Auflagen für Public Viewing:Warum die Fußball-EM am Nockherberg schon wieder vorbei ist

Paulaner am Nockherberg in München, 2016

Im Biergarten am Nockherberg (das Bild stammt aus der Zeit vor der Pandemie) gibt es etwa 1350 Plätze - also müsste beim Public Viewing auf Corona getestet und kontrolliert werden, selbst wenn viel weniger Gäste kommen. Der Aufwand? Enorm.

(Foto: Stephan Rumpf)

Kurz vorm EM-Start hat die Stadt strenge Auflagen fürs Public Viewing erlassen. Für den Biergarten-Betreiber Christian Schottenhamel macht das die Sache unrentabel. Er hat jetzt beschlossen: Die teure Leinwand bleibt schwarz.

Von David Wünschel

Im Paulaner-Biergarten am Nockherberg war alles für die EM vorbereitet: das Hygiene-Konzept ausgearbeitet, die Tische auseinandergestellt, die Leinwand aufgebaut. Um die Spiele zeigen zu können, habe er fast 35 000 Euro investiert, sagt Wirt Christian Schottenhamel. Und dann, einen Tag vor dem Eröffnungsspiel, hieß es aus dem Rathaus: Wenn es bei einer Fußballübertragung mehr als 1000 Plätze gibt, müssen alle Gäste entweder vollständig geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Beim Eröffnungsspiel am Freitagabend zwischen Italien und der Türkei hätten die Leute sich am Eingang wahnsinnig geärgert, sagt Schottenhamel. Viele hätten sich umgedreht und seien wieder gegangen. Deshalb hat Schottenhamel jetzt beschlossen: Die teure Leinwand bleibt während der EM schwarz.

Die Testpflicht ist für Wirte wie Schottenhamel nichts Neues. Sie galt bereits vor einigen Wochen, als die Biergärten nach langer Pause wieder öffnen durften. Doch während die Gäste sich normalerweise über den Tag verteilen, kann es bei EM-Spielen vorkommen, dass innerhalb kurzer Zeit hunderte Menschen an die Tische wollen. Nach der kurzfristigen Entscheidung der Stadt hatte Schottenhamel sogar zwei Teststationen aufgebaut. Dennoch sei der große Andrang beim Eröffnungsspiel nicht zu bewältigen gewesen. Im Biergarten saßen dann deutlich weniger Besucher als geplant. "Da ist es für uns wirtschaftlich sinnvoller, keinen Fußball zu zeigen", sagt Schottenhamel.

Denn die von der Stadt verordnete Testpflicht orientiert sich nicht etwa an der Anzahl der Gäste, sondern an der Anzahl der Plätze. Weil diese im Nockherberg bei rund 1350 liegt, gilt die Testpflicht selbst dann, wenn deutlich weniger Besucher kommen. Im Augustiner Schützengarten führt diese Regel nun zu der merkwürdigen Situation, dass die Spiele zwar übertragen werden, statt der geplanten 3000 Gäste aber maximal 999 eingelassen werden. Allein der Hirschgarten will ab Dienstag alle EM-Spiele vor mehr als 1000 Besuchern zeigen - die aber natürlich alle geimpft, genesen oder getestet sein müssen.

Das Kreisverwaltungsreferat begründet die deutschlandweit einzigartige Regelung in einer Pressemitteilung unter anderem damit, dass Siege der Deutschen Nationalmannschaft "regelmäßig auch mit Alkoholkonsum begleitet" würden und deshalb mit einer "Nichteinhaltung der gebotenen Mindestabstände" zu rechnen sei. Grundlage für den Grenzwert von 1000 Plätzen sei die Bewertung des Gesundheitsreferats. Und dass die Entscheidung so kurzfristig getroffen worden sei, liege daran, dass die bayernweiten Corona-Regeln viele Detailfragen offen gelassen hätten.

Nockherberg-Wirt Schottenhamel kann die Entscheidung jedenfalls nicht nachvollziehen. Anders als auf der Leopoldstraße, die nach Spielen oft zur Feiermeile wird, gebe es bei ihm ein Hygienekonzept. Er wünscht sich deshalb, dass EM-Fans auch weiterhin in seinen Biergarten kommen. Die Spiele könne man ja zur Not auch auf einem Tablet schauen.

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