Vereinsgaststätte "Sakrisch Guat":Schwierige Dreiecksbeziehung in Freimann

Lokal "Sakrisch Guat" in Mücnhen, 2019

Bernhard Scholl, der Wirt des "Sakrisch Guat", hält einen schnellen Umzug derzeit für illusorisch und fordert eine sechsstellige "Umzugshilfe".

(Foto: Stephan Rumpf)

Ein Verein verkauft sein Grundstück an einen Bauträger, der Wirt des Vereinslokals akzeptiert aber seine Kündigung nicht. Der Richter rät zu einem Vergleich.

Von Julian Raff, Freimann

Während andere Gastronomen darauf hoffen, wenigstens zu Ostern wieder aufsperren zu dürfen, droht Bernhard Scholl, dem Wirt des "Sakrisch Guat" an der Freisinger Landstraße, am 31. März das endgültige Aus. Zumindest will sein Verpächter, die Bayerische Hausbau (BHG), zu diesem Termin eine Kündigung vom Herbst 2019 endgültig vollziehen, über die am Montag erneut vor dem Landgericht München I verhandelt wurde. Im Zuge eines von Richter Thomas Schäffer weiterhin empfohlenen Vergleichs hatte BHG-Anwalt Jörg Weißker das Angebot einer "Umzugshilfe" von 7500 auf 25 000 Euro erhöht. Scholls Anwalt Alexander Erb wies dies aber als völlig unzureichend zurück und forderte einen "mindestens sechsstelligen Betrag" - immerhin müsse Scholl nicht nur ein neues Lokal finden, sondern auch Platz für sieben Mitarbeiter, die dort wohnen.

Bereits bei der ersten Verhandlung im Juli 2020 war es nicht ausschließlich um den drohenden Verlust des beliebten, urig-unprätentiösen Lokals gegangen, sondern indirekt auch um ein umstrittenes Grundstücksgeschäft zwischen der BHG und der Turnerschaft (TS) Jahn. Der Traditionssportverein hatte sein Freimanner Grundstück samt Vereinsgaststätte im April 2018 an den Bauträger verkauft, der dort ein weiter südlich geplantes Neubauquartier erweitern will. Da die Stadt noch nicht darüber entschieden hat, wie dicht das teils unter Landschaftsschutz stehende Areal bebaut werden darf, zahlte die BHG vorerst einen Basispreis von zehn Millionen Euro. Die variable Summe obendrauf bleibt vorerst offen, wie sie errechnet wird, ist aus Sicht einiger TS-Mitglieder intransparent. Außerdem bezweifeln sie die Rechtmäßigkeit des Vertrags, der durch eine außerordentliche Mitgliederversammlung nachträglich gebilligt worden war, nachdem die reguläre Versammlung das zehnprozentige Quorum verfehlt hatte.

BHG-Anwalt Weißker erneuerte seinen Vorwurf, der Widerstand gegen die Kündigung ziele in Wahrheit darauf, den Kaufvertrag und zugleich eine sinnvolle Stadtentwicklung zu "torpedieren". Anders als im Sommer ging Richter Schäffer nun ausdrücklich auf die rechtliche Beurteilung des Vertrags ein, nachdem es zuvor darum gegangen war, ob Wirt Scholl mit eigenmächtigen, vielleicht aber auch vom Verein gewollten und von der Gewerbeaufsicht geforderten Anbauten selbst einen Kündigungsgrund geliefert hatte. Wie bereits in einem Hinweisbeschluss vom September 2019 äußerte der Richter durchaus Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vertrags, auch wenn er einzelne Punkte auf Betreiben der BHG-Seite davon wieder ausnahm. Trotz Weißkers Hinweis, die Kritiker hätten wohlweislich nie gegen den Vertrag geklagt, ließ Schäffer durchblicken, dass er diesen in seinem für den 8. Februar angekündigten Urteil für unwirksam hinsichtlich der Kündigung erachten könnte. Allerdings drohe Scholl damit ein unrentabler "Pyrrhussieg", weshalb ihm der Richter empfahl, lieber das Vergleichsangebot anzunehmen, den Corona-Stillstand für einen auf lange Sicht unvermeidbaren Wechsel zu nutzen und nach dem Lockdown-Ende neu zu starten.

Dem richterlichen Rat schloss sich Peter Wagner in seiner Doppelrolle als Vereinspräsident und -anwalt an. Scholl kann nach seiner Meinung in der Krise leere Ladenlokale "wie Sand am Meer" finden. Für die TS Jahn stellten Wagner und sein Vize Werner Gawlik klar, dass man selbst bei evidenter Unwirksamkeit den Vertrag juristisch "heilen" wolle. Eine Rückabwicklung kommt laut Gawlik nicht in Frage: Die gezahlten zehn Millionen Euro seien längst in der neuen Halle an der Weltenburger Straße in Bogenhausen verbaut. Scholls Anwalt Erb wiederum scheut den Instanzenweg nicht. Ein schneller Umzug des "Sakrisch Guat" sei jedenfalls illusorisch, momentan lasse Corona ja nicht einmal Besichtigungstermine zu.

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