Den langweiligen Brotjob hinzuwerfen, einen Kredit aufzunehmen und ein erfolgreiches Videospiel zu entwickeln. Davon haben sicher schon einige geträumt. Nur: Wenn es dann schiefläuft, muss man damit leben. Und auch vorher schon kann es passieren, dass einem Bugs oder andere Probleme die Arbeit vermiesen. Deshalb kann ein Testlauf vorher nicht schaden. Machen kann man den mithilfe von „The Games You Make“. Das heißt dann, wenn das gleichnamige Spiel bei Steam herauskommt. Denn das ist der Clou dabei: Man kann hier per Videospiel Videospiele entwickeln. Hinter „The Games You Make“ steckt das Münchner Studio Jumpy Bit, das seinen Sitz seit dem 1. Juli in der „Gamerei“ hat. Was das ist? Das konnte man nun bei der offiziellen Eröffnung erfahren und zudem einen Blick hineinwerfen.
„Die Gamerei – The Bavarian Home of Game Changers“, so der recht unbescheidene Titel, soll das „neue Zentrum für Bayerns Spieleentwickler“ werden. Ein „neues Zuhause“ für die Games-Szene. Oder wie es der bayerische Digitalminister Fabian Mehring nennt: ein „innovatives Kraftzentrum der digitalen Transformation“. Von Mehring wurde die „Gamerei“ nun auch offiziell eröffnet. Vor ihm sprach die Medien-Bayern-Geschäftsführerin Lina Timm zu den etwa 50 aus der Games-Community eingeladenen Gästen. Die Medien.Bayern GmbH ist die Trägerin des Gebäudes. Und betreut wird es von deren Initiative Games/Bavaria, die unter anderem auch die Videospielmesse „GG Bavaria“ in München veranstaltet.
Zu finden ist der zweistöckige Rundbau mit mehreren Büros sowie Arbeits- und Community-Flächen für Meet-ups und Events auf über 1000 Quadratmetern in der Hohenlindener Straße 4 in Berg am Laim, umgeben von weiteren Firmen- und Industriegebäuden. Von den vorhandenen Vierer-, Achter- und Zwölfer-Büros sind bereits drei an die Studios Jumpy Bit, Leyline Creations und ThreeDee vergeben. In zwei weiteren Räumen ist das Videospielarchiv des Vereins Videospielkultur untergebracht. 300 Euro kostet aktuell im Haus ein Arbeitsplatz. Ein, wie man von Lina Timm erfährt, marktüblicher, aber insofern günstiger Preis, weil die „ganze Infrastruktur, Peripherie und so weiter, also Toiletten, Meetingräume, Aufenthaltsräume“ mit dazukommen. Die müsste man sonst „noch mit dazu mieten“.
Finanziert ist das Ganze aktuell für zwei Jahre. Dank einer Förderung des Digitalministeriums in Höhe von 560000 Euro. Das deckt die Miete für das Haus. Dann gibt es „noch eine halbe Personalstelle, die quasi das Community-Management und die Betreuung des Gebäudes“ übernimmt, so Timm. Und „ein kleines Veranstaltungsbudget“ sei ebenfalls noch drin. Und danach? Da hofft Lina Timm, dass sich die Förderung und damit der Mietvertrag verlängern lässt. Denn: „Wir können es ohne Fördergelder nicht finanzieren.“ Für die beteiligten Studios wäre das natürlich eine gute und beruhigende Sache. Denn Videospiele zu entwickeln, kostet Zeit. Und Geld. Aber wie man etwa von Robin Kocaurek von Jumpy Bit erfährt: Zwei Jahre, das seien in der unsicheren Games-Branche schon eine lange Zeit.
Von alldem könnten Mimimi Games ein Liedchen singen. Aber die mehrfach preisgekrönten Mimimi, die lange Zeit eine Art Vorzeige-Studio in Bayern waren, gibt es seit vergangenem Jahr nicht mehr. Das finanzielle Risiko eines neuen Spiels wollten sie nicht mehr eingehen. Ihr ehemaliges Studio? Das sind die jetzigen Räume der „Gamerei“. Diese zu finden, war also quasi eine glücklich-unglückliche Fügung. Und Johannes Roth, ehemaliger Geschäftsführer von Mimimi, hat das Projekt auch wesentlich unterstützt. Auch sonst kam die Grundidee, mit der „Gamerei“ eine neue zentrale Anlaufstelle für die Games-Branche zu schaffen, in erster Linie direkt aus der Community. So etwas gab es früher mal am Ostbahnhof mit dem Werk1, das aber inzwischen fast nur noch Start-ups unterstützt.
Tatsächlich hätten sie auch andere Objekte angeschaut, erzählt Lina Timm. Aber das sei eben ein Gebäude, „das wirklich super ausgestattet ist für Gamestudios“. Wie Jumpy Bit, die es als achtköpfiges Studio seit 2022 gibt. Deren Gründer Marcel-André Casasola Merkle gilt in der Spieleentwicklung als erfahren. Der gebürtige Nürnberger hat seit den Neunzigerjahren mehr als 20 Brett-, Karten- und Handyspiele gemacht. Leyline Creations sind dagegen wirkliche Neulinge, wie man von Geschäftsführer Jonathan Hager erfährt. ThreeDee gibt es seit 2014, und als „Agentur für 3-D-Echtzeitanwendungen“ haben sie bisher vor allem Trainings- und Industrie-Software gemacht. Ihr für dieses Jahr auf Steam angekündigtes Spiel „Charged!“ ist eine Mischung aus Renn-und Kampf-Arena-Spiel und Shooter.
Warum sie sich alle für die „Gamerei“ beworben haben? Nun, da lauten die Antworten recht ähnlich. Wegen der „lichtdurchfluteten Büros“, aber auch, um „Inspiration, Wissen und Kreativität zu teilen“, wie Jonathan Hager verrät. Vom „Synergien nutzen“, spricht auch Philip Balonier von ThreeDee. Und auch Robin Kocaurek erzählt davon, wie ungeheuer hilfreich es sei, sich mit anderen Entwicklern über Programmierung oder Marketing auszutauschen.
Scheint also so zu sein, als wäre auch in der digitalen Games-Kultur der analoge Austausch weiterhin sehr wichtig. Umgekehrt haben aber auch die ebenfalls bei der Eröffnung bekannt gegebenen, neuen Games-Förderungen des FFF Bayern gezeigt, dass etwa auch im Allgäu interessante Games entstehen. Das heißt: Die Branche hat in München ein neues Zentrum, aber auch in der Peripherie zieht die Spielwelt ihre Kreise.