Süddeutsche Zeitung

Ideen fürs Ehrenamt:Wie Münchner anderen helfen können

Lesezeit: 3 min

Lieber im Biotop Mähgut aufsammeln oder bei einer Kleiderparty Altes gegen Neues tauschen? Fünf Beispiele für ehrenamtliches Engagement bei der Münchner Freiwilligenmesse.

Von Andrea Schlaier

Wer Zeit hat und diese anderen widmen will, tut sich zuweilen gar nicht so leicht: Wo wird Unterstützung gebraucht und wie passt das mit den eigenen Interessen und Möglichkeiten zusammen? Bei der Münchner Freiwilligenmesse am Sonntag im Alten und Neuen Rathaus konnten sich Interessierte bei 60 Organisationen über ehrenamtliche Tätigkeiten informieren.

Alte Kleider

"Kaum hatte die ältere Dame ein Stück abgegeben, schon hat eine 15-Jährige zugegriffen." Marlene Wille lacht. Die 16-jährige Gymnasiastin engagiert sich beim Kleidertausch des Zentrums für freiwilliges Engagement "Z'sam" ( www.z-sam.de). "Wir stellen Leuten einen Raum zur Verfügung, in dem sie ihre alten Sachen mitbringen und dafür was anderes mitnehmen können." Nichts wird weggeschmissen, betont die Elftklässlerin an ihrem Stand. "Es ist ein Kreislauf."

Marlene Wille lädt auch regelmäßig eigene Freundinnen zum Kleidertausch ein, "deswegen ist es sehr jung, aber natürlich kommen auch andere Leute". Den nächsten Einsatz hat sie bei der Kleiderparty am Samstag, 28. Januar, 14 bis 17 Uhr im "Z'sam" an der Theresienstraße 63.

Zur Freiwilligenvermittlung Z'sam ist die Schülerin über das Projekt "Mädchen engagieren sich" gekommen. "Ich war beim Beratungsgespräch, und die haben gefragt, ob ich nicht was machen will." Die Organisation berät Münchnerinnen und Münchner, die ein Engagement suchen, aber noch nicht genau wissen, was es denn sein soll.

Seltene Freudenmomente

Es geht um Momente der Freude für Familien, deren Kinder chronisch krank oder behindert sind. Sie will der Verein Nestwärme ( www.nestwaerme.de) für kurze Zeit entlasten. Maria Jurecka ist eine der ehrenamtlichen Unterstützerinnen. "Ein Freudenmoment kann bei uns vieles sein: der Geburtstag für die Mama oder für ein Geschwisterkind etwa". Die Familien sagen selbst, was sie sich wünschen, um dem Alltag für kurze Zeit zu entkommen.

Im nächsten Schritt suchen die Vereinsmitglieder dann passende Paare, die Lust und Zeit haben, diesen Wunsch zu erfüllen. Das Engagement kann zeitlich deshalb häufig klar eingegrenzt werden. Das ist für viele interessant, die sich mit ihrem Engagement nicht dauerhaft binden wollen. "Der Aufwand sind acht Stunden Vorbereitung und acht Stunden am Tag selber", sagt Maria Jurecka. Es gibt auch digitale Angebote, zum Beispiel virtuelle Bastelrunden, Märchenabende oder die Koordination von Projekten.

Maria Jurecka arbeitet normalerweise als Revisorin in der Versicherungsbranche und ist gerade in Elternzeit. Als die 45-Jährige 2019 nach München zog, wollte sie sich ehrenamtlich engagieren und informierte sich deshalb bei der Freiwilligenvermittlung Tatendrang ( www.tatendrang.de).

Gepflegte Biotope

Raphaela Karl sucht für den Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) Ehrenamtliche, die bei der Biotop-Pflege mithelfen wollen. "Wir haben zirka Hundert Hektar an Biotopfläche in und um München." Regelmäßig muss Mähgut und Gehölzschnitt von der Fläche abgeräumt werden, erzählt sie an ihrem Stand im Alten Rathaus. "Die Flächen müssen ausgehagert, ihnen also Nährstoffe entzogen werden, weil viele seltene Arten nur auf nährstoffarmen Böden wachsen."

Wer sich engagieren will, muss sich nicht langfristig verpflichten. Der LBV ( www.lbv-muenchen.de), wirbt die 28-Jährige Ingenieur-Ökologin, unterhalte einen Biotoppflegeverteiler (biotoppflege-muenchen@lbv.de), über den die Einsätze rausgeschickt werden. "Man kann einmal helfen oder jede Woche."

Im Januar stehen noch zwei Biotoppflege-Schnuppertermine für Neueinsteiger an: am Samstag, 21. Januar, in der Allacher Heide; Treffpunkt 10 Uhr Bushaltestelle Ludwigsfeld Campingplatz. Außerdem am Freitag, 27. Januar, im Truderinger Wald. Treffpunkt um 10 Uhr an der Bushaltestelle Nauestraße, Linie 194.

Ausdauernde Vorleser

Um ein längerfristiges Engagement geht es bei "Lesezeichen". Hier wird für 65 Münchner Schulen Lese- und Sprachförderung organisiert. Barbara Denk stellt Interessierten auf der Freiwilligenmesse die Initiative vor: "Wir suchen Lesepatinnen und -paten, die sich eine Schulstunde in der Woche Zeit nehmen, um vorzulesen, Sprachspiele oder auch Bewegungsspiele zu machen."

Wer sich das vorstellen kann, sagt die gelernte Journalistin, muss nur "Lesefreude mitbringen und gut mit Kindern können". Ehrenamtliche müssen sich aber wenigstens für die Dauer eines Schuljahres für "Lesezeichen" verpflichten ( www.lesezeichen-muenchen.de). "Unser Motto ist Bildung durch Bindung."

Neue Freunde

Wer wenigstens 75 Jahre alt ist, allein zu Hause lebt und sich jemanden zum Ratschen wünscht, ist bei "Freunde alter Menschen" gut aufgehoben ( www.famev.de). Hannah Kietzerow hat den alt eingesessenen Berliner Verein mit an die Isar gebracht, als die Sozialarbeiterin 2021 hierher umgezogen ist. "Für Menschen, die schon einen Pflegedienst und eine Einkaufshilfe haben, sind wir sozusagen für die Seele da."

Der Verein vermittelt Freiwillige, die alle 14 Tage zwei Stunden zu Besuch kommen, sagt die 26-Jährige. Hauptamtliche Koordinatorinnen begleiten den "Prozess des Kennenlernens". Helferinnen und Helfer müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und eine Engagementvereinbarung unterschreiben, um einen sicheren Rahmen für die Senioren abzustecken. Wenn es passt, sagt Hannah Kietzerow, treffen sich die beiden regelmäßig.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5732693
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.