Süddeutsche Zeitung

Zwischennutzung in der Maxvorstadt:Wie ein pinker Faden

40 Künstlerinnen und Künstler stellen in einem Haus in der Kaulbachstraße unter dem Titel "Drift" aus. Es geht um die Frage: Wie wollen wir zusammenleben?

Von Ilona Gerdom

Im Haus an der Kaulbachstraße 1a stehen fast alle Türen offen. "Wir sind sowas wie die größte WG Münchens", lacht Constanze Metzel. "Das war die Idee: Jeder kann in die Wohnung der anderen." In den Appartements in der Maxvorstadt wird aber nicht gewohnt. Stattdessen stellen hier 40 Künstlerinnen und Künstler unter dem Titel "Drift" aus. Das Thema der Zwischennutzung passt zum Ort. Es geht um Koexistenz und die Frage: Wie wollen wir zusammenleben?

Schon im Treppenhaus trifft man auf das erste Kunstwerk: Rosanna Marie Pondorfs Lichtinstallation zieht sich wie ein pinker Faden durch die drei Stockwerke plus Untergeschoss. Beinah jeder Raum wird bespielt. In Kellerabteilen laufen Filme, in Badezimmern entdeckt man Spiegelgravuren. Im ersten Stock gibt es an den Wochenenden zudem Lesungen, Workshops oder Musikveranstaltungen.

"Das ist etwas anderes als in einer Galerie", findet Initiatorin Anna Schübel. "Es gibt auch viele ortsspezifische Sachen." Was die Ausstellenden angehe, habe man "eine gute Mischung" - etwa die Hälfte sei aus München, andere aus Berlin oder Wien, aber auch internationale Positionen sind vertreten. Zu Gast ist zum Beispiel die Solidaritätsinitiative Art Auction Afghanistan - eine digitale Kunstauktion, deren Erlöse an Hilfsorganisationen in Afghanistan gehen.

Zwei Wochen soll die Zwischennutzung dauern. Für Schübel, die an der Akademie der Bildenden Künste studiert, ist es nicht die erste. Vor einem Jahr hatte sie bei einem "Akademie-Projekt" das Nachbarhaus bespielt. Danach hatte die 29-Jährige gedacht: "Man muss hier unbedingt nochmal was machen." Sie wollte einen Ort schaffen, an dem junge Künstlerinnen und Künstler "einfach mal sein können". Gerade in München sei das schwer. "Das Haus war ein Glücksfall", sagt Schübel. Zufällig hatte sie vom Leerstand erfahren und konnte den Eigentümer - eine Immobilienfirma - von der Zwischennutzung überzeugen.

Das Gebäude müsse nicht bezahlt werden, so Schübel. Mit Fördergeldern von Kulturreferat, Bezirksausschuss und Akademieverein München, könne man den Ausstellenden und Auftretenden immerhin ein kleines "Produktionsbudget" zahlen. Das Organisationsteam - Schübel, Metzel und Max Wencelides - geht dabei leer aus. "Das war alles ehrenamtlich", stellt Metzel fest. "Ich weiß gar nicht, wie viele Stunden wir hier reingesteckt haben." Am Tag der WG-Eröffnung ist die Freude größer als die Erschöpfung: "Es ist so schön, dass wir endlich alle unter einem Dach sind."

Das Haus ist bis Donnerstag, 26. Mai, donnerstags bis sonntags von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Infos zum Programm gibt es unter www.worldings.org.

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