Vor ein paar Tagen ging in Erlangen der 21. Internationale Comic-Salon zu Ende, der mit mehr als 30000 Besuchern, so heißt es, der bislang meistbesuchte war. Zum Programm gehörte wie immer die Verleihung der Max und Moritz-Preise, von denen gleich drei in die Schweiz gingen. Außerdem gab es wie gewohnt zahlreiche Ausstellungen. Ein paar davon sind weiterhin zu sehen. Dazu gehört eine dem französischen Zeichner Joann Sfar gewidmete und noch bis September laufende Werkschau im Erlanger Stadtmuseum. Im Kunstmuseum wird noch bis zum 7. Juli die Ausstellung „Katzenjammer Kids – Der älteste Comic der Welt“ gezeigt. Und im Aktions- und Schauraum des Comicmuseums Erlangen gibt es bis zum 27. Juli einen Überblick über deutschsprachige Mangas.
Um das alles zu sehen, muss man aber raus aus München. Somit wäre das eine Idee für einen lohnenswerten Tagestrip. Und wenn man schon mal draußen ist: Im H2 im Glaspalast in Augsburg läuft noch bis zum 14. Juli eine Werkschau von André Butzer. Der gebürtige Stuttgarter ist zwar kein Comic-Künstler, sondern nennt sich „Science-Fiction-Expressionist“. Aber die niedlichen Riesenköpfe mit ihren großen Augen ohne Wimpern auf seinen Bildern sind unter anderem von Walt Disney inspiriert. Dass er sich auch für die Reinkarnation von Edward Munch hält, das ist so eine andere, komische Sache. Lustig anzuschauen sind seine recht hoch gehandelten Bilder allemal. Einen Zyklus von 27 Papierwerken hat Butzer extra für die Ausstellung geschaffen.
Wer Papier und Comics mag, kann das aber tatsächlich auch in München haben. Und zwar im Instituto Cervantes, das unter dem Titel „Entschuldige, ich rede gerade“ vom 12. Juni an autobiografische Comics von mehr als 30 spanischen Frauen zeigt. Darunter sind Seiten aus Büchern, Fanzines oder Zeitschriften. Zu den Themen gehören Gesundheit, Arbeit, LGBTIQ-Identitäten, familiäre und historische Traumata. Manche Geschichten sind fiktionalisiert, andere semi-autobiografisch oder journalistisch. Die eigenen Gefühle oder Gedanken sichtbar zu machen, darum geht es all diesen Künstlerinnen. Und sie nutzen dafür den Comic als Verbreitungsmedium, so wie es bereits um 1600 die Druckgrafik für Hendrick Goltzius und Peter Paul Rubens war.
Was läuft im Kino?:Nach dem Film ist vor dem Film
Im Juni haben die Kinos jede Menge zu bieten, unter anderem Werke über Ballkünstler, Braumeister oder Berliner Aktivistinnen.
Mit ihren Drucken lieferten die beiden flämischen Barock-Künstler „Höchstleistungen in Grafik und Selbstvermarktung“ ab, wie es im Ankündigungstext zur Ausstellung „Careers By Design – Hendrick Goltzius & Peter Paul Rubens“ heißt. Die ist vom 13. Juni an in der Staatlichen Graphischen Sammlung der Pinakothek der Moderne zu sehen. Präsentiert wird darin aus dem reichen eigenen Bestand eine Auswahl von 140 Drucken. Parallel dazu werden „Case Studies on Rubens“ des zeitgenössischen Zeichners Slawomir Elsner gezeigt. Dass sich Elsner virtuos mit Werken „alter Meister“ auseinanderzusetzen weiß, war vor ein paar Monaten in der Galerie Rüdiger Schöttle zu erleben.
„Alle Bilder sind abstrakt, also von der Welt abgetrennt.“ So noch einmal ein Zitat von André Butzer. Womit wir beim nächsten großen Thema in der Pinakothek der Moderne wären. Dort werden vom 14. Juni an unter dem Titel „Walk The Line“ in sechs Sälen sechs verschiedene Wege in die Abstraktion aufgezeigt. Die Werke dafür stammen unter anderem aus der Sammlung van de Loo, der Sammlung Goetz sowie dem eigenen Bestand. Und präsentiert werden unter anderen Werke der japanischen Künstlergruppe Gutai und der Münchner Künstlergruppen Spur und ZEN 49.
Wer wissen will, was heutige Münchner Künstler machen: Vom 21. bis 23. Juni finden wieder die Domagk-Ateliertage statt, mit offenen Ateliers, Ausstellungen, Führungen, Gesprächen, Aktionen und Musik.
Auch im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten stellt unter dem Titel „Intervall & Zufall“ vom 21. Juni an mit Alligator Gozaimasu ein ganzes Kollektiv aus. Um das Münchner Kernteam um Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller hat sich hier ein internationaler, interdisziplinärer Kosmos ausgebildet. Beseelt vom DIY-Gedanken und mit Mut zum Trash wurden gemeinsam Konzerte, Alben und Performances gemacht. Bei der Ausstellung soll es nun darum gehen, wie man im Angesicht von vielen Krisen die Zusammenarbeit lebendig hält.
Ob vielleicht auch Banksy in Wahrheit ein ganzes Streetart-Kollektiv ist? Der Mythos „Banksy“ jedenfalls, er lebt. Aktuelles Beispiel: „House of Banksy“ in der ehemaligen Galeria Kaufhof am Stachus. Eine „unauthorisierte Ausstellung“, die es in ähnlicher Form schon 2021 im Forum am Deutschen Museum gab. Zur Eröffnung am 13. Juni hat sich mit Simone Ballack oder Harold Faltermayer allerhand Prominenz angekündigt. Obwohl es dort nur „originalgetreu reproduzierte“ Werke gibt. Aber egal, auch Druckgrafiken und Comics leben ja vom Reproduzieren. Und was diese Höchstleistung an Vermarktung betrifft: Goltzius und Rubens wären auf Banksy sicherlich ganz neidisch.