Münchner Norden:Warum der Bau des ersten Radl-Highways schwierig ist

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  • Die neuen Schnellwege sollen das Radfahren nicht nur sicherer machen, sondern auch komfortabler.
  • Für die Strecke nach Garching liegt seit November 2017 eine konkrete Trassenführung vor.
  • Umgesetzt worden ist bislang weder der Schnell weg im Norden noch ein anderer - obwohl der politische Wille da ist.

Von Martin Mühlfenzl, Garching

Gerade einmal eine halbe Stunde soll der Radler für die etwa zehn Kilometer brauchen, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometer. Vor allem aber soll die Fahrt entspannt ablaufen, ohne ständig Autos oder Lastwagen in die Quere zu kommen. Die Planungen für den ersten Radschnellweg im Freistaat, der von Neuherberg bis zum Forschungszentrum Garching und mit einer Abzweigung auch nach Unterschleißheim führen soll, sind - zumindest im Landkreis München - relativ weit gediehen. Seit November 2017 liegt eine konkrete Trassenführung für das etwa 34 Millionen Euro teure Projekt auf dem Tisch - doch noch ist nicht absehbar, wann mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.

Nicht nur die Stadt, sondern auch die Region und vor allem der eng mit der Landeshauptstadt verwobene Landkreis München erleben tagtäglich den Verkehrsinfarkt. "Wir ersaufen im Verkehr", sagt etwa Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Als Kreisrat erlebe er seit Jahren mit, dass der Landkreis verstärkt auf innovative Lösungen setzen wolle, um der Verkehrsproblematik zumindest im Ansatz Herr zu werden. Diskutiert werden neue Straßenbahnen im Umland etwa von Garching nach Unter- und Oberschleißheim. Seilbahnen sollen Pendler unkompliziert durchs Hachinger Tal, in die Mediengemeinde Unterföhring oder über die Isar bei Grünwald befördern. Bisher sind das nur Visionen.

Andere Orte sind schon weiter beim Bau ihrer Fahrrad-Highways. (Foto: picture alliance / dpa)

Weitaus konkreter sind die Planungen für Radschnellwege - vor allem für einen. Im Jahr 2015 hat der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum in einer Potenzanalyse 14 Korridore erarbeitet, die sich an den bestehenden S-Bahntrassen orientieren und radial auf die Stadt München zulaufen. Ausgehend von dieser Analyse wurde eine Machbarkeitsstudie für den ersten Radl-Highway im Münchner Norden nach Garching entwickelt. Und zwar bewusst: Etwa 16 000 Studierende pendeln tagtäglich zu den Standorten der Technischen Universität im Forschungszentrum Garching; die Stadt Unterschleißheim ist eines der großen Wirtschaftszentren im Landkreis München. Auf der Trasse nach Garching, die nördlich der Fröttmaninger Heide verlaufen und somit auch Gewerbegebiete der Stadt erschließen soll, rechnen die Planer mit bis zu 8000 Pendlern am Tag.

Doch noch ist all das Zukunftsmusik, es existiert noch kein einziger Meter des Radschnellwegs. Das hat auch mit innerörtlichen Gegebenheiten zu tun; in den urbanen Kommunen ist der Platz für zusätzlichen Verkehr knapp bemessen - und die Vorgaben für einen Radschnellweg sind anspruchsvoll. Um problemloses Überholen und Geschwindigkeiten von bis zu 30 Stundenkilometer zu ermöglichen, müssen die Trassen bei zwei Spuren mindestens vier Meter breit sein. Zeitverluste sollen an Ampeln oder Kreuzungen durch Über- oder Unterführungen sowie Vorfahrtsrechte für die Radler ermöglicht werden. In Garching ist all dies etwa an der B 471 aufgrund der Zufahrten zu den Gewerbebetrieben nur schwer zu realisieren. Der Platz sei schlicht zu knapp bemessen, klagen Kommunalpolitiker. Einige haben einen sogenannten geänderten Radweg ins Spiel gebracht - also eine Hochtrasse auf Stelzen.

Auf einer solchen Trasse sind die Radfahrer bereits auf dem ersten Abschnitt des Radschnellwegs "RS 1" zwischen Mühlheim an der Ruhr und Essen in Nordrhein-Westfalen, der teilweise auf stillgelegten Bahngleisen errichtet worden ist. Auf 101 Kilometer soll der RS 1 einmal quer durchs Ruhrgebiet von Duisburg über Essen und Dortmund bis Hamm verlaufen; vielen Experten gilt er als Prototyp, der die Verkehrswende tatsächlich vorantreiben könnte.

Bis es im Landkreis München und der Stadt so weit ist, dürfte es dauern. Denn auch die Frage der Finanzierung ist noch nicht geklärt. Zwar hat der Freistaat zugesichert, sich am Bau des ersten Radl-Highways zu beteiligen, aber nicht in welcher Höhe. Geht es nach der Kreispolitik, sollten Radschnellwege in den Rang einer Bundes- oder Staatsstraße erhoben werden. Dann müssten auch der Bund oder Freistaat die Finanzierung und den Unterhalt übernehmen.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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