Süddeutsche Zeitung

Extinction Rebellion:Klimaaktivisten dringen in Münchner Büro ein

Sitzblockaden und Demonstrationen hätten nicht genügend Wirkung entfaltet, so die Klimaschutz-Gruppe. Die Polizei beendet die Aktion in den Räumen des Wirtschaftsbeirats Bayern nach etwa einer halben Stunde.

Von Jakob Wetzel

Sie haben sich in der Vergangenheit auf Straßen gesetzt, an Glasfassaden geklebt oder auch an Eingängen festgekettet; am Mittwochvormittag haben sich nun sechs Aktivistinnen und Aktivisten der Klimaschutz-Gruppe Extinction Rebellion erstmals in München Zutritt zu einem Büro verschafft. Gegen zehn Uhr besetzten sie die Räume des Wirtschaftsbeirats Bayern im Kunstblock an der Ottostraße und hängten ein Transparent mit der Aufschrift "Hier sitzt die Klimaschmutzlobby" aus dem Fenster.

Eine Rednerin forderte per Megafon "Klimagerechtigkeit statt Spezlwirtschaft". Gut ein Dutzend weitere Aktivisten demonstrierten zudem auf dem Gehweg vor dem Haus. Die Polizei beendete die Aktion nach etwa einer halben Stunde. Laut Polizei warten auf die sechs Aktivisten, die in das Büro eingedrungen sind, nun Anzeigen wegen Hausfriedensbruch.

Die Klimaschutz-Aktivisten hatten sich zuvor bewusst entschieden, ihren Protest zu steigern. Sitzblockaden und Demonstrationen hätten nicht genügend Wirkung entfaltet, sagte die Aktivistin und Meeresbiologin Susanne Egli. Deshalb gehe man nun einen Schritt weiter. Extinction Rebellion wolle sich in Deutschland generell verstärkt mit Lobbyverbänden auseinandersetzen, sagte eine andere Aktivistin. Man wolle gegen die unverhältnismäßig starke Einflussnahme kapitalistischer Firmen protestieren, denn deren Macht repräsentiere nicht den Querschnitt der Gesellschaft.

Auf einem Flyer, den die Aktivisten verteilten, kritisieren sie, der Wirtschaftsbeirat Bayern sei eng mit der CSU verbunden und vertrete nicht repräsentativ die bayerische Wirtschaft, sondern verschaffe wenigen großen Firmen viel Einfluss. Zudem erschwere er durch seine Lobbyarbeit effektiven Klimaschutz.

Der Wirtschaftsbeirat Bayern, 1948 als Wirtschaftsbeirat der Union gegründet, sieht sich selbst als politisch unabhängiges Forum für den Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Ein Sprecher des Wirtschaftsbeirats wollte den Protest nicht kommentieren. Die Behauptung, ein Lobbyverband für Großunternehmen zu sein, wies er aber zurück. Der Beirat stehe für "offene, faire wirtschafts- und gesellschaftspolitische Diskussionen", sagte er. Und zu den etwa 1900 Mitgliedern gehörten neben kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen auch unter anderem Gründer, Wissenschaftler und Medienvertreter. Der Beirat sei offen für jede faire Debatte.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2021/kafe
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