Gesundheit in München:Die bekannteste Geburtsklinik der Stadt zieht um

Frauenklinik in der Maistraße, 2004

Die medizinische Arbeit ist mit der Zeit schwieriger geworden.

(Foto: Catherina Hess)

Die Frauenklinik an der Maistraße residiert seit 1916 in einem fürstlichen Ensemble. Die Patienten-Zimmer aber sind schon lange nicht mehr zeitgemäß. Seit 30 Jahren wird der Umzug geplant, in zwei Wochen beginnt er.

Von Birgit Lotze

An keiner anderen Straße der Stadt kommen wohl mehr Kinder zur Welt als an der Maistraße - im Schnitt sieben Babys täglich. Münchnerinnen, die in den nächsten Wochen in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt entbinden, können sich allerdings kaum ausrechnen, ob ihr Baby an der Maistraße oder schon an der Ziemssenstraße geboren wird.

Vom 15. Juni an wird die Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Standort Innenstadt, wie die LMU-Frauenklinik an der Maistraße 11 offiziell heißt, nach mehr als 100 Jahren aus dem neoklassizistischen Bau mit eigener Kirche und Park im Innenhof nach und nach ausziehen. Ein großer Teil wird auf die andere Seite der Lindwurmstraße verlegt, in einen Neubau nahe am Sendlinger Tor. Die bekannteste Münchner Geburtsklinik wird dort Teil des neuen LMU-Klinikums Innenstadt. Dort ist ein Neubau mit 200 Betten, vier Operations-Sälen, einer interdisziplinären Notaufnahme sowie einer hochmodernen Geburtshilfe mit fünf Kreißsälen entstanden.

Nicht alle Bereiche der Klinik ziehen gleich im Juni um, aber jene, die für die Mehrheit der gebärenden Frauen wichtig sind: Verlagert werden zunächst die Geburtshilfe und die Neonatologie, also die Kinderärzte, die im Kreißsaal dabei sind. Die Gynäkologischen Ambulanzen, die Tagesklinik und das Kinderwunschzentrum sollen im Lauf des Jahres an die Ziemssenstraße folgen. Bis Ende 2022 soll der gesamte Umzug abgeschlossen sein.

Die Hebammenschule schließt ebenfalls in diesem Jahr, allerdings unabhängig vom Klinikum. Der Beruf steht vor der Akademisierung, erfordert keine Berufsausbildung mehr, sondern ein Studium. Hebammenkunde wird daher seit 2019 als Bachelor-Studiengang an der Katholischen Stiftungshochschule gelehrt, gemeinsam mit der LMU-Frauenklinik, in der die praktische Ausbildung stattfindet.

Sven Mahner, Direktor der LMU-Frauenklinik, spricht von einem "langen Anlauf". Der Umzug sei bereits seit mehr als 30 Jahren vorgesehen, seit Jahren werde er schon vorbereitet. Klar, das Anwesen an der Maistraße sei "fürstlich", man fühle sich wie im Klostergebäude, doch die Patientenzimmer verfügten nicht mal über Dusche oder WC. "Das wirkt dann eher wie eine Jugendherberge", sagt der Klinikchef. Die Räume, oft 50 bis 60 Quadratmeter groß, seien nicht mehr zeitgemäß, geplant für sechs bis acht Patienten. Zwar würden sie aktuell höchstens als Vierbett-Zimmer genutzt, doch die Patientinnen kämen oft ins Staunen. Seit Jahrzehnten ist wegen des geplanten Auszugs nicht mehr in größerem Umfang renoviert worden.

Sven Mahner

In Umzugsstimmung: Klinik-Chef Sven Mahner.

(Foto: Privat/oh)

Die Frauenklinik sei zwar nach dem Umzug nicht mehr in solch einem eigenen Gebäude, verfüge auch nicht mehr über exklusive eigene Hörsäle, doch eine Autonomie in dieser Form sei inzwischen veraltet, entspreche nicht mehr den Anforderungen, sagt Sven Mahner. "Auch die Medizin ist heute vernetzt." Konkret bedeutet dies, dass die Frauen- und Neugeborenenmedizin räumlich an die Erwachsenenmedizin angeschlossen wird, also vor allem an die Innere Medizin, an die Chirurgie und die Anästhesie.

Bei Medizin-Studierenden gilt die Gynäkologie an der Maistraße vor allem wegen ihrer Räume als ein Höhepunkt der Ausbildungszeit. Die runden Formen des Treppenhauses, der Hörsaal mit den wohl steilsten Rängen Münchens, die Bibliothek, der Innenhof mit der imposanten Kirche, die schon die Größe einer Stadtteilkirche hat, und dem Muschelkalkbrunnen, der früher an heißen Tagen Kühlung in den Hörsaal brachte. Die Frauenklinik ist sehr begehrt bei Anwärtern für das "PJ", das in der Mediziner-Ausbildung geforderte Praktische Jahr. Allerdings ist das Klinik-Ensemble selbst in die Jahre gekommen.

Innenhof der Frauenklinik in der Maistraße in München, 2014

Auch wegen des Muschelkalkbrunnens gilt die Frauenklinik an der Maistraße als eines der schönsten Münchner Uni-Ensembles.

(Foto: Florian Peljak)

Schon seit Langem ist die LMU-Frauenklinik an zwei Standorten aktiv, in der Innenstadt und in Großhadern. Etwa die Hälfte der knapp hundert Ärztinnen und Ärzte der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe arbeiten jetzt schon in Großhadern, ebenfalls unter Professor Sven Mahner als Chef. Auch die stationäre Gynäkologie an der Maistraße wird mit den Operationssälen in den Westen der Stadt umziehen. Geplante Operationen, die einen stationären Aufenthalt erfordern, werden also bald nur noch in Großhadern stattfinden. Als letzter Teil der Universitätsfrauenklinik wird dann, vermutlich erst im Jahr 2022, das gynäkologische Forschungslabor aus der Maistraße ausziehen - ebenfalls in Richtung Großhadern.

Für die werdenden Mütter ist vorgesorgt: Während des Umzugs der Klinik werde man erst mal mit doppelten Teams arbeiten, sagt Klinik-Direktor Mahner. "Die Kinder kommen ja nicht, wann man sie einplant, sondern wann sie wollen, danach richten wir uns natürlich auch bei einem Klinikumzug." Die rund 200 Medizin-Studierenden des aktuellen Semesters werden den Auszug vorerst gar nicht miterleben, sie arbeiten pandemiebedingt online und nicht in dem ehrwürdigen Bau.

Hörsaal der Frauenklinik an der Maistraße in München, 2016

Die steilen Hörsaal-Ränge der Klinik hinterlassen Eindruck.

(Foto: Catherina Hess)

Der auffallende Muschelkalkbrunnen, der spezielle Hörsaal, der Park und die Kirche - auf dieses Ambiente werden sie in Zukunft verzichten müssen, ebenso wie die Patientinnen und das Krankenhauspersonal. Sven Mahner berichtet sogar von mehreren Touristengruppen im Jahr, die auf Führungen durchspazierten. Im Neubau habe man künftig eine schicke Dachterrasse, nicht ganz so spektakulär, aber viel nützlicher, sagt er. Und dass er darauf hoffe, dass der alte Hörsaal für die Gynäkologie-Studierenden noch eine Weile erhalten bleibt. Danach besuchen sie einen Hörsaal an der Ziemssenstraße, wo auch - eben im Neubau - weitere Seminarräume zur Verfügung stehen.

Der Freistaat war mit anderen aufgegebenen Uni-Standorten nicht zimperlich, hat häufig an Investoren verkauft. Nicht so bei der Maistraße 11, sie soll staatlich bleiben. Die Gebäude werden kernsaniert und umgebaut, die Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) soll einziehen. Das wunderschöne neoklassizistische Ensemble bleibe erhalten, hat Matthias Fahrmeir, Dezernatsleiter für Liegenschaften und Technik der LMU, schon vor zwei Jahren versprochen. Jeder kann dann wie bisher einfach hineingehen und staunen: Sowohl der Hörsaal wie auch die Bibliothek, die Kirche und der Innenhof sollen öffentlich zugänglich bleiben.

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