Fahrschulen in München:Stau vor der Führerscheinprüfung

Fahrschulen in München: Tamara führt mit ihren Eltern Mira und Mario Krajina die Fahrschule Tavini.

Tamara führt mit ihren Eltern Mira und Mario Krajina die Fahrschule Tavini.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Viele Führerschein-Aspiranten können den praktischen Test nur mit großen Verzögerungen ablegen. Der TÜV sieht als Ursache vor allem die lange Lockdown-Zeit.

Von Tiana Zoric

Die Betreiber vieler Münchner Fahrschulen sind ziemlich frustriert: Hunderte Fahrschülerinnen und Fahrschüler warten auf ihre praktischen Prüfungen, doch gerade mal ein Bruchteil kann sie auch zeitnah ablegen. Die Gründe für die Verzögerung sind vielfältig, ein baldiges Ende des Prüfungsstaus ist nicht absehbar.

Mehr als 50 Fahrschüler der Fahrschule Tavini warten derzeit auf einen Prüfungstermin. 60 Schüler könnten sie im Monat zur Prüfung schicken, doch momentan gibt es nur zehn Termine. Wer dann auch noch durch die Prüfung fällt, wartet unter Umständen vier Monate auf die Zweitprüfung. "Normalerweise musste man nur vier Wochen auf einen Termin warten", sagt Tamara Krajina. Für sie als Prüfungskoordinatorin der Fahrschule Tavini sei die Situation "eine absolute Katastrophe".

Seit März 2019 betreibt ihr Vater Mario die Fahrschule. Doch in der gesamten Zeit sei die Situation nicht so schlimm gewesen, wie momentan, sagt Krajina. Während die Zahl der Neuanmeldungen vor dem ersten Lockdown noch zwischen 30 und 40 lag, explodierte sie im Sommer darauf. "Wir hatten 85 Neuanmeldungen im Juni und Juli", sagt Krajina. Zu viele für die noch junge Fahrschule mit ihren zwei Filialen in München und Freising. Mittlerweile haben sich die Neuanmeldungen auf 50 pro Monat eingependelt. Doch die Nachfrage wird seit Corona nicht weniger. "Viele unserer Schüler wollen nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren", sagt Krajina. Eine ihrer Schülerinnen arbeite in der Pflege. Normalerweise fahre sie mit dem Bus zur Arbeit, doch seit Corona sei ihr das Infektionsrisiko dort zu hoch.

Fahrschulen galten während der Lockdowns nicht als systemrelevant und mussten geschlossen bleiben. Der gesamte Betrieb lag still, außer für Lkw-Prüfungen. Schülerinnen und Schüler, deren Ausbildungszeit in einen der Lockdowns fiel, mussten auf ihre Fahrprüfungen warten, sagt Krajina. Die Wartelisten der Fahrschule wurden länger, wann die Schüler endlich ihre Führerscheine bekommen, ist nicht absehbar. Während die Zahl der wartenden Prüflinge stieg, nahmen auch die Neuanmeldungen zu. Sowohl für Fahrlehrer als auch -schüler eine schwierige Situation. "Das Ganze geht nicht nur ins Geld, sondern kostet auch Kraft und Motivation", sagt Krajina.

Auch Christian Krieger kämpft mit dem Prüfungsstau. Einen Tag, bevor die Fahrschulen das erste Mal schließen mussten, gründete er mit seinem Geschäftspartner Markus Häge die Fahrschule Drive X. Beide hatten die Betriebe ihrer Väter übernommen und sich zusammengeschlossen. Nun betreiben die beiden sechs Filialen, fünf davon in München. Für Krieger ist die momentane Situation geschäftsgefährdend: "Wir können seit ein paar Monaten keine Neukunden mehr annehmen." Erst einmal müssten die bereits von ihnen ausgebildeten Fahrschüler fertig werden, doch langsam mangele es auch an der Motivation der Lehrer, wenn keine Prüfung in Sicht ist, sagt er.

Fahrschulen in München: Christian Krieger gehört die Fahrschule Drive X.

Christian Krieger gehört die Fahrschule Drive X.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Zu den aufgestauten Prüfungen komme auch die verlängerte Prüfzeit hinzu. Zum 1. Januar 2021 wurde der Zeitraum von 45 auf 55 Minuten verlängert. Während somit früher zehn Prüfungen an einem Tag möglich waren, können nun nur noch neun stattfinden. "Doch das eigentliche Problem liegt beim TÜV", sagt Krieger. Für die verlängerten Prüfungszeiträume könne die Prüfstelle nichts, doch sei der Prüfermangel enorm. "Es gehen immer mehr Prüfer in Rente und weniger kommen nach. Also gibt es auch weniger Termine", sagt er.

In der Freisinger Filiale der Fahrschule Tavini gebe es dieses Phänomen nicht, sagt Tamara Krajina. "Dort bleibt eher mal ein Prüftermin frei." Fahrschüler aus München dürfen die praktische Prüfung jedoch nicht einfach in einem anderen Landkreis ablegen. Wer durch die Prüfung fällt, muss warten und weiter Fahrstunden machen. "Der Corona-Führerschein ist einfach teurer, dauert länger und ist anspruchsvoller", sagt Krajina. Für Peter Kopeczek war das Problem bereits seit Längerem absehbar. Corona habe es, wie so vieles andere auch, einfach nur beschleunigt, sagt er. "Den Prüfermangel gab es auch schon vor der Pandemie, jetzt kam nur eines zum anderen." Für ihn ist vor allem die wachsende Einwohnerzahl Münchens ein Grund für den Führerscheinboom, andererseits führten die veralteten Anforderungen an Fahrprüfer zu einem Personalmangel. "Wer Prüfer werden will, muss Ingenieur sein", erklärt Kopeczek, "aber wer will denn nach seinem Studium einfach nur Fahrprüfungen abnehmen?" Für ihn seien diese Anforderungen nicht verhältnismäßig: "Das kommt noch aus einer alten Zeit, als nur Ingenieure Autos reparieren konnten." Schuld am Prüfungsstau seien in erster Linie die ersten beiden Lockdowns, sagt ein TÜV-Sprecher. In dieser Zeit seien keine Schüler ausgebildet und somit auch nicht geprüft worden. Deshalb seien neue Prüfer angestellt und zusätzliche Termine an Samstagen eingerichtet worden.

Die Situation sei dennoch zermürbend, klagt Kopeczek. "Wenn heute jemand durch die Motorradprüfung fällt, kann der neue Termin erst im nächsten Jahr stattfinden.

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