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Freizeit in München:Auf welchen Straßen kann man im Sommer picknicken?

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Auch in diesem Jahr will die Stadt wieder temporäre "Sommerstraßen" einrichten. Die Bezirksausschüsse sind eingeladen, Standorte vorzuschlagen - und diskutieren fleißig.

Von E. Draxel, L. Kramer, B. Lotze, A. Naujokat, S. Niesmann, J. Raff, C. Seipel, P. Stäbler

Gerade lugen die ersten Krokusse und Narzissen aus den Wiesen, die Frühlingsgefühle sind noch schwach, die Nächte frostig und der Sommer fern. Und dennoch richten sich die Gedanken in vielen Münchner Bezirksausschüssen (BA) dieser Tage schon auf den Juli und August. Denn dann will das Rathaus nach der Premiere im Vorjahr erneut temporäre Fußgängerzonen im Stadtgebiet ausweisen - als sogenannte Sommerstraßen. Die Vorschläge hierfür sollen die Bezirksausschüsse bis Mitte März liefern; laut dem städtischen Mobilitätsreferat sind "circa zehn Sommerstraßen" geplant. Sie können wahlweise in einen verkehrsberuhigten Bereich oder in eine echte Spielstraße ganz ohne Fahrzeuge umgewandelt werden.

Bei der Auswahl der Sommerstraßen sollen heuer vier Stadtbezirke bevorzugt werden, die 2020 leer ausgegangen sind. Neben der Maxvorstadt, Milbertshofen-Am Hart und Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln ist dies auch Au-Haidhausen. Der Vorsitzende des dortigen BA, Jörg Spengler (Grüne), hatte zuletzt betont, dass es dieses Jahr "mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit" eine Sommerstraße in dem Stadtbezirk geben werde. Geht es nach ihm und seinen Kollegen, dann wird dies die Kuglerstraße sein, die am Haidhauser Friedhof von der Einsteinstraße abzweigt. Hier habe man "einen ruhigen Bereich, dem es guttun würde, wenn da mal was los ist, und die Menschen darauf aufmerksam werden", sagte Martin Wiesbeck (Grüne).

Auch Barbara Schaumberger (CSU) warb für die Kuglerstraße als Sommerstraße - in der Hoffnung, dass dort "Räume ohne Konsumzwang" entstünden, "wo man sich seinen Kaffee mitbringt oder Picknick macht". Eine 14:8-Mehrheit im BA sprach sich letztlich für die Kuglerstraße gegenüber der Drächslstraße aus, die am Maria-Theresia-Gymnasium vorbeiführt. Sie soll dem Mobilitätsreferat als Zweitvorschlag unterbreitet werden, falls die Kuglerstraße nicht zum Zug kommt.

Mit dem 300 Meter langen Abschnitt der Südlichen Auffahrtsallee zwischen Gerner Brücke und Waisenhausstraße, der den angrenzenden Grünwaldpark bis zum Ufer des Schlosskanals hin erweiterte, hatten im vergangenen Jahr die Neuhauser eine der wenigen, wenn nicht die einzige Sommerstraße, die tatsächlich komplett für den motorisierten Verkehr gesperrt war.

Manche fanden es eher läppisch, was sich dort an Geselligkeit oder Programm abspielte (oder auch nicht abspielte), manche ärgerten sich, weil Autos sich andere Wege suchen mussten; doch es gab auch sehr viele positive Reaktionen in einem von der SPD online gestellten Fragebogen. Der BA Neuhausen-Nymphenburg möchte diese Straßenstrecke diesen Sommer gerne wieder Fußgängern zu Spiel, Sport und Geselligkeit überlassen und hat die Stadtverwaltung aufgefordert, ihr Konzept zu überdenken und dies zu ermöglichen.

Zehn Sommerstraßen in Vierteln, die 2020 nicht zum Zuge kamen, das klinge zunächst nach einer "fairen Aufteilung städtischer Ressourcen", erklärte Felix Meyer (FPD) in seinem Antrag, den das Gremium unterstützte. Es führe jedoch den Testbetrieb im Sommer 2020 ad absurdum, wenn die Auswertung jetzt nicht zur erneuten Einrichtung einer Sommerstraße 2021 führen könnte. Immerhin hatte die Stadtverwaltung vergangenes Jahr selbst angeregt, die Sommerstraße am Nymphenburger Kanal über den 25. September hinaus um vier Wochen zu verlängern - was dann auch geschah.

In Laim haben die Grünen eine Debatte entfacht

In Sendling hat man dagegen gar kein Interesse daran, noch einmal die sehr ruhige Maronstraße so einzurichten. Die Sommerstraße soll wandern, die verkehrsberuhigte Zone jedes Jahr woanders ausprobiert werden. Heuer hat sich Sendling mit der Schöttlstraße in Neuhofen, dem beschaulichem Gotzinger Platz und der bereits bei Stadtteilfesten erprobten Daiserstraße beworben. Die Nachbarn in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt setzen auf eine Sommerstraße mit sehr hohem Engagement von Anwohnern: Ganz oben auf der Wunschliste steht dort der Holzplatz - auch Bürgerinnen hatten dies vorgeschlagen.

Sollte dieser Platz in diesem Sommer nicht in das Konzept des Mobilitätsreferats passen, wollen die Lokalpolitiker die Pfarrer-Rosenberger-Straße ins Rennen schicken, eine kleine Verbindungsstraße zwischen Wittelsbacher und Auenstraße direkt vor der Maximilianskirche, die der Bezirksausschuss - auch über eine Sommerstraße hinaus - gerne komplett für Autos schließen würde.

In Laim könnten die Straubinger und die Gunzenlehstraße in diesem Jahr vorübergehend zu Sommerstraßen werden. Dafür hat die Mehrheit der Laimer Politiker votiert. Zur Diskussion war zuvor auch der Abschnitt der Camerloherstraße zwischen Lanz- und Guido-Schneble-Straße gestanden. Mit ihrem Vorschlag, diesen in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln, hatte die Fraktion der Grünen eine kleine Debatte im Stadtteilgremium entfacht. Bedenken äußerte nicht nur CSU-Fraktionssprecherin Alexandra Gaßmann, nach deren Ansicht dort "viel zu viel Verkehr" herrsche.

Auch der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion, Martin Bachmaier, hielt die Camerloherstraße für die "schlechteste mögliche Variante": Wenn es Autofahrern pressiere oder sie nach Umwegen suchten, könnte dies zu einer kritischen Verkehrssituation führen. BA-Chef Josef Mögele (SPD) schätzt die Chance, dass Laim auch 2021 wieder eine Sommerstraße bekommt, insgesamt jedoch als gering ein: "Wir hatten schließlich letztes Jahr schon eine am Hogenbergplatz."

In Milbertshofen-Am Hart tun sich die Politiker mit geeigneten Vorschlägen schwer. Aus der Zusammenstellung des Bezirksausschusses im vergangenen Jahr hatte die Stadt gerade mal eine Straße überhaupt in Betracht gezogen. "Ich weiß nicht, was das bringen soll, genau die gleichen Straßen noch einmal zu nennen", sagte Thomas Schwed, Fraktionsvorsitzender der CSU. Zur Diskussion standen in der jüngsten Sitzung unter anderem die Schopenhauer- und die Nietzschestraße sowie die Eduard-Schenk-Straße. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus: Der BA hat um Fristverlängerung gebeten.

In Allach und Untermenzing geht der BA mit der Hitlstraße zwischen der Allacher und der Manzostraße ins Rennen. Zweite und dritte Priorität hätten die Hintermeier- und die Tubeufstraße.

In Schwabing steht die Wahl des Ortes noch nicht fest - doch es gibt einen Favoriten

Pasing-Obermenzing schlägt ganz pragmatisch die Südseite des Wensauerplatzes, die Schmädelstraße zwischen Paul-Gerhardt-Allee und Joseph-Lang-Straße sowie die Ebenböck- zwischen Bäcker- und Georg-Habel-Straße vor. Die Passionistenstraße in Obermenzing war 2020 Sommerstraße, den Wunsch aus dem Viertel, sie dauerhaft als verkehrsberuhigt auszuweisen, hat die Stadt abgelehnt.

Im westlichen Schwabing zeichnet sich der Kaiserplatz als Favorit ab. Entschieden ist das aber noch nicht, der BA tagt erst am 17. März und hat eine Sondergenehmigung, seinen Wunsch bis Ende März zu melden. Der Antrag soll aber wohl, so der bisherige Status quo, noch mit dem Nachbargremium aus Schwabing-Freimann abgestimmt werden. "Der Kaiserplatz", sagt Nadine Erhard-Egeler (Grüne), Vorsitzende des Unterausschusses Ökologie, Klimaschutz und öffentlicher Raum im BA 4, "wäre auch deshalb schön, weil der Platz ja neu gestaltet werden soll. Eine Nutzung als Sommerstraße könnte eine gute Möglichkeit sein, das mal auszuprobieren."

Bereits Anfang des Jahres hatte das Mobilitätsreferat virtuelle Infoveranstaltungen mit BA-Vertretern abgehalten. Diese hatten den Wunsch geäußert, mehr als zehn Sommerstraßen auszuweisen. Dies lehnte die Stadtverwaltung jedoch ab, da dafür weder ausreichend Personal noch genügend Mobiliar wie Pflanzgefäße, Stühle und Fahrradständer zur Verfügung stünden. Für Neuanschaffungen habe der Stadtrat wegen der aktuellen Haushaltslage keine Mittel bereitgestellt, hieß es weiter. Und auch der Vorschlag, wonach die BA aus ihren Budgets Mobiliar anschaffen und dieses dann vom Baureferat eingelagert wird, fand kein Gehör. Der Stadtverwaltung zufolge fehlen hierfür sowohl die Flächen als auch die Finanzmittel.

Zum weiteren Vorgehen kündigte das Mobilitätsreferat an, die Vorschläge aus den Stadtbezirken im März und April zu prüfen. Danach sollen Ortstermine mit BA-Vertretern stattfinden, ehe ab Mai Anwohner und Gewerbetreibende in die Planung mit einbezogen werden. Nach den endgültigen Beschlüssen in den Bezirksausschüssen sollen die ausgewählten Kandidatinnen dann im Juli und August zu Sommerstraßen umfunktioniert werden.

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SZ vom 13.03.2021
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