Am 10. Juni gab es einen außergewöhnlichen Start am Münchner Flughafen. An jenem Montag hob um 10.02 Uhr ein Airbus A320 mit dem Ziel Ostrava in Tschechien ab. Das Besondere an dem Vorgang: Die Maschine wurde einst von der staatlichen russischen Fluggesellschaft Aeroflot betrieben.
Nach dem Überfall des Landes auf die Ukraine im Februar 2022 war der europäische Luftraum für alle russischen Maschinen geschlossen worden. Der Weg in die Heimat war der Maschine deshalb verwehrt, sie strandete in München – für insgesamt 834 Tagen.
Auf rund 470 000 Euro summierten sich in dieser Zeit die Gebühren für Abstell- und Unterstellentgelte, teilt der Flughafen mit und bestätigt damit eine Geschichte des BR. Zuvor hatte bereits das Fachportal Aero Telegraph über die Entwicklung berichtet.
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Ähnliche Fälle gibt es an anderen Orten. Am Flughafen in Genf steht weiter eine ehemalige Aeroflot-Maschine, die es nicht mehr zurück nach Moskau schaffte. „Wir stehen in Kontakt mit der Liquidationsgesellschaft, die für die Zukunft dieses Flugzeugs verantwortlich ist“, teilt der Airport mit.
Am Flughafen in Leipzig/Halle parken drei Antonow An-124 der russischen Frachtfluggesellschaft Volga-Dnepr, die für Wartungsarbeiten dorthin geflogen worden waren. „Die anfallenden Parkentgelte werden gezahlt“, sagt ein Sprecher des Flughafenbetreibers.
Prinzipiell gilt: Flugzeuge russischer Airlines (oder von Airlines in mehrheitlich russischem Besitz) dürfen Europa nach wie vor weder überfliegen noch hier landen oder starten. Warum der Aeroflot-Jet in München trotzdem die Starterlaubnis bekam? Weil es genau genommen gar kein Aeroflot-Flieger war.
Die Luftfahrtindustrie ist international engmaschig verwoben
Die Maschine gehörte der irischen Tochtergesellschaft der chinesischen Firma CMB Financial Leasing, die es nun auslöste, mit den nötigen Wartungsarbeiten wieder fit machen ließ und beim Luftfahrtbundesamt die Genehmigung zum Weiterbetrieb einholte. So berichtet es das Fachportal Aviation Direct.
Die mehr als 450 000 Euro seien „eine der höchsten Parkgebühren“ gewesen, die ein Flughafen je verzeichnet habe, so die Experten. Lohnen könnte sich der Einsatz trotzdem: Das Airbus-Modell A320 ist relativ jung, es lässt sich besonders wirtschaftlich betreiben.
Der Fall zeigt exemplarisch, wie engmaschig international verwoben die Luftfahrtindustrie ist. So gehören viele Maschinen, die russische Fluglinien betreiben, eigentlich westlichen Leasingfirmen. Nach Informationen des Magazins Flug Revue wurden rund 500 solcher Maschinen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gegen den Willen dieser Leasingfirmen trotzdem in Russland und den verbündeten Staaten weitergenutzt.