Süddeutsche Zeitung

Filmfest München:Vier für die Vielfalt

Lesezeit: 2 min

2019 gab es Kritik am Filmfest, weil die Ehrenpreise allesamt an Männer gingen. Dieses Mal stellen Franka Potente und Robin Wright ihre Regie-Debüts vor, auch Senta Berger bekommt einen Preis. Małgorzata Szumowska wird eine Hommage gewidmet.

Von Josef Grübl

Sie ist in Los Angeles zuhause und in Berlin, in München, Münster oder Dülmen. Jetzt kommt sie heim in eine ihrer vielen Wahlheimaten, passenderweise mit einem Film namens Home. Franka Potente ist eine "besondere Künstlerpersönlichkeit, die durch ihre Vielseitigkeit und Leistungen in verschiedenen kulturellen Disziplinen besticht", wie das Filmfest es formuliert. Deshalb wird sie in München mit dem Margot-Hielscher-Preis ausgezeichnet.

Vielseitig ist sie in der Tat, nicht nur in der Wahl ihrer Wohn- und Aufenthaltsorte. Im Alter von 20 Jahren stand sie das erste Mal vor der Kamera, als Hauptdarstellerin in Hans-Christian Schmids Kinofilm Nach fünf im Urwald. Da war sie eigentlich noch Studentin an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule, entdeckt wurde sie aber abends beim Ausgehen, in der damals angesagten "Wunderbar". Das Schauspielstudium hat sie nie beendet, die Rollenangebote kamen auch so. Sie spielte in Kinoerfolgen wie Bin ich schön oder Anatomie, nahm Hit-Singles auf und bekam einen Filmpreis nach dem anderen.

Schauspielerin Franka Potente stellt ihr Regie-Debüt "Home" vor. Sie wird in München mit dem Margot-Hielscher-Preis geehrt.

Auch Robin Wright hat Regie geführt, ihr Premierenfilm heißt "Abseits des Lebens". Den Cinemerit Award wird die US-Amerikanerin digital entgegennehmen.

Eine Filmfest-Hommage bekommt die mehrfach preisgekrönte polnische Regisseurin Małgorzata Szumowska.

Auch Senta Berger wird persönlich anwesend sein. Die Schauspielerin wird mit dem Cinemerit-Award des Filmfests geehrt.

Zum Star wurde sie 1998, als Titelheldin in Tom Tykwers Pop-Phänomen Lola rennt. Auch die US-Kinos stürmte die rothaarige Lola, so wurde Hollywood auf die Lehrertochter aus dem Münsterland aufmerksam. Sie spielte mit Superstars wie Matt Damon oder Johnny Depp, gründete in Amerika eine Familie, spielte in Serien mit, schrieb Bücher und führte bei einem Stummfilm Regie. In Deutschland sah man sie dagegen immer seltener.

Das wird sich jetzt ändern: Home ist eine deutsche Produktion, die in einer kalifornischen Kleinstadt spielt, zu großen Teilen aber in Köln und Düsseldorf gedreht wurde. Es geht um einen Mann (Jake McLaughlin) mit rotgefärbten Haaren, der nach 20-jährigem Gefängnisaufenthalt in seine Heimatstadt zurückkehrt. Franka Potente schrieb das Drehbuch und führte Regie, vor der Kamera ist sie nicht zu sehen. Ob das ihr zukünftiger Weg ist, wird sie dem Münchner Publikum vielleicht erzählen: Die Preisverleihung findet am Dienstagabend, 6. Juli, statt, als Open-Air-Veranstaltung bei "Kino am Olympiasee".

Ebenfalls als Schauspielerin bekannt geworden ist die Amerikanerin Robin Wright, die in Forrest Gump Tom Hanks küsste und im Serien-Welterfolg House Of Cards als Präsidentengattin mindestens so niederträchtig war wie ihr Partner Kevin Spacey. Auch sie hat zum ersten Mal bei einem Spielfilm Regie geführt, auch sie wird dafür ausgezeichnet: Abseits des Lebens ist die Geschichte einer Frau, die sich in die Einsamkeit der Rocky Mountains zurückzieht. Robin Wright hat auch die Hauptrolle übernommen, nach München kommen kann sie derzeit nicht. Der Film wird am Freitagabend, 2. Juli, im Pop-up-Sommerkino im Hof der HFF gezeigt, die Schauspielerin und Regisseurin wird digital zugeschaltet und den Cinemerit-Award verliehen bekommen.

Denselben Preis erhält auch Senta Berger, doch die in München lebende Schauspielerin kann ihn persönlich entgegennehmen: am Sonntagabend, 4. Juli, bei "Kino am Olympiasee". Berger steht seit vielen Jahrzehnten vor der Kamera, sie drehte in Deutschland, Italien und Amerika, gezeigt wird am Preisverleihungsabend der von ihrem Sohn Simon Verhoeven geschriebene und inszenierte Kinohit Willkommen bei den Hartmanns (2016).

2019 gab es Kritik am Filmfest, weil die Ehrenpreise allesamt an Männer gingen, an Antonio Banderas, Ralph Fiennes und Louis Garrel. Dieses Mal ist alles sehr viel weiblicher: Auch die Hommage wird einer Frau gewidmet, der Regisseurin und Drehbuchautorin Małgorzata Szumowska. Die Polin ist Stammgast bei den Filmfestivals in Berlin, Venedig oder Locarno, in München wird ihr neuer Film Der Masseur gezeigt. Darin geht es um einen schönen Unbekannten, dessen Hände heilen und dessen Augen tief in die Seelen einsamer Frauen blicken können. Am Freitag, 9. Juli, wird der Film im Institut français unter freiem Himmel aufgeführt, Szumowska wird persönlich anwesend sein.

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SZ vom 01.07.2021
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