Gastronomie über den Winter retten kann. Die Beschlussvorlage sieht drei Maßnahmen vor. Erstens: Die Stadt erlaubt den Wirten, bis Ende März 2021 freie Flächen wie Parkplätze zu bewirtschaften. Sie verlängert damit die aktuelle Regelung, die zu den vielen Schanigärten am Straßenrand geführt hat.
Zweite Maßnahme: Die Wirte können beantragen, die Plätze im Freien zu überdachen, ein möglicher Schutz gegen Regen. Außerdem dürfen sie - und das ist die dritte Maßnahme - elektrische Heizstrahler aufstellen. Vermutlich werden diese Vorschläge im Ausschuss eine breite Mehrheit finden. Das Regierungsbündnis aus den Grünen und SPD/Volt ist dafür, auch die CSU hatte zuletzt Zustimmung signalisiert.
"Die Schanigärten sind eine Erfolgsstory, die fortgesetzt gehört"
Mehr als 860 sogenannte Freischankflächen hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) bisher genehmigt, dadurch entstanden rund 8700 neue Plätze für Gäste. Obwohl im Zuge der Erweiterungen mehr als 1000 Parkplätze wegfielen, gingen beim KVR lediglich 179 Beschwerden deswegen ein.
"Die Schanigärten sind eine Erfolgsstory, die fortgesetzt gehört", findet Christian Vorländer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von SPD/Volt. Davon profitieren aus seiner Sicht nicht nur die Wirte, sondern auch die Stadt, die mehr "südliches Flair" abbekomme. Und auch die Menschen hätten "das Bedürfnis, sich an der frischen Luft zu treffen".
Nur dass "frisch" im Winter eben oft auch kalt bedeutet. Deshalb werden wohl die Heizstrahler erlaubt, die Wirten bislang im Herbst und Winter verboten waren. Die Geräte gelten als klimaschädliche Energieverschwender. Allein die Idee, Luft im Freien zu beheizen, hält das Umweltbundesamt für "widersinnig". Im Sinne des Infektionsschutzes hingegen könnten die Heizstrahler recht nützlich sein, wenn ihr Einsatz dazu führt, dass sich Menschen seltener in geschlossenen Räumen aufhalten. "Eine Abwägungsfrage", sagt Vorländer.
Das spiegelt sich auch in der Beschlussvorlage des Stadtrat-Ausschusses wider. Der klassische Gas-Heizpilz bleibt tabu. Wirte dürfen nur elektrische Strahler aufstellen, die mit Ökostrom betrieben werden. Und die Gastronomen müssen das bei Kontrollen nachweisen können. Gudrun Lux, die für die Grünen im Kreisverwaltungsausschuss sitzt, findet zwar solche Ökostrom-Strahler "auch noch uncool, da brauchen wir uns nichts vormachen". Aber immerhin gebe es "das Gas-Problem" nicht. Deshalb will sie dem Vorschlag zustimmen, wie auch ihre Parteikollegen.
Allerdings hofft Lux, dass viele Wirte auf die Strahler verzichten, schlicht weil deren Einsatz zu teuer sei. "Wir fänden es besser, wenn es andere Lösungen gibt", sagt Lux. In Köln gebe es zum Beispiel beheizte Sitzpolster. Das halte sie für "ziemlich smart: Da landet die Wärme direkt am Po und nicht in der Luft".
Fragt man jedoch den Wirt Christian Schottenhamel, dürfte es wahrscheinlicher sein, dass der Heizstrahler in diesem Winter zum neuen Standard wird. "Die Wirte werden das machen", vermutet der Münchner Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Er hält das Maßnahmen-Paket, sofern es denn beschlossen wird, für existenziell. "Wir wollen den Sommer verlängern", sagt er. Oder es zumindest versuchen. Er macht sich da nichts vor: Bei minus fünf Grad und Schnee werde sich keiner ins Freie setzen. Aber es gibt ja auch die anderen Tage, die kalt sind, aber nicht eisig, feucht, aber nicht nass. Tage also, aus denen sich etwas machen lässt.