Anpacken und einfach machen, „diese Hands-on-Mentalität steckt in mir drin“, sagt André Heuck, Gründer und Inhaber der Bio-Bäckerei Cumpanum aus Bobingen. Er steht in der Eventlocation des Haushaltswarengeschäfts Kustermann, direkt am Viktualienmarkt. Auf der Brust seines weißen Poloshirts steht „Endlich ein Brot, das glücklich macht“. Bis Ende Oktober ist der Biobäcker mit einem Pop-up-Store im Kaufhaus anzutreffen, wo er täglich frische Backwaren anbietet.
Solche Kooperationen haben Tradition bei Kustermann. Immer wieder lädt das Unternehmen Manufakturen und Betriebe auf seine Verkaufsflächen ein, gerne solche aus der Region. So will man die Geschäftspartner fördern und der Kundschaft Abwechslung und Anregung bieten.
Das machen viele Münchner Einzelhändler. Sie wollen nicht nur Waren verkaufen, sondern eine enge Beziehung zu ihren Kundinnen und Kunden aufbauen. Doch vielen fällt es schwer, eine Gemeinschaft von Fans zu begründen. Seit Corona ist es noch schwieriger geworden: Immer mehr wird digital erledigt – vom Meeting bis zum Einkauf. Um Kunden, die alles daheim vom Sofa aus bestellen können, in die analoge Welt der Münchner Geschäfte zu locken, lassen sich die Händler einiges einfallen.
Der Anspruch ist hoch. Bei solchen Veranstaltungen darf nicht das vermarktete Produkt im Vordergrund stehen, egal ob Bettdecke oder Backform. Es soll ja nicht wie eine Kaffeefahrt wirken. Vielmehr ist es Ziel, den Kunden ein ganz besonderes Erlebnis zu bieten, um so die Marke emotional aufzuladen. Wenn es gut gemacht ist, macht so ein Event Spaß – und ja, es bringt auch Umsatz.
Eine Bühne zwischen Töpfen und Pfannen
Also bekommen Heuck und seine Biobäcker eine Bühne zwischen all den teuren Töpfen und Pfannen bei Kustermann. Heuck ist auf der Insel Rügen geboren. Seine Eltern haben damals in der DDR eine private Bäckerei, was nicht selbstverständlich ist. Später geht die Familie in den Westen, gründet in Hildesheim eine Bäckerei, in der Heuck das Handwerk lernt.
Nach der Ausbildung zieht es ihn in die Ferne. Er arbeitet auf der griechischen Insel Kos in einer Patisserie, lernt in Baden-Württemberg, wie man Brezeln backt, macht mit 21 seinen Meister, geht nach Zypern ins neu eröffnete Aldiana Club Hotel und heuert schließlich im größten Casino der Welt auf Macau an. „12 000 Mitarbeiter, jeden Tag 100 000 Gäste, alles verrückt“, sagt Heuck.
Nach einem Jahr zieht es ihn zurück nach Deutschland. 2018 eröffnet er die erste eigene Backstube im schwäbischen Bobingen. Mittlerweile hat sie um die 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mehrere Filialen, auch in München.
„Wir müssen Lebensmittel herstellen, die nicht einfach nur satt machen und schön billig sind“, sagt Heuck. „Mir war klar, wenn ich eine Bäckerei gründe, muss es erstens besonders gut schmecken und zweitens muss es bio sein.“ Cumpanum arbeitet mit 14 Landwirten zusammen, die eigens für den Handwerksbetrieb Getreide in der Region anbauen. Das Korn wird von der Bennomühle in Friedberg oder der Meyermühle in Landshut vermahlen.
Die Sauerteige sind hausgemacht und handwerklich hergestellt: ohne Backmischungen, ohne technische Enzyme, ohne alles, was es nicht braucht. Und auch ohne Weizen. „Wir haben wirklich sehr einfache Zutaten. In unserem Dinkelbrot ist Dinkelvollkornmehl, Wasser und Salz. Mehr nicht“, sagt Heuck. „Ich weiß schon, das sagen alle Bäcker. Bei uns stimmt es halt.“ Er sei kein „Öko-Fuzzi“ und glaube auch nicht, dass er die Welt verändern könne. „Aber ich bin überzeugt davon, dass ich das, was ich als Unternehmer, als Mensch, als Bäcker mache, gut machen muss.“
Test auf der Wiesn:Fahrgeschäfte für die ganz Harten. Oder?
Bei manchen Fahrgeschäften auf dem Oktoberfest steigt der Puls schon beim Zuschauen. Doch wie ist es wirklich im Skyfall, Skater oder im Olympia–Looping? Wir haben mitgefilmt: Sechs Fahrten ohne Nebenwirkungen, zumindest für Sie.
Dieser Anspruch hat André Garcia überzeugt. Er ist einer von drei Geschäftsführern bei Kustermann; die anderen beiden stammen aus der Familie, die mittlerweile in siebter Generation das Unternehmen führt. „Wir suchen immer nach spannenden Unternehmen, die unsere Werte auch verkörpern, wie jetzt eben Cumpanum“, sagt Garcia. „Wir geben dem Biobäcker gerne eine Bühne, weil wir denken, dass sich unsere Gäste von dem Konzept angesprochen fühlen.“ Garcia kommt aus der Hotellerie – er sieht sich auch beim Kustermann in der Rolle des Gastgebers und nicht des Verkäufers.
„Wir müssen den Handel neu definieren. Dabei geht es natürlich auch darum, dass Shopping ein Erlebnis wird“, so Garcia. „Was das Thema Event angeht, gibt es für uns keine Grenzen.“ Ungefähr 600 Vorführungen gebe es im Jahr; an manchen Tagen fänden fünf oder sechs Veranstaltungen im Haus statt. Das seien dann nicht immer „exklusive Darbietungen“, sondern auch mal eine Fachkraft, die einen Staubsauger oder Fensterwischer präsentiert und Kunden zum Probeputzen einlädt. Es gebe vom Stammkundenfrühstück bis hin zu einer Vernissage nichts, was man nicht schon gemacht habe. „Unsere Kunden sollen immer das Gefühl haben, beim Kustermann tut sich was, dort kann ich Neues entdecken“, sagt der Geschäftsführer.
„Das ist fast schon eine richtige Sprechstunde.“
Fast kein Einzelhändler kommt heute ohne Event-Marketing aus. Der norwegische Outdoor-Spezialist Norrøna zum Beispiel lädt seine sportlichen Kunden regelmäßig zu geführten Mountainbike-Touren in den Alpen, einer Klettersteigrunde oder einer Filmpremiere im Geschäft in der Sendlinger Straße ein. Der Lego-Store organisiert Workshops für Kinder, in denen sie Spielzeug bauen können. Hugendubel veranstaltet das „Bookstock Literaturfestival“ live aus den Bavaria-Studios in München; zu verfolgen per Livestream. Ergänzend gibt es Lesungen in den Filialen. Solche Veranstaltungen haben ein klares Ziel: Sie sollen Bekanntheit, Image, Kundenbindung und letztlich den geschäftlichen Erfolg einer Marke stärken.
Auch bei Bettenrid, einem weiteren Münchner Traditionshaus, vertraut man auf das Konzept und veranstaltet regelmäßig im Januar Schlaf- und Gesundheitswochen mit kostenlosen Vorträgen und Workshops. Das Signal: Hier werden nicht Kopfkissen und Matratzen verkauft, sondern guter Schlaf. Schlafmediziner und Gehirnforscher Manuel Schabus erklärt dann beispielsweise, warum es keine gute Idee ist, am Schlaf zu sparen, und der Münchner Bäckermeister Julius Brantner erzählt, wie er trotz ungewöhnlicher Arbeitszeiten ausgeschlafen durch die Welt geht.
Stark gefragt sei jedes Jahr der Vortrag von Lilo Habersack, die sich mit dem Thema Restless Legs beschäftigt, sagt Robert Waloßek, der Geschäftsführer von Bettenrid. Offenbar gibt es viele Menschen, die nachts mit den Beinen zappeln. „Wir möchten den Kunden die Möglichkeit geben, offen über ihre Schlafprobleme zu sprechen. Das ist fast schon eine richtige Sprechstunde“, so Waloßek.
Die Veranstaltungsreihe sei keine kleine Sache, die nebenher gemacht werde. Man wolle verstehen, was sich Kunden wünschen und investiere viel Geld und ein dreiviertel Jahr Vorlaufzeit in die Veranstaltungsreihe. Die Einladungen gingen nicht nur an die Stammkundschaft, sondern würden breit gestreut und beworben.
Der Aufwand scheint sich auszuzahlen. Das Programm sei meist schnell ausgebucht. „Dann überlegt man, machen wir das jetzt größer? Nee, wir lassen das klein und fein in unserem Laden“, sagt der Geschäftsführer und betont zur Sicherheit, dass an diesen Vortragsabenden „kein Produkt verkauft wird“. Vielmehr versorgt man das Publikum mit Tipps, Tricks und Methoden, um wieder tief und fest schlafen zu können. Denn: So bequem die beste Matratze auch sein mag: Die vielleicht schönste Sache der Welt lässt sich nicht einfach kaufen.