Umweltschutz:So will der Flughafen München klimaneutral werden

Umweltschutz: Was kann ein Flughafen für den Klimaschutz tun? Elektrische Pushback-Fahrzeuge anschaffen zum Beispiel.

Was kann ein Flughafen für den Klimaschutz tun? Elektrische Pushback-Fahrzeuge anschaffen zum Beispiel.

(Foto: Flughafen München GmbH)
  • Der Münchner Flughafen eilt weiterhin von einem Fluggastrekord zum nächsten.
  • Plus fünf Prozent sind es im ersten Halbjahr 2019, wie Geschäftsführer Michael Kerkloh bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz erklärt.
  • Der Airport setzt auf technologische Lösungen, um seinen Betrieb bis 2030 klimaneutral zu machen.

Von Dominik Hutter

Fliegen Sie noch? Oder retten Sie schon das Weltklima? Es herrscht Rechtfertigungszwang an Münchens Biergarten- und Familientischen. Die Sommerferien stehen bevor und damit die Frage, wer sich in Zeiten von "Fridays for Future" noch traut, auf Platz 23A über den Wolken nach Mallorca zu düsen. Die Statistik des Münchner Flughafens sagt: Es trauen sich sehr viele. Sogar mehr denn je. Nur das gute Gefühl fliegt nicht mehr mit. Das Flugzeug ist längst zum Symbol der Klimadebatte geworden - auch wenn dessen prozentualer Anteil am weltweiten CO₂-Ausstoß weitaus geringer ist als der des Straßenverkehrs oder der Energiewirtschaft. Aber er ist erklecklich, an dieser Erkenntnis kommt man nicht vorbei.

Flugscham nennt sich das, was so viele Debatten übers Reisen prägt. "Man stellt schon fast einen Pranger auf", hat Airport-Chef Michael Kerkloh in den vergangenen Monaten beobachtet. "Wer fliegt, soll sich schämen." Das sieht Kerkloh natürlich anders. Aber: "Es ist klar, dass wir einen Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen", erklärt der Manager bei der Halbjahres-Pressekonferenz der Flughafen-Gesellschaft im Münchner Presse-Club. Die Rolle als Klimakiller Nummer eins" will Kerkloh für seine Branche jedoch nicht akzeptieren. Man müsse schon "kühlen Kopf bewahren und sich mit den Fakten beschäftigen".

Modelreleased

Um CO₂-Einsparung auch am Flughafen zu haben, kann man Solaranlagen montieren oder Klimafassaden einplanen.

(Foto: Flughafen München GmbH)

Einen Anteil von 2,37 Prozent habe der Luftverkehr an den weltweiten Kohlenstoffdioxid-Emissionen - eine nicht unumstrittene Zahl. Und prinzipiell sei der Flugverkehr ja nicht böse, sondern er vernetze Menschen, fördere Weltoffenheit, ermögliche jungen Menschen die Möglichkeit zum Auslandsstudium, sagt Kerkloh. "Flugverbote halte ich für völlig unrealistisch." Es werde sich zeigen, wie viele Leute zum freiwilligen Verzicht bereit seien, vielleicht auch nur temporär in Form eines Flug-Fastens. Das lasse sich eigentlich nur schlecht mit dem aktuellen Lebensstil vereinbaren, zu dem der Besuch fremder Länder einfach dazugehöre. "Bisher kann ich nicht erkennen, dass der Luftverkehr abnimmt."

Dass Kerkloh diese Entwicklung nicht erkennen kann, hat nicht zuletzt mit seiner eigenen Statistik zu tun. Der Flughafen im Erdinger Moos eilt weiterhin von einem Passagierrekord zum nächsten. Plus fünf Prozent sind es im ersten Halbjahr 2019. Oder, anders ausgedrückt: In den ersten sechs Monaten 2019 sind genau so viele Menschen in "MUC" ein-, aus- oder umgestiegen wie im gesamten Jahr 2000.

Die praktischen Auswirkungen der Flugscham sind also überschaubar. Gut 1100 Maschinen sind jeden Tag am Münchner Flughafen unterwegs. Und es gibt immer mehr Strecken in andere Kontinente: Dallas ist gerade neu dazugekommen, Osaka und der tägliche Zweitflug nach Bangkok. Von Dezember an soll auch São Paulo im Flugplan stehen. Auch Kerkloh räumt ein, dass es im Luftverkehr "Exzesse" gebe, die keine Zukunft haben können. Damit meint er vor allem die Nahezu-Gratis-Angebote, die oft erst den Anlass für eine Flugreise bieten.

Umweltschutz: Erstaunlich viel machen Torluftschleieranlagen aus. Dabei handelt es sich um eine Art Luftvorhang, eine moderne Variante des aus Kaufhäusern bekannten Gebläses im Eingangsbereich.

Erstaunlich viel machen Torluftschleieranlagen aus. Dabei handelt es sich um eine Art Luftvorhang, eine moderne Variante des aus Kaufhäusern bekannten Gebläses im Eingangsbereich.

(Foto: Flughafen München GmbH)

"Fliegen muss teurer werden", sagt der Flughafen-Chef. Und es werde auch teurer werden. Allerdings nicht so teuer, dass es sich der Normalmensch nicht mehr leisten könne. Es sei ja auch eine demokratische Errungenschaft, dass sich so viele Fluggäste einen Trip über den Wolken leisten können. Derzeit sei es für viele Leute "einfacher, sich Fliegen zu leisten, als mit der Bahn zu fahren".

Aus der Perspektive des Flughafens, das ist nicht wirklich überraschend, ist der radikale Verzicht keine Option. Kerkloh setzt vielmehr auf technologische Lösungen. Es gebe, und das komme in der Debatte zu kurz, erhebliche und durchaus erfolgreiche Bemühungen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen. Dazu gehören elektrische Vorfeldfahrzeuge, eine auf LED-Technik umgestellte Vorfeldbeleuchtung und, 2018 war das mit einer Einsparung von fast 1100 Tonnen CO₂ der dickste Brocken, neue Torluftschleieranlagen an den Zugängen zu Terminal 1. Dabei handelt es sich um eine Art Luftvorhang, eine moderne Variante des aus Kaufhäusern bekannten Gebläses im Eingangsbereich.

Bis 2030 soll der Münchner Flughafen klimaneutral betrieben werden. 60 Prozent der Emissionen würden durch technologische Neuerungen (vor allem die Nicht-Verwendung fossiler Treibstoffe) eingespart, die verbleibenden 40 Prozent über "hochwertige und vorzugsweise Klimaschutzprojekte" kompensiert. Kerkloh räumt ein, dass das "noch nicht so richtig obergut" sei. Bis 2050, das sieht eine gemeinsame Resolution 190 europäischer Flughäfen vor, sollen die Emissionen dann auf "nahezu null" reduziert werden. Nur noch ein Mini-Anteil würde dann noch kompensiert werden.

MUC AIRPORT

Klimafassaden. Bis 2050 sollen die Emissionen auf "nahe zu null" reduziert werden.

(Foto: Flughafen München GmbH)

Nachteil dieser Aktion: Sie betrifft nur den Betrieb der Flughäfen selbst, am Boden sozusagen. Die meisten Emissionen aber stammen von den Flugzeugen, die in dieser Absichtserklärung nicht enthalten sind. Die Maschinen sind zwar inzwischen deutlich effizienter, verbrennen aber nach wie vor Kerosin. Der neue Airbus 350 immerhin um 25 Prozent weniger als der Vorgänger A 340. Als Mittel der Wahl für eine ökologischere Zukunft gelten ökologisch hergestellte Treibstoffe, etwa mit Kohlendioxid erzeugtes synthetisches Kerosin. Batterien sind derzeit schlicht zu schwer.

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