Begrünungsprojekt in Schwabing:Auf dem Elisabethplatz droht neuer Ärger

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Der Bereich, auf dem derzeit noch die Container des ehemaligen Interimsmarktes stehen, soll die Oase Elisabethmarkt vergrößern. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Elisabethmarkt soll eine Flanierzone bekommen. Doch dafür müsste die Arcisstraße in einem Abschnitt gesperrt werden – ganz zum Unmut mancher Anwohner. Wird das  Konzept zu einem zweiten Fall Weißenburger Straße?

Von Ellen Draxel

Quirlig geht es zu auf dem Schwabinger Elisabethplatz. Seit der neue Markt vergangenen September eröffnet wurde, herrscht reger Betrieb. Auch in der angrenzenden Grünfläche: Kinder toben auf dem Spielplatz, Erwachsene lassen sich auf Bänken nieder und genießen eine kleine Auszeit von der Alltagshektik. „Wir haben hier inzwischen ein kleines, aber feines Naherholungsgebiet“, sagt Marktsprecher Karl Huczala schmunzelnd.

Eine Oase, die langfristig Platz dazugewinnen könnte. Im Gespräch ist, die Straße Elisabethplatz, eine Verlängerung der Arcisstraße zwischen Agnes- und Elisabethstraße, zu entsiegeln und mit Bäumen zu bepflanzen. Dieser Bereich, auf dem derzeit noch die Container des ehemaligen Interimsmarktes stehen, soll zu einer für den Verkehr gesperrten Verweil- und Flanierzone werden.

Gefordert hatte das der Bezirksausschuss bereits im Oktober 2021 in einem fraktionsübergreifenden Antrag. Voraussichtlich im Mai bekommen die in dieser Frage entscheidungsbefugten Lokalpolitiker eine Beschlussvorlage zur Umwidmung des Straßenbereichs vorgelegt. Im städtischen Mobilitätsreferat hält man die dauerhafte Sperrung dieses Straßenstücks für verkehrlich „verträglich“.

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Das allerdings sehen Anlieger ganz anders. Sie sorgen sich um die Lebensqualität in ihren Straßen, befürchten nun, dauerhaft den Lärm und die Abgase des Umgehungsverkehrs abzubekommen. An die 50 von ihnen machten ihrem Ärger in der jüngsten Sitzung des Stadtteilgremiums Luft. „Der Verkehr bei uns ist horrend“, berichtete ein Anwohner der Agnesstraße. „Ständig Stau und Gehupe.“ Er habe, ergänzte ein anderer, der an der Ecke zur Isabellastraße wohnt, wiederholt Krankenwagen gesehen, die nicht durchgekommen seien, weil Autos die Straße versperrt hätten. Und nun solle in das Haus an der Agnesstraße 1-5 auch noch ein Supermarkt einziehen, samt Anlieferung. Dazu komme eine Großbaustelle an der Isabellastraße 14, denn das Gebäude des ehemaligen Requisitenlagers des Schauspielhauses wurde verkauft und soll einem Wohnhaus weichen.

Mit den Auswirkungen einer Sperrung der Straße Elisabethplatz kennen sich die Bewohner der Agnes- und Isabellastraße seit der Inbetriebnahme des Interimsmarktes vor fünf Jahren aus, bilden die schmalen Straßen doch seitdem die einzige Durchfahrtsroute. „Ich weiß gar nicht, wie häufig ich mich hier als Verkehrseinweiser betätigt habe“, sagt Oliver Scholl. „Sollte bei uns mal ein Feuer ausbrechen, wäre das eine Katastrophe.“ Scholl ist der Initiator der Bürgerinitiative. Vor gut einer Woche hat er von den Planungen erfahren und sofort seine Nachbarn mobilisiert. „Der Schuh“, betont er, „drückt ganz gewaltig“. Am meisten ärgert die Anrainer, dass sie, die hier leben, in all den Jahren nie um ihre Meinung gefragt wurden.

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Das eint sie mit den Kritikern der seit August für Autos gesperrten Weißenburger Straße in Haidhausen. Auch diese Gegner der Umgestaltung beklagen, von der Stadt nicht in das Projekt eingebunden worden zu sein. Die Fußgängerzone zwischen Weißenburger und Pariser Platz wurde im August 2024 probeweise für ein Jahr eingerichtet, seitdem stehen sich dort Befürworter und Gegner erbittert gegenüber.

So weit soll es in Schwabing gar nicht erst kommen. „Wir suchen den Dialog“, sagt Scholl. Er persönlich habe „großes Verständnis dafür, Flächen zu entsiegeln“ – nur müssten dann sinnvolle Lösungen für alle gefunden werden.

Ein vergrößerter Fußgängerbereich käme den ansässigen Schulen zugute. (Foto: Stephan Rumpf)

Profitieren von einem Fußgängerbereich würden auf jeden Fall die beiden angrenzenden Schulen. „Die Berufsschule für Fahrzeugtechnik liegt direkt an der Straße und hat jeweils drei Klassenräume im Keller und im Erdgeschoss. Wenn da Autos vorbeifahren, ist es so laut, dass man nicht vernünftig unterrichten kann“, weiß der frühere Schulleiter und Lokalpolitiker Joe Lammers (Grüne). Auch der Direktor des Gisela-Gymnasiums, Christoph Pfaffendorf, plädiert für eine Sperrung. „Ich bin angesichts der Enge rund um die Schule froh um jeden Verkehr, der nicht stattfindet.“ Pfaffendorf äußert aber auch Verständnis für die Anwohner.

Was Händler und die Schauburg von einer Entsiegelung halten

Ebenso wie Marktsprecher Karl Huczala. „Die Nachbarn hatten ja schon den Baustellenverkehr während des Markt- und Stadtsparkassen-Neubaus, da war alles verstopft.“ Und die Händler? „Die meisten sind bei dieser Frage relativ indifferent“, sagt Huczala. Einige, vorwiegend die Gastronomen, würden eine Vergrößerung der Platzfläche begrüßen. Andere dagegen fänden es gut, die Straße Elisabethplatz künftig wieder als Autostrecke nutzen zu können, der Anlieferung wegen. Zwar soll die Anlieferung des Elisabethmarktes dauerhaft über die Nordendstraße erfolgen, doch es gibt auch eine kleine oberirdische Anlieferzone an der Arcisstraße. Wichtig wären allen Händlern aber vor allem Kurzparkplätze rund um den Markt. „Weil wir viele Kunden haben, die von außerhalb kommen.“

Positiv fände man eine langfristige Platzvergrößerung auch bei der Schauburg, dem Theater für Kinder und Jugendliche. „Der Elisabethplatz ist ein wichtiger ,Dritter Ort’ im Stadtteil“, sagt Intendantin Andrea Gronemeyer. „Die Verkehrsberuhigung erhöht die Aufenthaltsqualität und schafft bessere Voraussetzungen für Veranstaltungen. Unser Angebot ,Schauburg unter Bäumen’ profitierte von der größeren Ruhe.“ Das Theater hat wiederholt Festivals auf dem Elisabethplatz veranstaltet, mit großem Erfolg.

Im Herbst sollen die Container des Interimsmarktes abgebaut werden, weiß Lokalpolitikerin Undine Schmidt (Grüne). Votiert der Bezirksausschuss für die Platzerweiterung, könnten danach, ähnlich wie in der Weißenburger Straße, temporär zunächst Pflanztröge und Sitzmobiliar aufgestellt werden. Zwei Jahre später wären dann eine mittelfristige Entsiegelung und Baumpflanzungen machbar. Bevor das Stadtteilgremium entscheidet, sollen aber die Anwohner eingebunden werden.

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