Münchner Momente:Ein Wochenende ohne Fernseher ist möglich, aber sinnlos

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Münchner Momente: Früher blieb der Fernseher öfter einmal aus.

Früher blieb der Fernseher öfter einmal aus.

(Foto: imago/imagebroker)

Wenn übers Wochenende Fernsehen und Wlan ausfallen, ist plötzlich die Rückbesinnung auf alte Rituale gefragt.

Glosse von Joachim Mölter

Natürlich gibt niemand zu, dass er das Internet kaputtgemacht hat. Der Hausmeister nicht, der grundsätzlich nicht weiß, wie dieses Interdings funktioniert, also auch nicht, wie er es hätte ausknipsen können. Der Elektriker nicht, der am Freitagnachmittag erst im Keller bohrt und dann Feierabend macht, als ihn ein Nachbar darauf anspricht, dass bei ihm gerade das Fernsehen ausgefallen ist. Eine Leitung angebohrt? Er? Auf gar keinen Fall!

Und am Kabel-Dienstleister kann's auch nicht liegen: Der macht ebenfalls auf unschuldig, als ihm ein anderer Nachbar meldet, dass offensichtlich auch die Internetverbindung gekappt ist. Eine Störung? Echt jetzt? Na, dann schaun mer mal - bis morgen Abend. Vorher geht sowieso nichts wegen Fachkräftemangel. Und wenn sich die Dinge bis dahin nicht von selbst repariert haben, ist erst einmal Wochenende. Da kann man nix machen.

Es ist nur ein kleiner Cut in einem Münchner Keller, kein so gravierender Hack wie neulich auf einer Frankfurter Baustelle, wo ein Baggerführer ein fünf Meter tief vergrabenes Kabel der Telekom durchtrennt und damit noch auf dem weit entfernten Flughafen Frankfurt den Betrieb lahmgelegt hatte, immerhin Deutschlands verkehrsreichstem Airport. Aber für die über dem Münchner Keller wohnende Menschheit ist es ein großer Einschnitt: ein freies Wochenende, frei von Fernsehen und Internet. Da ist man quasi abgeschnitten von der Außenwelt. Puh! Was jetzt?

Wenn das herkömmliche TV nicht läuft, kann man ja umschalten auf Netflix und dort eine Serie.... Oh nein, kann man nicht; dafür braucht's ein funktionierendes Internet. Musik hören, via Spotify? Vergiss es! Wetter checken für einen Ausflug? Nur durchs Fenster! Beim Lieferdienst bestellen, Online-Banking, Homeoffice, irgendwas googeln? Geht alles nicht. Dazu die erschreckende Erkenntnis, dass selbst ein Wlan, ein kabelloses Netzwerk also, irgendwo an einem Kabel hängt. Also Hotspot auf dem Smartphone freigeben und alle Geräte über Mobilfunk laufen lassen? Verschlingt in kürzester Zeit das gebuchte Datenvolumen. Lieber sparen, für den Notfall.

Ein Moment der Besinnung, ehe Panik ausbricht: In der vor-digitalen Zeit hat man sich ja auch beschäftigen können. Also dann: Im Wohnzimmerregal stehen Bücher fürs Kopfkino, daneben wartet der Schallplattenspieler auf einen Einsatz, und beim Musik-Angebot mischt sich diesmal kein Algorithmus ein. Selbst Schafkopfen kann man ohne App, wenn man sich an einen Tisch zusammensetzt. Erstaunlich, was alles geht ohne Internet. Aber schon auch eine Erleichterung, wenn's wieder repariert ist.

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