Ergebnisse der Ideenwerkstatt:Wie sich der Münchner Norden verändern soll

Lesezeit: 3 Min.

Im teilweise noch landwirtschaftlich geprägten Münchner Norden sollen neue Stadtteile entstehen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Eine Woche lang saßen Experten und Bürger zusammen, um sich zu überlegen, wie die geplante Bebauung im SEM-Gebiet rund um Feldmoching aussehen könnte. Eine Ausstellung zeigt nun die Ergebnisse.

Von Patrik Stäbler

Im äußersten Norden wird die Stadt München in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ihr Gesicht drastisch verändern. Was dort genau unter dem Schlagwort Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) geschehen wird, ist zwar noch ungewiss. Doch zumindest „Visionen für den Münchner Norden“ gibt es von diesem Mittwoch an in der Stadtteilbibliothek Hasenbergl zu sehen. Dort zeigt eine Ausstellung die Ergebnisse der sogenannten Ideenwerkstatt. Bei diesem Workshop waren im November fünf Teams aus Architektinnen und Stadtplanern eine Woche lang im Fat Cat in Haidhausen zusammengesessen, um Konzepte für das Planungsgebiet zu entwickeln – unter den Augen der Bürgerinnen und Bürger.

„Aus unserer Sicht war das ein erfolgreiches Format“, sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. „Es war ein sehr direkter, sehr offener und sehr ehrlicher Dialog. Und das ist gut angekommen.“ Wobei sich allein durch das neuartige Konzept – die Ideenwerkstatt war die münchenweit erste ihrer Art – die Konflikte rund um die SEM-Nord „natürlich nicht in Luft auflösen“, räumt Merk ein.

Schließlich weiß sie nur zu gut, wie groß in weiten Teilen Feldmochings der Widerstand gegen die „geplante Zerstörung der Landschaft“ ist, vor der etwa das Bündnis München-Nord warnt. Dieser Zusammenschluss mehrerer Bürgerinitiativen und Gruppierungen hat während der Ideenwerkstatt zu einer Protestaktion bei der Bürgerversammlung für den Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl aufgerufen. Und tatsächlich strömten circa 1000 Menschen zu der Veranstaltung, um ihrem Unmut Luft zu machen.

Lautstarke Widerworte sind auch beim Informationsabend im Nachgang der Ausstellung zu erwarten – am 19. März in der Nelson-Mandela-Schule nahe dem U-Bahnhof Dülferstraße. Sämtliche Kritik, Anregungen und Wünsche, die dort zur Sprache kommen, würden anschließend an ein Expertengremium weitergeleitet, kündigt Elisabeth Merk an.

Diesem Komitee gehören nicht nur Vertreterinnen und Vertreter von Stadtrat und Bezirksausschuss an, sondern auch Architekten, Stadt- und Verkehrsplanerinnen. Am 1. April soll das Gremium zusammenkommen, um über die Konzepte der fünf Planungsteams zu diskutieren und danach Empfehlungen für deren Überarbeitung auszusprechen. In der Folge wird sich der Stadtrat mit den Ergebnissen der Ideenwerkstatt beschäftigen. „Und mein Wunsch ist es“, sagt Merk, „dass das noch vor der Sommerpause geschieht.“

Um konkrete Zahlen, wie viele Menschen in den Neubaugebieten der SEM-Nord eine Heimat finden oder wie viele Wohnungen und Arbeitsplätze dort entstehen könnten, wird es im Stadtrat freilich noch nicht gehen. Vielmehr habe die Ideenwerkstatt ausloten sollen, „was dort grundsätzlich möglich wäre“, so die Stadtbaurätin. Entsprechend wenige Vorgaben bekamen die Planungsteams an die Hand. Allein das 900 Hektar große Untersuchungsgebiet sowie sechs sogenannte Teilräume für mögliche Neubauquartiere standen fest: Neben Feldmoching-Nord und Feldmoching-West im Anschluss an die bestehende Bebauung waren dies die Gebiete Fasanerie Nord und Östlich Schrederwiesen sowie jenseits der Autobahn Feldmoching-Nordwest und Östlich Siedlung Ludwigsfeld.

(Foto: SZ-Grafik)

Mit dieser Vorgabe gingen die Teams durchaus unterschiedlich um, wie sich nun in der Ausstellung mit den Ergebnissen zeigt. So sehen einige Konzepte etwa von einer Siedlung an den Schrederwiesen ab, während andere dort eine Nachverdichtung planen. Als Schwerpunkte für größere Neubauquartiere werden zumeist die Gebiete Feldmoching-Nord und -West gesehen, aber auch das Areal Ludwigsfeld an der A 99.

Auffällig am Konzept des Teams Adept ist eine „Parkmeile Drei-Seen-Platte“ – ein durchgängiger Erholungsraum zwischen Lerchenauer See, Fasaneriesee und Feldmochinger See. Derweil legt das Team ArgeEcho einen Fokus auf die bestehende Landwirtschaft und wie diese erhalten und umgebaut werden kann. Dem Team City Förster schwebt ein „Grünes Forum“ vor, das neue Siedlungen, Landwirtschaft und Erholungsräume miteinander verbindet.

In puncto Verkehr setzt man hier – so wie in den meisten Konzepten – auf die Verlängerung bestehender Trambahnen sowie auf Busse und Radschnellwege. Und während das Team Nordcamp die Vision einer „Städtebaulich-Landwirtschaftlichen Entwicklungsmaßnahme“ vorschlägt, setzt das Team StadtLandAkrobaten auf drei Siedlungsschwerpunkte: ein dichter bebautes Feldmoching-Nord, ein kleineres Quartier „Am Mühlbach“ sowie nördlich der Fasanerie das „Fasanenfeld“.

Allen fünf Konzepten ist gemein, dass sie sich intensiv mit der Frage des hohen Grundwasserpegels in dem Gebiet auseinandersetzen. Dass dies ein entscheidender Aspekt der Planung sein müsse, sei eine zentrale Erkenntnis der Ideenwerkstatt, sagt Elisabeth Merk. Wobei die Kritikerinnen und Kritiker der SEM-Nord schon seit Beginn der Planungen auf die Problematik des hohen Grundwassers hinweisen.

Im Weiteren fürchten sie laut dem Bündnis München-Nord eine allzu massive Bebauung, die Verdrängung landwirtschaftlicher Betriebe sowie die Zerstörung von Grünflächen und Frischluftschneisen. Das Konzept der Ideenwerkstatt hat das Bündnis München-Nord von Beginn an als „scheindemokratische Bürgerbeteiligung“ abgelehnt. Demgegenüber betont Arne Lorz vom Planungsreferat: „Die Ideenwerkstatt hat eine Form von Transparenz reingebracht. Wir haben hier einen neuen Schritt gewagt, und das ist ein guter Schritt gewesen.“

Die Ausstellung zu den Ergebnissen der Ideenwerkstatt zum Münchner Norden läuft von 5. bis 15. März in der Stadtteilbibliothek Hasenbergl (Blodigstraße 4). Die Öffnungszeiten sind dienstags bis freitags von 10 bis 19 Uhr sowie samstags bis 15 Uhr. Ein Informationsabend zu den Ergebnissen der Ideenwerkstatt findet am Mittwoch,  19. März, um 18 Uhr in der Städtischen Nelson-Mandela-Berufsoberschule statt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Altbau in München
:Eine Wohnung, die zu teuer ist, um nur darin zu leben

Stephanie Thatenhorst hat mit ihren zwei Söhnen eine riesige Altbauwohnung in einem Schwabinger Jugendstilhaus. Eigentlich unbezahlbar - aber die Münchner Innenarchitektin hatte da eine Idee.

SZ PlusVon Ana Maria März und Florian Peljak

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: