Prozess in München:Verräterische Schmauchspuren

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Der Angeklagte soll seine Ehefrau nach 17 gemeinsamen Jahren mit einem Kopfschuss getötet haben. (Foto: dpa)

Hat ein Angeklagter seine Ehefrau getötet oder hat sie Suizid begangen? Um diese Frage zu klären, nutzt das Gericht eine mit Mehl gefüllte Waffe.

Von Susi Wimmer

Staatsanwältin Johanna Heidrich ist eine zuvorkommende und hilfsbereite Person, und so steht sie mitten im Gerichtssaal und hält dem Mann vom Landeskriminalamt (LKA) eine halbautomatische Selbstladepistole an die Schläfe. Schusskanal von links unten nach schräg oben. Es geht um die Frage, ob die im Jahr 2015 verstorbene Diana S. ( Name geändert) sich tatsächlich aus diesem Winkel selbst gerichtet haben könnte. Und es geht um ein Gutachten, das besagt, dass die Frau eine "sehr geringe Menge Schmauch" an ihren Händen hatte. Staatsanwältin Heidrich jedenfalls ist sich sicher, dass es kein Suizid war, sondern dass der Angeklagte Srecko S. seine Ehefrau im Schlafzimmer mit einem aufgesetzten Schuss in den Kopf kaltblütig hingerichtet hat, weil diese sich von ihm endgültig trennen wollte.

Norbert Riedmann, Vorsitzender der zweiten Schwurgerichtskammer am Landgericht München I, hatte extra die asservierte Tatwaffe kommen lassen, damit Ingo Zimmermann vom LKA die Funktionsweise der tschechischen Pistole demonstrieren konnte. Der gelernte Büchsenmacher und Maschinenbau-Ingenieur zeigte zunächst das leere Magazin und fragte behutsam, ob sich jemand im Gerichtssaal bedroht fühle, ehe er loslegte. Zimmermann hatte im LKA eine baugleiche Waffe mit Mehl im Inneren präpariert, um dann eine Schussabgabe mit einer Highspeed-Kamera zu filmen. So konnte er herausfinden, dass aus dem kleinen Fenster am Abzugshaken eine relativ große Staubwolke ausgeblasen wird.

Prozess am Landgericht
:Mord oder Selbstmord

Srecko S. soll seine Frau regelrecht hingerichtet haben, weil die sich von ihm trennen wollte. Der Angeklagte bestreitet das und behauptet: Diana S. habe sich selbst erschossen.

Von Susi Wimmer

Die Schmauchspuren, die an den Händen der Leiche abgenommen wurden, seien für die Menge, die bei einer Schussabgabe zu erwarten sei, "zu wenig", sagte Zimmermann. Bei Srecko S. habe man noch weniger Schmauch gefunden, lediglich zwei Partikel. Schmauchspuren, sagt der Experte, könnten abgestreift werden, wenn man etwa die Hände in die Hosentasche stecke. Durch gründliches Waschen seien sie komplett zu beseitigen. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Srecko S. sich nach der Tat lange Zeit im Bad aufgehalten habe, um sich die Hände zu waschen.

Die Verteidiger Benedikt Stehle und Adam Ahmed hatten zu Beginn der Verhandlung erklärt, dass der Tatvorwurf vollumfänglich abgestritten werde und ein Suizid vorliege. Tatsächlich war S. erst vier Jahre nach der mutmaßlichen Tat und etliche Gutachten später festgenommen worden. Srecko und Diana S. hatten fünf gemeinsame Kinder und Diana S. schrieb nach der Trennung einer Freundin, ihr Mann habe sich in ihr sechstes Kind verwandelt, er arbeite nicht, sei exzentrisch, negativ und aggressiv geworden. Sie sei nach Augsburg gezogen, "die letzten Jahre waren für mich schrecklich, ich werde nicht zu ihm zurückkehren". Sie wolle ihren Kinder "mehr bieten".

Drei Wochen vor einem Gerichtstermin, bei dem es um das Sorgerecht ging, soll Srecko S. seine Frau in Augsburg abgeholt und sie unter dem Vorwand, man könne für die Kinder am nächsten Tag einen Ausflug organisieren, in die alte Wohnung nach Haar gelockt haben. Dort soll er sie laut Anklage gezwungen haben, sich halbnackt niederzuknien, dann soll er den Lauf der Waffe gegen ihren Kopf gedrückt haben. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 20.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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