Prozess in München:Gericht verbietet Fake-Bewertungen

  • Das Landgericht München hat entschieden, dass gekaufte Fake-Bewertungen im Internet rechtswidrig sind.
  • Ein Reiseportal hatte gegen eine Firma geklagt, die erfundene Rezensionen an Hotels verkauft hatte.
  • Die Firma muss jetzt dafür sorgen, dass die Fake-Bewertungen gelöscht werden. Außerdem muss sie dem Urlaubsportal sagen, von wem die erfundenen Bewertungen stammten.

Gekaufte Fake-Bewertungen im Internet sind rechtswidrig, das hat das Münchner Landgericht am Donnerstag entschieden. Das Urteil hat Signalcharakter: Die Richter gaben einer Klage des Reiseportals Holidaycheck statt, das sich gegen erfundene Kundenrezensionen wehrt, die eine Firma aus Südamerika an mehrere Hoteliers verkauft hatte.

Fivestar, ein Unternehmen mit Sitz im Kleinstaat Belize, darf künftig keine Bewertungen mehr von Menschen verkaufen, die nicht tatsächlich in dem betreffenden Hotel oder Ferienhaus übernachtet haben. Damit nicht genug: Die Firma muss zum einen dafür Sorge tragen, dass die bisherigen Fake-Bewertungen gelöscht werden - und dem Urlaubsportal, das zum Medienkonzern Burda gehört, zum anderen Auskunft darüber geben, von wem die erfundenen Bewertungen stammten.

Zielgruppe von Fivestar sind Firmen, die ihre Umsätze durch positive Bewertungen aufbessern wollen. "Durch Fivestar erhalten Sie hochwertige Rezensionen Ihrer Produkte, Ihrer Dienstleistungen oder Ihres Shops", wirbt Fivestar auf der eigenen Webseite. Gekaufte Amazon-Bewertungen sind mit einem Preis ab 19,40 am teuersten, Bewertungen kann die Kundschaft aber auch für Google, Facebook oder Arbeitgeber-Bewertungsportale kaufen - im Paket billiger. Fivestar warb in der Vergangenheit damit, dass Spitzenbewertungen verkauft werden, hat diesen Hinweis aber mittlerweile gestrichen.

Die Aktivitäten von Fivestar sind auch anderen Online-Konzernen aufgefallen. Der US-Konzern Amazon ist ebenfalls sehr darauf bedacht, Fake-Bewertungen einen Riegel vorzuschieben. In Deutschland habe Amazon ein Dutzend Gerichtsentscheidungen gegen Unternehmen erwirkt, die Bewertungen verkaufen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. "Unter anderem haben wir zwei einstweilige Verfügungen gegen Fivestar Marketing erreicht, von denen eine bereits durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde."

Fivestar nutzt keine Computerautomaten, sondern heuert freie Mitarbeiter an

Die Geschäftspraxis von Fivestar unterscheidet sich von anderen Bewertungsfirmen, die bei Fake-Rezensionen im Internet auf automatisierte Verfahren setzen. "Nach unseren Schätzungen sind mehr als 90 Prozent der nicht authentischen Bewertungen computergeneriert", sagte der Amazon-Sprecher. "Wir arbeiten mit Prüfteams und automatisierten Systemen, um unechten Rezensionen vorzubeugen, sie aufzuspüren und Maßnahmen gegen die Betreiber dieses Missbrauchs zu ergreifen." Fivestar nutzt dagegen keine Computerautomaten, sondern heuert freie Mitarbeiter an.

In dem aktuellen Münchner Fall verbietet das Landgericht Fivestar nicht generell, Bewertungen auf Holidaycheck zu verkaufen - verboten sind jedoch Rezensionen von Fivestar-Bewertern, "die das Hotel nie von außen, geschweige denn von innen gesehen haben", wie der Vorsitzende Richter Gawinski formulierte.

Die Entscheidung erging als genanntes Versäumnisurteil. Trotz Ladung war kein Vertreter von Fivestar zur Verhandlung erschienen. Die Firma hat sich kürzlich umbenannt und die Rechtsform geändert, von Fivestar Marketing UG in Fivestar AG bR, wie der Richter vortrug. Der alte Geschäftsführer ist nicht mehr Geschäftsführer, ein neuer ist im Handelsregister nicht eingetragen. Das wird Fivestar aber nicht helfen, den Ansprüchen von Holidaycheck zu entgehen. "Das ist wie eine Geschlechtsumwandlung", sagte Gawinski zur neuen Rechtsform. "Das bedeutet nicht, dass es die Firma nicht mehr trifft."

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