Süddeutsche Zeitung

Mitmach-Aktion für Festival "Flower Power":Künstlerin sucht 200 000 getrocknete Blumen in München

Lesezeit: 4 min

2023 soll es das Mega-Festival "Flower Power" geben, das hunderte Veranstaltungen zu einem Thema bündelt: Natur in der Stadt. Eine Mitmach-Aktion dazu läuft bereits.

Von Fiona Rachel Fischer und Michelle Rigohrt

Seit 2003 sammelt Rebecca Louise Law jede Blume, die ihr zwischen die Finger kommt. Die Blüten nutzt sie aber nicht als Dekoration. Die Blumen sind ihre Farbe, der Raum ist ihre Leinwand. Allein in den USA hat die britische Künstlerin die erstaunliche Sammlung von einer Million konservierter Blumen ausgestellt, weitere in Asien, Australien und Europa.

Dabei haben die Pflanzen neben ihrer Schönheit noch wichtigere Bedeutungen: Nachhaltigkeit, Konsum und der Lebenszyklus. Das will sie in ihrer Installation zum Ausdruck bringen, die vom 3. Februar bis zum 9. Juli 2023 im Rahmen des Flower Power Festivals zu sehen sein wird.

Dazu gibt es bis zum Herbst dieses Jahres eine Mitmach-Aktion: Die Münchner Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, getrocknete Blumen einzureichen. 200 000 Stück braucht Law für ihre Installation, die Blüten können zugeschickt oder täglich in der Kunsthalle abgegeben werden.

Natur feiern in der Stadt

München ist so zugeteert und versiegelt wie keine andere Stadt. Doch wie steht es hier um die Natur? Das Thema soll 2023 das große interdisziplinäre Festival von 3. Februar bis 7. Oktober 2023 anführen, das sich einen Namen aus den Hippie-Tagen leiht: "Flower Power".

Kultureinrichtungen, öffentliche und private Verbände, Parks oder Initiativen sollen mitmachen und Ideen zum Motto "Natur feiern in der Stadt" verwirklichen. Die Knospen des Festivals bilden der Gasteig, der Botanische Garten, Biotopia und die Kunsthalle München. Die Blüte steht für Nachhaltigkeit, Wissenschaft, Pflanzenvielfalt, Klimawandel, Ästhetik und Lebensqualität, es gibt Ausstellungen, Bühnenaufführungen und Workshops zum Thema.

Richtig trocknen

Was haben Sonnenflügel, Papierknöpfchen und Jungfer gemeinsam? All das sind Blumen, die man gut trocknen kann. Eine vollständige Liste der gewünschten Blüten und eine Anleitung zum Trocknen findet man unter www.kunsthalle-muc.de/blumen. Louise Law empfiehlt, fünf bis zehn Blumen zu Sträußen zu binden, über Kopf aufzuhängen und an der Luft trocknen zu lassen. Möglichst in einem trockenen, dunklen Raum, damit die Blüten nicht verblassen.

Der Trocknungsprozess dauert etwas zwei bis drei Wochen. Eine schnellere Trockenmethode wäre das Trocknen im Backofen. Solange die Blumen nicht gepresst sind oder schimmeln, können sie als Strauß oder einzeln abgegeben werden. Einen fünf bis zehn Zentimeter langen Reststiel sollten sie haben, auch die Kennzeichnung der Blumensorte ist gewünscht. Jeder kann mitmachen und getrocknete Blüten, geschützt verpackt per Post, an die Kunsthalle München schicken oder direkt dort abgeben.

Besonderes aus dem Laden

Langsam beginnt die Stadt zu blühen. Krokusse spießen, Narzissen und Tulpen stehen in farbenfroher Pracht. Auch dank der zahlreichen Blumengeschäfte findet man das ganze Jahr über eine große Auswahl Pflanzen für das Projekt.

In der Bergmannstraße im Münchner Westend und in der Fraunhofer Straße im Glockenbachviertel landet man etwa bei "Petra Müller Blumen". Die Floristin lebte sieben Jahre in Kanada und ein weiteres Jahr in New York City. Den nordamerikanischen Style bringt sie heute in ihre Buketts mit ein und bietet auch eine Auswahl im Onlineshop an.

Einen anderen außergewöhnlichen Blumenladen findet man am Max-Weber-Platz. Vor 27 Jahren hat Silke von Otto mit ihrem Mann "Blumen, die Leben" gegründet und bietet regionale sowie exotische Blumen an. So kann man neben Tulpen und Quittenzweigen auch Mimosen, Mohnblumen und Ranunkeln aus Südfrankreich und Italien zu einem Bukett binden.

Blumen müssen aber nicht immer in Straußform daherkommen. Sabine Brandner verwandelt etwa in ihrem Atelier für Floristik und Design "Purpur" in der Beichstraße mit großer Kreativität Blumen in Arrangements für Garten, Heim und Events.

Nachhaltig gepflanzt

Der Nachhaltigkeitsaspekt wird groß geschrieben beim Festival, und darauf achtet man am besten schon bei der Wahl der Blüte. "Blumen Adler" gehört mit dem Gründungsjahr 1930 zu den ältesten Münchner Floristikgeschäften und wird bereits in dritter Generation geführt. Dem kleinen Laden an der Nymphenburger Straße ist der respektvolle Umgang mit der Natur wichtig, deshalb werden dort nachhaltig zertifizierte sowie ökologisch angebaute Blumen, Pflanzen und Materialien verarbeitet.

Ein bisschen jünger ist "Belflair", der Blumenladen in Haidhausen, der seinen Schwerpunkt auf Blumen-Abonnements legt. Die Transportwege sind immer kurz, die Blüten kommen aus heimischen Gärtnereien und sind mit dem Fairtrade-Siegel versehen.

Dieses Siegel tragen auch die Blumen vom "Blumen Schachtner". Seit 25 Jahren führt Robert Schachtner das Geschäft in Schwabing und sieht es als seine Aufgabe an, Blumen mit Achtung und Rücksicht zu behandeln. Seine Ware kommt daher ausschließlich aus der Region, wie etwa die Rosen aus einer ausgewählten, bayerischen Rosenzucht und die Tulpen aus einer Gärtnerei um die Ecke.

Fundstücke aus der Natur

Bei Spaziergängen in die Natur schöne Fundstücke sammeln, macht Kindern und Erwachsenen Spaß. So bietet sich an, das Blumentrocknen für das Projekt mit einem Ausflug zu verbinden. Ausführliche Sammeltrips hat die ausgebildete Modedesignerin Karoline Lawson auf Lager. In ihrem Buch "Schere Stein Papier. Basteln mit Naturschätzen" (atVerlag) bietet sie jede Menge Ideen, Tipps und Bastelvorlagen. Wann welche Wildblumen zu finden sind, wie man die gefundenen Naturmaterialien haltbar aufbewahrt und wie man sich achtsam in der Natur bewegt, wird hier kindgerecht erklärt.

Ganz wichtig für das Blumensammeln ist die "Handstraußregel", die die Anzahl der gepflückten Blumen auf einen Blumenstrauß beschränkt. Je nachdem, ob der Ausflug zu einer Wiese, einem Feld oder in den Wald gehen soll, inspiriert die Lektüre zum Basteln mit Blumen, Schneckenhäusern, Moos, Rinde, Steinen, Holz und Federn. Waldgeister, Blumenkinder und Waldmobiles - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Schatz aus den Alpen

"Das schönste Blümlein auf der Welt, das ist das Edelweiß. Es blüht versteckt an steiler Wand ganz zwischen Schnee und Eis." So geht eine Lobeshymne auf die bayerische Vorzeigeblume. Dem Volksmund zufolge wächst sie in den steilsten Höhen der Alpen. Durch ihre Unerreichbarkeit ist sie ein Symbol für Mut und Liebe geworden.

Schon Kaiser Franz Joseph I. soll dem Botaniker und Autor Ernst Moriz Kronfeld zufolge seiner Sisi die Blume als romantische Geste gepflückt haben. Auch auf dem berühmten Porträt des Malers Franz Xaver Winterhalter trägt die Kaiserin die sternförmigen Blüten im Haar.

Im Alpenraum dient das Edelweiß zudem in verschiedensten Kontexten der alpinen Bildsprache, beispielsweise bei Trachten, Alpenvereinen und einer Schweizer Fluglinie. Ein besonderer Vorteil der seltenen Blume: Sie lässt sich so trocknen, dass sowohl die Sternenform als auch die silbrigweiße Farbe vollständig erhalten bleiben. Ein Alpen-Edelweiß in freier Natur zu pflücken, ist allerdings verboten. Kaufen kann man gezüchtete Exemplare jedoch in großen Gartengeschäften.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5570814
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.