Süddeutsche Zeitung

Finanzielle Unterstützung:Stadt will Geringverdienern bei Energiekosten helfen

Die Erhöhung von Hartz IV fällt marginal aus, Wohngeld erhalten nur wenige. Die München-Pass-Berechtigten bekommen aber unbürokratisch wenigstens einen einmaligen Zuschuss.

Von Sven Loerzer

Schon im Herbst hatte die Caritas befürchtet, dass es angesichts der explodierenden Energiepreise zu hohen Nachzahlungen, Stromschulden und Stromsperrungen wegen unbezahlter Rechnungen kommen wird. Beratung suchen nun bereits erste Betroffene, weil sich ihre Abschlagszahlung erhöht, nachdem ihr bisheriger Versorger die Belieferung eingestellt hat und sie nun auf die Grundversorgung angewiesen sind. "Wir rechnen mit weiter zunehmender Nachfrage", sagt Sabine Schuster, Caritas-Fachreferentin für soziale Arbeit.

Auch mit den Jahresrechnungen, die nach und nach verschickt werden, drohten vielen Haushalten mit geringem Einkommen "böse Überraschungen". Denn trotz steigender Strompreise werden die Abschlagszahlungen erst nach der Jahresrechnung erhöht. In vielen Haushalten sei aber das Budget "auf Kante genäht". Nach zwei Jahren Pandemie, in denen die Caritas schon eine steigende Nachfrage in der Schuldner- und der Sozialberatung verzeichne, kämen dann steigende Energiepreise und Inflation noch "on top".

Der bundesweit festgesetzte Hartz-IV-Regelsatz ist zum Jahresanfang aber nur um drei Euro auf 449 Euro monatlich für Alleinstehende gestiegen. Nach Angaben des Sozialreferats ist damit der für die Stromkosten enthaltene Anteil von rund 36 Euro monatlich gerade einmal um 25 Cent angewachsen. "Der Betrag deckt nicht die realen Kosten", sagt Sabine Schuster. Gerade Menschen, die längerfristig auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, bringt das in Schwierigkeiten, weil sie nicht einfach bei anderen Ausgabenposten sparen könnten.

Vom Heizkostenzuschuss der Berliner Koalition werden nur sehr wenige Münchner profitieren

Die rund 70 000 Münchnerinnen und Münchner, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, und die etwa 20 000 Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung treffen wenigstens die steigenden Heizkosten in der Regel nicht. Sofern sich die Ausgaben dafür in angemessener Höhe bewegen, werden sie vom Jobcenter und dem Sozialamt zusätzlich zum Regelsatz übernommen. Wer allerdings keinen Anspruch auf eine dieser beiden staatlichen Unterstützungsleistungen hat und dennoch nur ein geringes Einkommen, muss allein sehen, wie er zurecht kommt.

Von dem Heizkostenzuschuss, den die Berliner Koalition plant, werden in München jedenfalls nur sehr wenige Menschen profitieren. Denn bislang ist nach einem Entwurf des neuen Wohnungsministeriums nur ein Zuschuss für Wohngeldbezieher vorgesehen. In München waren das 2020 gerade mal etwas mehr als 4000. Demnach würden Alleinlebende 135 Euro einmaligen Zuschuss bekommen, Zwei-Personen-Haushalte 175 Euro, für jeden weiteren Mitbewohner sind 35 Euro vorgesehen.

Wesentlich mehr Menschen mit geringem Einkommen dürften von der freiwilligen Leistung profitieren, die jetzt das Stadtratsplenum vor allem auf Betreiben der SPD-/Volt-Fraktion beschlossen hat. Demnach sollen alle München-Pass-Berechtigten einen unbürokratischen und schnellen Energiekostenzuschuss erhalten können, sofern der Gesetzgeber keine Leistung für denselben Zweck einführt. Damit könnten diejenigen, deren Einkommen unter der Armutsgrenze (1350 Euro für Alleinstehende) liegt, dann ab 1. Juli 2022 bis 1. Juli 2023 von der Stadt einen Zuschuss in Höhe von maximal 50 Euro für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte und maximal 100 Euro für Haushalte mit drei oder mehr Personen beantragen. Eine Hilfe für sie ist aber auch der kostenlose Stromspar-Check für Geringverdiener, wie ihn die Caritas anbietet: Im Durchschnitt konnte jeder 2020 beratene Haushalt dadurch 213 Kilowattstunden Strom einsparen.

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