FC Bayern:Nur fast volle Hütte

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Gedrängel am Einlass: Nach eineinhalb Jahren Corona-Beschränkung hätten erstmals wieder 75 000 Menschen in die Arena gedurft. 60 000 kamen zum Heimspiel des FC-Bayern München gegen die TSG Hoffenheim. (Foto: Robert Haas)

Zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren darf die Arena des FC Bayern an diesem Wochenende wieder voll besetzt werden - doch es kamen 15 000 Personen weniger als erlaubt. Wie war die Rückkehr der Fans?

Von Tom Soyer

Wenn in Münchens U-Bahnhöfen am Samstagmittag die Anzeigetafeln wieder vor "Beeinträchtigungen und erhöhtem Fahrgastaufkommen wegen eines Fußballspiels in Fröttmaning" warnen, weiß man: Die Bundesliga-Kicker des FC Bayern München haben ein Heimspiel in der Arena - und die Fans dürfen nach eineinhalb Jahren pandemiebedingter Einschränkung nun wieder in Massen dorthin strömen. Wer mit der U6 unterwegs ist, sieht sich an diesem Samstag umringt von roten Schals und hört wechselweise das Anstoßen mit Bierflaschen und wilde Fan-Gesänge in ungeahnt eng gewordenen Waggons. Und trotzdem: Die Menschen sind glücklich und genießen das.

Christian Barner aus Trudering zum Beispiel, der mit seinen acht und neun Jahre alten Söhnen zum Heimspiel gegen Hoffenheim fährt. Barner stammt aus Köln und ist seit 1981 Bayern-Fan. Das hat er in seiner Heimat durchgehalten, bis es ihn vor ein paar Jahren beruflich nach München verschlagen hat zu einer Hydraulik-Firma. Heute darf Anton, der jüngere Sohn, erstmals in die Arena - und die Vorbereitung hätte nicht besser laufen können: Ein Trikot (Lewandowski) hat er heute, an seinem achten Geburtstag, bekommen, und beim Fußballspiel des TSV Trudering hat Anton am Morgen schon mit einem Kopfballtor zum 3:1-Sieg gegen den SV Anzing beigetragen. Anzing, das sagt Fußballfreunden etwas. Anzing ist die angestammte Heimat der FC-Bayern-Torwart-Legende Sepp Maier.

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Manches bei den Barners kreist um ihren Lieblingsverein. Die beiden Jungs, die für den TSV Trudering stürmen, sind Mitglieder beim Kids-Club des FCB. Und als der Papa vom Rhein in den Süden wechselte, landete er beim Lieferanten einer nicht ganz unbedeutenden Requisite: "Wir haben die Klappe in der Arena gemacht." Jenen Deckel, der sich gleich öffnen wird, wenn die Profis aus den Katakomben auf den Fröttmaninger Arena-Rasen kommen.

Begeisterte Bayern-Fans: Anton, Christian und Paul Barner (v. li.) aus Trudering vor der Fröttmaninger Arena. (Foto: Tom Soyer)

Jahrelang habe er seine Kundendienst-Kollegen beneidet um den beliebtesten Job in der ganzen Firma. Denn falls die Hydraulik doch mal versagt hätte, habe immer ein Techniker für den manuellen Betrieb bereit gestanden. Früher. "Aber die ist nie kaputtgegangen, natürlich", sagt Barner, und dann entschwindet das Trio durch die Kontrollen ins Stadion.

"Lang scho koa so a Feeling mehr ghabt!", jubelt später Hans-Peter Heusserer, der mit Frau Barbara und drei Kindern aus dem österreichischen Eibiswald (Steiermark) angereist ist. Sohn Leonhard, dessen Kumpel Fabio und Tochter Luisa sitzen in roten Shirts mit riesigem Bayern-Emblem in der Arena und freuen sich total, dass sie ihren München-Trip so krönen können. Ihr Wohnwagen steht auf dem Campingplatz Thalkirchen - und ihr Herz schlägt für die Bayern.

"Lang scho koa so a Feeling mehr ghabt!", jubelt Hans-Peter Heusserer, der mit seiner Frau Barbara, Sohn Leonhard, Tochter Luisa und Freund Fabio (vorne rechts) aus der Steiermark angereist ist. Der Besuch in der Arena ist für sie der Höhepunkt eines München-Trips mit Wohnwagen. (Foto: Tom Soyer)

Sie sind fünf von insgesamt dann doch "nur" 60 000 Besuchern in der Arena. 75 000 hätten - erstmals - wieder hineingedurft. Stadionsprecher Stephan Lehmann versucht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er in dieser Durchsage ans Publikum lieber mit mehr Euphorie ein volles Haus bejubelt hätte - und begrüßt vor allem die immer singende, immer bebende Südkurve mit den FC-Bayern-Ultras herzlich. Die haben vor dem Spiel unten in den Lagerräumen mit der Aufschrift "Arbeitskreis Fandialog" endlich mal wieder all ihre Fahnenstangen und Riesentrommeln abgeholt, um auf der Tribüne Stimmung zu machen. Im Stadion entfesseln die Hardcore-Bayern dann einen mächtigen Anfeuerungs-Schallpegel.

Auch Georg Welke goutiert das. Er kommt aus Landau in der Pfalz und war 15 Jahre lang Dauerkartenbesitzer bei den "Roten Teufeln" am Betzenberg, hat sich aber enttäuscht vom 1. FC Kaiserslautern abgewandt ("war ja net zum Aushalten") und ist nun Bayern-Fan. Mit dem richtigen Zahnarzt. Der ist heute verhindert und hat Welke seine VIP-Karte fürs Spiel geschenkt. Allerdings nicht, weil Welke so emsiger Zahnkunde wäre, sondern weil sie sich vom Stammtisch kennen.

In der Arena schallen immer wieder Rufe nach den "Super-Bayern, Super-Bayern, hey-hey-hey", vier Tore fallen gegen Hoffenheim. Die Stimmung ist gut, aber im weiten Stadionrund noch nicht am Anschlag. Die obersten Tribünenränge bleiben frei, da geht noch mehr. Bei der Zuschauerzahl und bei der Emotion.

Aber für Hatiçe Kalmaz, die mit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an mehreren Kiosken in der Arena Bratwürste und Getränke für die Fans bereithält, könnten die Freude und Zufriedenheit nach diesem Match nicht größer sein. Eineinhalb Jahre lang war der Laden zu, endlich verdienen ihre Leute wieder Geld, und sie ebenso. Seit 2005 ist sie in der Arena mit ihren Betrieben. Das erwartungsgemäße 4:0 gegen Hoffenheim sichert den Bayern die Tabellenspitze. Und ihr und ihrem Personal überraschend viel gute Hoffnung.

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