European Championships in München:Security-Mitarbeiter zeigt israelischen Sportlern den Hitlergruß

European Championships in München: Judenhass am Mahnmal für die Opfer des Attentats von 1972: Ein Security-Mitarbeiter der European Championships hat israelischen Sportlern den Hitlergruß gezeigt.

Judenhass am Mahnmal für die Opfer des Attentats von 1972: Ein Security-Mitarbeiter der European Championships hat israelischen Sportlern den Hitlergruß gezeigt.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Delegation war unterwegs zu Gedenkorten für das von Palästinensern verübte Olympia-Massaker von 1972. Die Generalstaatsanwaltschaft will die Ermittlungen übernehmen.

Von Martin Bernstein

Israelische Teilnehmer an den European Championships sind am Dienstagabend Ziel eines antisemitischen Übergriffs geworden. Ein arabischstämmiger Security-Mitarbeiter zeigte den Hitlergruß in Richtung von 16 Sportlerinnen und Sportlern sowie Funktionären, die im Olympiagelände unterwegs waren, um Gedenkorte an das vor 50 Jahren verübte Massaker zu besuchen.

Der Vorfall ereignete sich um 19.20 Uhr auf der Hanns-Braun-Brücke, die das Olympiastadion mit dem Olympischen Dorf verbindet - und damit in unmittelbarer Nachbarschaft für das Mahnmal "Klagebalken", das dort an die 1972 ermordeten israelischen Sportler erinnert. Die Generalstaatsanwaltschaft München ist eingeschaltet, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, Antisemitismus-Beauftragter der bayerischen Justiz, will den Fall übernehmen.

Einer der Polizisten, die die durch ihre Sportkleidung erkennbare israelische Delegation auf dem Weg zum Mahnmal beschützten, bemerkte den antisemitischen Vorfall. Tatverdächtig ist ein 19 Jahre alter gebürtiger Berliner, der einen arabischen Namen trägt und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Gegen ihn wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Paragraf 86a des Strafgesetzbuches sieht dafür Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Der Mann war zuvor noch nicht polizeiauffällig gewesen. Drei Kollegen des Tatverdächtigen haben sich laut Polizei nach bisherigem Ermittlungsstand nichts zuschulden kommen lassen, die Organisatoren der European Championships reagierten aber sofort und schlossen alle vier Mitarbeiter der Berliner Sicherheitsfirma von den noch bis Sonntag dauernden Spielen aus.

Mehrere Gedenkorte im Olympiapark erinnern an die Opfer des Attentats

Münchens Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) verurteilte den Vorfall am Mittwoch scharf: "Die Nachricht, dass Mitglieder der israelischen Mannschaft gestern Abend im Münchner Olympiapark Ziel eines antisemitischen Übergriffs wurden, ist unerträglich und macht mich wütend." Sie versprach, sich auch persönlich dafür einzusetzen, dass der Vorfall lückenlos aufgearbeitet werde. "Antisemitismus in jeder Form werden wir auch weiterhin entschieden entgegentreten."

Zusätzliche Brisanz erhält der Vorfall vom Dienstag durch die antisemitischen Äußerungen des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas am selben Tag im Kanzleramt. Bei einer Pressekonferenz hatte sich der Staatsgast auf Nachfrage nicht für den Terroranschlag während der Spiele von 1972 entschuldigt, sondern die Shoah relativiert und die israelische Politik mit dem Holocaust gleichgesetzt.

Im Olympiapark erinnern mehrere Gedenkorte an die elf israelischen Opfer des von der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" am 5. September 1972 verübten Anschlags. Auf dem 1995 vom Landshuter Bildhauer Fritz Koenig geschaffenen "Klagebalken" aus Granit sind die Namen Mosche Weinberg, Yossef Romano, Zeev Friedman, David Mark Berger, Yakov Springer, Eliezer Halfin, Yossef Gutfreund, Kehat Shorr, Mark Slavin, André Spitzer und Amitzur Schapira in hebräischen Buchstaben eingraviert, der des bayerischen Polizisten Anton Fliegerbauer, der beim Befreiungsversuch in Fürstenfeldbruck ums Leben kam, in lateinischer Schrift.

Ein "Einschnitt" genannter Erinnerungsort für die Opfer des Anschlags wurde 200 Meter von der Brücke entfernt vor fünf Jahren eingeweiht. Am Tatort in der Conollystraße, dem einstigen Quartier der israelischen Sportler, erinnert lediglich eine Steintafel an die Opfer. Sie "starben eines gewaltsamen Todes", heißt es da, ohne die Verantwortlichen für die Morde zu benennen.

An den Wettbewerben der European Championships beteiligen sich 72 israelische Sportlerinnen und Sportler. Nach dem Goldmedaillengewinn des israelischen Marathon-Teams erklang am Montag 50 Jahre nach dem Münchner Anschlag die israelische Nationalhymne Hatikwa zu Ehren der siegreichen Läufer auf dem Odeonsplatz. "Was für ein unbeschreiblicher Moment!", twitterte das israelische Generalkonsulat.

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