München:Drohungen von Rechten

Vortrag über Antisemitismus muss an geheimem Ort stattfinden

Von Jakob Wetzel

Aus Furcht vor Angriffen von Rechtsextremen ist am Freitag in München ein Vortrag über Antisemitismus kurzfristig an einen zunächst geheimgehaltenen Ort verlegt worden. Sicherheitsgründe hätten sie dazu bewogen, teilen die Veranstalter, das "Linke Bündnis gegen Antisemitismus München", mit. Bündnis und Referentin hätten "unzählige Drohungen" erhalten. "Wir hatten mit einem Auflauf an allen möglichen Gruppen aus dem extrem rechten Spektrum zu rechnen", erklärt eine Sprecherin des Bündnisses, dem unter anderem die Grüne Jugend München, die "Linksjugend Solid" und das Antifaschismus-Referat der Studierendenvertretung der Ludwig-Maximilians-Universität angehören. "In diesem Land sind Mord- und Gewaltandrohungen von rechts ernst zu nehmen."

Das Bündnis hatte die Journalistin Veronika Kracher eingeladen, um über "Antisemitismus und Männlichkeit bei Burschenschaften" zu sprechen. Ursprünglich sollte der Vortrag am Freitagabend im DGB-Haus an der Schwanthalerstraße stattfinden. Um nicht zur Zielscheibe zu werden, wichen Kracher und das Bündnis auf das Kafe Marat an der Thalkirchner Straße aus; über den neuen Ort informierten sie nur angemeldete Gäste. Die Strategie ging offenbar auf. Denn die Veranstaltung verlief, wie es am Abend hieß, störungsfrei. Es seien keine Personen aus dem rechten Spektrum im Saal gewesen.

Laut einem Sprecher des Bündnisses hatten sich die Drohungen in den vergangenen Tagen zugespitzt. Zunächst hätten Angehörige von Burschenschaften und Studentenverbindungen via Facebook in großer Zahl ihren Unmut über den Vortrag geäußert; dabei habe es Gewaltandrohungen gegeben. Weil Kritiker ankündigten, den Vortrag zu besuchen, wies das Bündnis darauf hin, die Veranstaltung richte sich an ein politisch links stehendes Publikum: Angehörige von Burschenschaften seien unerwünscht. Ab dem 8. Januar aber eskalierte der Protest.

Den Beginn machte ein Post in den sozialen Medien: Kracher schrieb auf Twitter, der Angriff auf den Bremer AfD-Politiker Frank Magnitz sei "die konsequente Durchführung von #NazisRaus". Zusätzlich rief sie zum Kampf gegen Rechts "mit allen Mitteln" auf. Darauf reagierte AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen: Er wies auf Facebook neben dem Schriftzug "Keine Gewalt!" auf den Vortrag in München hin und regte seine Leser dazu an, ihn zu besuchen. Die Drohungen hätten daraufhin erheblich zugenommen, heißt es aus dem linken Bündnis. Die Referentin habe Morddrohungen erhalten.

Das Bündnis solidarisiert sich mit Kracher. Ihr Twitter-Beitrag möge "nicht gerade staatstragend gewesen sein", sagt eine Sprecherin. "Aber wenn der rechte Mob zu Mord und Gewalt aufruft, stehen wir als Bündnis geschlossen hinter ihr." Das Ausmaß der Drohungen zeige "die zunehmende Normalisierung rechter Tendenzen".

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