Autokino in Freimann:Blutwurst mit Popcorn

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Virtuoser Wurstexperte: Ewen Bremner erklärt in "Gutterbee", wo welche Wurst herkommt.

(Foto: Filmfest München Pop-up)

Die Premiere von "Gutterbee" im Autokino

Von Cora Wucherer

Wenn am Tag der letzten Premiere des Filmfests im Pop-up-Kino internationaler Wind durch die Autoreihen weht, wünscht man sich fast, er würde nach Weißwurst riechen. Aber weil das olfaktorische Kino noch nicht am Gelände beim Zenith angekommen ist, müssen sich die Zuschauer mit Popcorn-Duft zu Wurstbildern zufriedengeben. Denn darum geht es in der dänischen Produktion "Gutterbee" von Regisseur Ulrich Thomsen: um Weißwürste, Frankfurter, Blutwürste, Leberwürste und um eine ganz spezielle Wurst, die "Black Pearl".

Die Satire spielt im amerikanischen Städtchen Gutterbee, das aus nicht viel mehr als ein paar zugenagelten Bars, einem rassistischen Hahn und wenigen ausharrenden Bewohnern besteht. Darunter: Mike (Anthony Starr), frisch aus dem Gefängnis entlassen, und Edward Hofler (Ewen Bremner) - den man unter keinen Umständen Fritz nennen sollte -, ein Wurst-Fanatiker. Das ungleiche Paar spinnt sich seinen eigenen "American Dream" zusammen: Ein deutsches Wurst-Lokal in einer alten Kapelle, inklusive schuhplattelnden Lederhosenträgern. "Gutterbee" basiert auf Fakten; gezeigt wird er im amerikanischen Originalton mit Untertiteln. Das heißt: Nicht nur die Wurst-Trivia ist wahr, auch der rassistische und religiöse Fanatismus.

"Vor einiger Zeit habe ich von der Geschichte der Wurst gelesen", erzählt Regisseur Thomsen, der bei der deutschen Premiere anwesend ist. "Sie wurde von der Kirche missverstanden, von den Römern missbraucht - und sie zeigt, dass sich in 2000 Jahren nichts geändert hat. Noch immer haben wir den selben Rassismus und dieselbe Bigotterie." So hat Thomsen eine Komödie zusammengekocht aus Fakten, die er als ein anzügliches bis bitterböses Vergnügen serviert. Skurrile bis absurd lustige 107 Minuten erwarten die Zuschauer. Das Angebot, dem Regisseur Fragen zu stellen, wird danach mit Begeisterung angenommen - was sicher daran liegt, dass die ersten fünf Fragesteller ein Wurst-T-Shirt bekommen, das Thomsen selbst trägt. Warum er Edward Hofler nicht mit einem bayerischen Schauspieler besetzt habe? Das liege an einem Zeitproblem, erklärt er. Nicht schlimm, spielt der Schotte Ewen Bremner den Wurstfanatiker doch so authentisch und virtuos, dass auch beim Schuhplatteln jeder Klatscher sitzt - und jeder Schlag ins Gesicht, den der abkriegt, der ihn Fritz nennt. Und etwas Bayern gibt es auch in "Gutterbee": Die Band Deschwowieda hat zum Soundtrack beigetragen. So viel sei verraten: Am Ende des Films sind die Zuschauer froh, mit einem Ohrwurm nach Hause zu gehen - und nicht mit einem Geruch nach Pferdeäpfeln in der Nase. So zufrieden wie Thomsen mit seinem Werk sind die Macher des Pop-up-Autokinos mit ihrem geglückten Projekt. Am kommenden Samstag steigt die Abschiedsparty. "Da feiern wir unsere Augenringe", kündigt Initiatorin Veronika Faistbauer an. Sie haben bewiesen, dass die Liebe zum Kino nicht wurst, also egal, ist, sondern "wunderbar", wie Edward Hofler über die perfekte Wurst sagen würde.

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