Unsere Saunameister wissen ihr Handtuch zu schwingen. Doch ihre in Gummistrümpfen steckenden Beine sehen verwelkt aus, und auf ihren Köpfen arbeiten sich einzelne Haare wie durch Riesenkondome ans Licht. Doch was soll's? Man ist schließlich nicht zum Spaß da, sondern um die eigene Monstrosität zu erkunden. Also nichts wie raus aus den Klamotten, "von der Alltagsethik ablassen" und "Körper und Geist etwas Gutes tun"!
Das junge Elle Kollektiv, beheimatet am Ammersee und spezialisiert auf etwas, was Elisabeth-Marie Leistikow, Luis Lüps und Louis Panizza "immersives Dorftheater" nennen, hat im Pathos zur General(üb)erholung geladen und einen originellen Weg gefunden, der Bestie Mensch den Spiegel vorzuhalten. Das ausliegende Arbeitsbuch zu "King Kong - Ein dystopisches Theater Spa" jongliert gekonnt mit dem Jargon der Wellness- und Optimierungsprediger. Doch während die Performer uns "Cucumber refreshment boosts" (vulgo: Gurken) oder prickelnde Kopfmassagen angedeihen lassen, zischen sie ihr blechernes "Entspannen Sie sich!" zwischen gefletschten Zähnen hervor. Und das ist noch eine Untertreibung: Bis zu den Ohren haben brutale Mundspreizer ihre Grimassen gespannt. So wie man das sonst nur vom Zahnarzt oder vom Grienen der Bösewichter in Nick Parks Claymation-Filmen kennt.
Es herrscht eine irisierende Stimmung in diesem Spa-Bereich: Obwohl im eigenen Inneren dezent die Alarmglocken bimmeln, ist echte Entspannung zum Greifen nah. Dieses Teil, das einem den brettharten Trapezmuskel durchpflügt: Der Hammer! Dann wieder ist Zeit, im Kong Spa-Magazin zu schmökern (neben Badekleidung auch Brille nicht vergessen!) - und gerade wenn man sich fragt, wo das alles hinplätschern soll, wird die Entspannungsmusik von einem alarmistischen Film-Soundtrack abgelöst und der Saunagang naht.
Was man in dem Zelt im Hof erlebt, in dem es zwischen Karton-Hochhäusern qualmt und kreischt, hängt ganz von einem selbst ab. Während einem viele Theatermacher mit Anliegen die Fakten nur so um die Ohren hauen, geht es an diesem Abend erstaunlich demokratisch zu. So wie man selbst entscheidet, ob man die Hosen anbehält oder in den Whirlpool steigt, darf man auch in Louis Panizzas liebevoll möblierter Installation frei wählen, wie viel Content und Kontext man sich einverleibt. Alles ist möglich: Wie ein neugieriges Kind dahin zu spähen, wo es laut oder bunt ist, wie King Kong durch New York zu spazieren und sich an den Auswüchsen der menschlichen Dummheit, Gier und Zerstörungswut zu entsetzen, oder kulturkritische Texte von Wolfram Lodz und Virginie Despentes zu lesen. Manchmal muss man sich bücken und um die Ecke schauen, um alles zu sehen. Das ist symptomatisch für diesen Abend, der einen nicht frontal, sondern hintenrum erwischt. Danach gibt es Sektchen. Und im Glückskeks zum Abschied steckt das wohl berühmteste Zitat aus allen King Kong-Filmen. Nur umgedreht: "It wasn't beauty. It was the damn f+++ airplanes killed the beast."
Noch bis Sonntag, tägliche Slots um 18.00, 19.20 und 20.40 Uhr, Karten über eventbrite.de