Europawahl 2024:Die ersten Erkenntnisse aus den Münchner Ergebnissen

Bürgermeister Dominik Krause (Mitte) und Stadtvorsitzende Svenja Jarchow bei der Bekanntgabe der bundesweiten Prognose um 18 Uhr. (Foto: Florian Peljak)
  • Erstmals seit sieben Jahren rangiert die CSU wieder vor den Grünen.
  • Die Grünen verlieren fast acht Prozentpunkte.
  • Die Wahlbeteiligung steigt auf 67,3 Prozent.
  • Die AfD stellt künftig den einzigen Münchner Abgeordneten im Europa-Parlament.
  • Die wichtigsten Informationen zur Stimmabgabe im Überblick.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Wichtige Updates

München hat gewählt - aber was bedeutet das Ergebnis?

Ein historischer Tag für viele Jugendliche

Wahlbeteiligung höher als bei Europawahl 2019

Was Wählerinnen und Wähler beachten müssen

David Costanzo
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München wird wieder schwarz: Grüne verlieren Spitzenposition an die CSU

Das Endergebnis ist da, alle 788 Wahllokale sind ausgezählt. Die CSU wird mit 27,1 Prozent erstmals seit sieben Jahren wieder stärkste Partei in der Stadt, sogar mit einem leichten Zugewinn von 0,1 Punkten. Die Grünen verlieren siebeneinhalb Punkte auf 23,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung steigt von 65,4 auf 67,3 Prozent. Hier die Ergebnisse der größten Parteien im Überblick:


David Costanzo
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Und damit beenden wir unseren Liveticker für heute. Herzlichen Dank für Ihr Interesse!
David Costanzo
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Die grüne Erfolgswelle bricht

Jahrelang eilten die Grünen in München von Erfolg zu Erfolg. Die Europawahl zeigt: Sie müssen sich jetzt auch hier mehr anstrengen, kommentiert unser Rathaus-Reporter Joachim Mölter.
David Costanzo
David Costanzo

Fünf Erkenntnisse aus den Münchner Ergebnissen der Europawahl

  • Die Europawahl hat in der Stadt so viele Wählerinnen und Wähler mobilisiert wie noch nie. Die Beteiligung erreicht 67,3 Prozent und übertrifft damit sogar die von 2019 um fast zwei Punkte. 2004 waren es nur 38,9 Prozent, bei der Premiere 1979 55,1 Prozent. In diesem Jahr durften erstmals auch mehr als 20 000 16- und 17-Jährige abstimmen.
  • Die CSU gewinnt in 16 der 25 Stadtbezirke und nimmt den Grünen fünf Viertel ab: Altstadt-Lehel, Schwabing-Freimann, Milbertshofen-Am Hart, Laim und Sendling-Westpark.
  • Die größten Gewinner sind vor allem zwei kleine Parteien: Das Bündnis Sahra Wagenknecht erreicht ohne Parteistruktur in der Stadt aus dem Stand 3,5 Prozent - deutlich mehr als die Linke mit 2,3 Prozent. Und die junge, europafreundliche Gruppierung Volt, die auch einen Stadtrat im Münchner Rathaus stellt, kann ihr Ergebnis auf 5,8 Prozent mehr als verdoppeln.
  • Neben den Grünen, die aber immer noch ihr zweitbestes Ergebnis bei einer Europawahl erzielen, zählt auch die ÖDP zu den Verlierern: Die Öko-Partei mit drei Sitzen im Stadtrat halbiert sich fast auf 2,0 Prozent.
  • Eine Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner stimmt per Briefwahl ab - 56,5 Prozent oder  360 335 Wählerinnen und Wähler.  9972 Menschen haben laut Statistischem Amt zwar einen Wahlschein beantragt, mit diesem dann aber doch im Wahllokal abgestimmt.  Bei der AfD klaffen die Ergebnisse bei der Briefwahl und im Wahllokal am deutlichsten auseinander: Während die Partei bei der Briefwahl 9,0 Prozent erzielt, sind es im Wahllokal nur 4,9 Prozent.

David Costanzo
David Costanzo

AfD stellt künftig einzigen Münchner Abgeordneten im Europa-Parlament

Petr Bystron ist Gründungsmitglied der Partei. Als Kandidat für die Europawahl geriet er vor allem durch Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Geldwäsche in den Fokus, berichtet meine Kollegin Ulrike Heidenreich (SZ Plus).
Sebastian Krass
Sebastian Krass

Erste Nachrückerin aus München?

Auf der CSU-Wahlparty macht die Runde, dass man statt der zunächst erwarteten sechs Sitze im EU-Parlament nun wohl sogar sieben ergattern werde. Das ist auch aus Münchner Sicht von Bedeutung. Damit nämlich wäre die hiesige Kandidatin Tina Pickert, die auf Platz acht der Liste steht, erste Nachrückerin, wenn in den nächsten fünf Jahren jemand von der CSU aus dem Europa-Parlament ausscheidet. Das könnte, so erzählen es einige hier, etwa eintreten, wenn nächstes Jahr jemand Richtung Bundestag schielt. Zu solchen Spekulationen will Pickert sich im Detail nicht äußern. Aber sie sagt: "Man weiß nie, was in den nächsten fünf Jahren passiert."
Sebastian Krass
Sebastian Krass

Münchner CSU sieht sich im Aufwind

Um kurz vor halb neun stehen drei freudestrahlende CSU-Stadträte auf der Wahlparty zusammen: Michael Dzeba, Sebastian Schall und Jens Luther. "Wir sind jetzt in München mehr als drei Prozentpunkte vor den Grünen. Das Ergebnis ist grandios", sagt Schall. "Jetzt muss es ganz klar unser Ziel sein, bei der nächsten Kommunalwahl 2026 wieder stärkste Fraktion im Stadtrat zu werden, der Trend geht jedenfalls dahin." 
Luther hält das für "reell erreichbar", auch weil man aus der Opposition heraus gute Arbeit mache. Dzeba betont, dass man ja auch "konstruktiv mit den Regierungsfraktionen zusammenarbeite". Und Dzeba ist beim Blick auf das Münchner Ergebnis noch etwas anderes sehr wichtig: Bundesweit hat sie AfD zu diesem Zeitpunkt etwa 16 Prozent, in München nur knapp sieben Prozent. "Da sind wir genial, im Vergleich zum ganzen Land."
Drei CSU-Stadträte freuen sich über das Wahlergebnis: Sebastian Schall, Michael Dzeba und Jens Luther.
Drei CSU-Stadträte freuen sich über das Wahlergebnis: Sebastian Schall, Michael Dzeba und Jens Luther. Sebastian Krass
David Costanzo
David Costanzo

Der erste Stadtbezirk ist durch

In Obergiesing-Fasangarten im Münchner Süden waren die Wahlhelferinnen und -helfer besonders schnell. Sie melden als erster Stadtbezirk: Alles ausgezählt! Von den 31 505 Berechtigten haben 20 540 ihr Kreuzchen gemacht - das entspricht einer Beteiligung von 65,2 Prozent.
Die Ergebnisse der größeren Parteien:
  • CSU 22,1% +0,7
  • GRÜNE 25,5% -8,4
  • SPD 12,0% +0,4
  • AfD 7,3% +0,9
  • FREIE WÄHLER 2,5% -0,2
  • FDP 5,0% +0,8
  • ÖDP 2,2% -1,7
  • DIE LINKE 3,0% -1,1
  • Die PARTEI 3,5% -0,1
  • Tierschutzpartei 1,3% +0,1
  • Volt 6,7% +4,5
Bernd Kastner

Freie Wähler tun sich schwer mit der Großstadt

Michael Piazolo ist zufrieden. Der frühere Kultusminister ist München-Chef der Freien Wähler und freut sich, dass sich in seiner Stadt das Ergebnis von 2019 ziemlich genau wiederholen dürfte: 2,4 Prozent sind es gegen 20 Uhr. In Bayern und im Bund haben die FW leicht zugelegt. „Ein respektables Ergebnis“ sei das. Dass die Zahlen in München für die bayerische Regierungspartei mager sind, begründet Piazolo mit – München. In Großstädten täten sich die Freien Wähler immer schwerer als auf dem Land. Außerdem habe man für den Wahlkampf nicht viel Geld gehabt. Also, sagt Piazolo, wolle er „nicht jammern“. 
Joachim Mölter

Münchner SPD atmet auf: Keine Verluste

„Wir sind Kanzlerpartei, wir stellen den Oberbürgermeister – da können wir mit den rund zwölf Prozent nicht zufrieden sein“, resümiert Münchens SPD-Chef Christian Köning, als sich die Ergebnisse in der Landeshauptstadt am Abend zunehmend verfestigen. Dass die Sozialdemokraten im Vergleich zu Grünen und SPD wenigstens nicht mit Verlusten rechnen müssen (2019 kamen sie auf 11,4 Prozent), führt er auf einen „engagierten Wahlkampf“ seiner Partei in der Stadt zurück. Dass die Rosenheimerin Maria Noichl vermutlich erneut ins Europa-Parlament einzieht, „als einzige Abgeordnete aus Bayern links von der Mitte“, verbuchte Köning in diesem Kontext auch als kleinen Erfolg der Münchner SPD.
Die Münchner SPD begeht im Café Magali im Erdgeschoss der Parteizentrale den Wahlabend.
Die Münchner SPD begeht im Café Magali im Erdgeschoss der Parteizentrale den Wahlabend. Florian Peljak
Sebastian Krass
Sebastian Krass

"Grüne Party irgendwann vorbei"

Hans Theiss ist auf dem Weg aus dem Saal, in dem die CSU-Wahlparty stattfindet, nach draußen in den Garten der Parteizentrale, wo die Luft frischer ist. Da hält ihm Sebastian Schall, Theiss' Fraktionskollege aus dem Stadtrat, das Handy hin, dort laufen die ersten Zwischenergebnisse für München ein: Die CSU verliert zwar leicht gegenüber der Europawahl 2019, aber sie liegt etwa drei Punkte vor den Grünen, die dramatisch verlieren. 
"Es freut mich, dass wir - wenn es so bleibt - wieder stärkste politische Kraft in München sind, nachdem wir vor ein paar Monaten bei der Landtagswahl noch knapp dahinter lagen", sagt Theiss, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und Mitglied des Stadtvorstands der CSU. "Das liegt an unserer guten Arbeit über alle politischen Ebenen. Und es ist ein Zeichen, dass die grüne Party irgendwann vorbei ist." Die Wähler merkten, dass die grüne Realpolitik ihnen nicht das bietet, was sie sich erhofft haben, ergänzt Theiss. "Die Grünen entzaubern sich auf Bundesebene."
Hans Theiss, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und Mitglied des Stadtvorstands der CSU.
Hans Theiss, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und Mitglied des Stadtvorstands der CSU. Sebastian Krass
David Costanzo
David Costanzo

CSU im Zwischenergebnis deutlich vor Grünen

Mittlerweile ist mehr als die Hälfte der Stimmen ausgezählt - und der Trend verfestigt sich. Die CSU rangiert etwa drei bis vier Punkte vor den Grünen und könnte der Öko-Partei trotz leichter eigener Verluste den Rang als stärkste politische Kraft in der Stadt ablaufen - zumindest bei der Europawahl. Das gab es zuletzt vor sieben Jahren: Nach der Bundestagswahl 2017 erreichten stets die Grünen den Spitzenplatz. Diesmal rutschen sie um gut acht Prozentpunkte ab.
Heiner Effern
Heiner Effern

Münchner Grüne verlieren drastisch

Dass es so heftig kommen würde, das hätten die Grünen in München selbst nach den bitteren Ergebnissen im Bund und im Freistaat nicht geglaubt. Um die minus acht bis neun Prozentpunkte zeigt die Zahlentafel des Wahlamts, als schon mehr als die Hälfte der Stimmkreise ausgewertet sind. Und das trotz einer hohen Wahlbeteiligung. "Das kann nicht zufriedenstellend sein", sagt die Stadtvorsitzende Svenja Jarchow. Sogar die Position als stärkste Partei in München ist weg, obwohl auch die CSU um kurz vor 20 Uhr Verluste verzeichnet.
In einer ersten Analyse vermutet die Stadtvorsitzende, dass viele Wähler an Kleinstparteien verloren gegangen sein könnten. Für diese gibt es bei der Europawahl keine Prozenthürde wie bei Bundestags- oder Landtagswahlen. "Die haben natürlich vor allem in Großstädten plakatiert." Keine der anderen großen Parteien hätte jedenfalls von den Verlusten der Grünen sichtbar profitiert. "Ich sehe keinen Trend, dass die krass durchgestartet sind."
Joachim Mölter

Aufatmen beim Münchner SPD-Chef

Christian Köning hat erstmal aufgeatmet, als das erste Zwischenergebnis aus dem hiesigen Wahlamt bekannt wurde, um viertel nach sieben. In München sieht es da für die SPD entgegen Bundes- und Landestrend nach einem leichten Plus im Vergleich zu den 11,4 Prozent bei der Europawahl 2019 aus. Dennoch: „Das ist bei Weitem nicht unser Anspruch“, sagte Köning. Als Kanzlerpartei könne die SPD mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein, „auch in München nicht“. Dass der Abwärtstrend gestoppt sei, nahm er als positives Signal für die nächste Kommunalwahl 2026.

Für unseren Liveticker verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

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