Süddeutsche Zeitung

Saisonstart:Das Lastenrad wird zur Familienkutsche

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Die großen werden größer, die elektrischen leichter: Der "Fahrrad-Frühling" im Verkehrszentrum des Deutschen Museums stellt die Trends der Branche vor.

Von Thomas Becker

76 Millionen Fahrräder sind auf Deutschlands Straßen und Radwegen unterwegs, und es sind beileibe nicht alles E-Bikes. Rund 60 Millionen werden noch per pedes angetrieben. Und wenn man den Veranstaltern des "Fahrrad-Frühlings" im Verkehrszentrum des Deutschen Museums glauben darf, nähern sich die angetriebene und die sich selbst antreibende Radwelt einander an.

Moderator Gunnar Fehlau vom "Pressedienst Fahrrad" spricht von einer "Gleichzeitigkeit der Trends", will sagen: E-Bikes gibt's jetzt auch in leicht. Ein Musterbeispiel für diese Entwicklung hört auf den Namen "UBN Five", ist für 4899 Euro zu haben, kann mit seinen vergleichsweise federleichten 20 Kilo aber auch mal über die Kellertreppe ans Tageslicht gewuchtet werden, ohne dass man sich einen Bruch hebt.

Dass Mountainbikes und E-Mountainbikes nicht länger zwei völlig verschiedene Paar Stiefel sind, wird an einem Modell wie dem "Path Riot Ltd" deutlich: Das ist sowohl analog als auch motorisiert zu haben (ab 7500 Euro) und weist dank Mini-Akku kaum Gewichtsunterschiede auf.

Eine neue Fahrzeugkategorie ist entstanden, wo es früher das sogenannte Lastenrad gab. Wer heute ein Trumm wie den "FS 200 Life Family" entert, sitzt nicht nur auf einem gepolsterten Sattel, sondern an der Schnittstelle zwischen Fahrrad und Auto. Wer 8290 Euro und mehr investiert, hat sozusagen die Verkehrswende vor der Haustür stehen.

Wie schwer der Brummer wiegt, ist Moderator Fehlau zufolge eigentlich irrelevant, weil in jedem Gramm Funktion verbaut wurde, zum Beispiel Fußrasten, damit die lieben Kleinen leichter einsteigen können, sowie Fußmatten im geschäumten und gepolsterten Innenraum. "Das ist eigentlich kein Fahrrad mehr", sagt Fehlau, "es fährt sich auch nicht mehr wie ein Fahrrad."

Ähnliches gilt für den "Multithinker", einen 5699 Euro teuren Kindertransporter, "der Golf Kombi" (O-Ton Fehlau) unter den Lastenrädern. Personen bis 65 Kilo dürfen hier hinter dem Strampler Platz nehmen, rechts und links sind riesige Taschen für einen ganzen Wocheneinkauf aufklappbar.

Der neueste Schrei in Sachen Speedpedelecs ist im Gegensatz zu Belgien und der Schweiz hierzulande noch kaum verbreitet: die "Speedmachine S-Pedelec", die mit maximal 45 Kilometern pro Stunde Unterstützung im Tiefflug daherkommt. Um das futuristisch anmutende Liegerad lenken zu können, sei aber laut Fehlau schon "eine gewisse zivilisatorische Reife nötig". Man müsse Fahrradfahren neu lernen, habe dann aber auch einen Heidenspaß.

Beim Fahrradklau hört der Spaß dagegen auf. Längst gibt es hier auch digitale Lösungen: Der Bluetooth-Finder "Scout" kann an den Ösen des Trinkflaschenhalters befestigt werden. Auch per App können geklaute E-Bikes getrackt und auch sozusagen abgesperrt werden: indem die Motorfunktion blockiert wird.

Technologisch anspruchsvoll und schön nachhaltig sind auch die Radlerhose "Yara", die aus recycelten Alt-Reifen besteht, sowie Pflegemittel wie "Bike Wash", die ohne Lösungsmittel auskommen. Und für die berühmte letzte Meile kommt immer öfter der gute alte Roller zum Einsatz, zum Beispiel der "Speedus One" für schmale 169 Euro. Sie muss nicht teuer sein, die neue Mobilität.

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