Um das Leiden der Bäume im Frühstadium zu erkennen, muss man genau hinschauen. Denn das Eschentriebsterben beginnt in der Krone. Diese geht zuerst ein, dann wandert der zerstörerische Pilz weiter, von außen nach innen, von oben in Richtung Wurzeln. Irgendwann stirbt die befallene Esche ab, wird zum Sicherheitsrisiko und muss gefällt werden. Ein Drama, das seit etwa 15 Jahren an den Isarufern und im Hochwasserbett zwischen Museumsinsel und der Stadtgrenze bei Großhesselohe immer stärker zutage tritt. Das städtische Baureferat sieht deshalb keine andere Möglichkeit, als die erkrankten Bäume zu entfernen. In diesem Winter sollen bei so genannten Unterhaltsarbeiten im genannten Flussabschnitt exakt 601 Bäume gefällt werden, doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. 92 Prozent davon sind Eschen.
Wenn die Sägen im Baumbestand wüten, voraussichtlich in den Wochen nach dem Feiertag Heilige Drei Könige, ist wie gehabt mit einem schrillen Echo zu rechnen: Spaziergänger, Naturschützer und Uferanwohner empören sich erfahrungsgemäß über den vermeintlichen Kahlschlag, prangern an, was das Baureferat für unvermeidlich hält - fast schon ein Ritual. Um beizeiten über die Zusammenhänge aufzuklären und absehbaren Konflikten die Spitze zu nehmen, haben Mitarbeiter der Abteilungen Gartenbau und Ingenieurbau des Baureferats am Wochenende in Thalkirchen zwei Führungen veranstaltet. Die Botschaft: Das Eschentriebsterben lässt uns keine andere Wahl.
Bei der Exkursion bemühte sich der Gartenbauexperte Florian Hacker um Relativierung der vergleichsweise hohen Zahl blau markierter Bäume an den Isar-Ufern. Blau steht hier für: Freigabe zur Fällung. Bei insgesamt etwa 30 000 Bäumen mit einem Stammumfang von mehr als 30 Zentimetern, die zwischen Museumsinsel und südlicher Stadtgrenze die Ufer säumen, falle die Lichtung des Eschenbestandes nicht allzu stark ins Gewicht, sagte Hacker. Im Übrigen wüchsen laufend Bäume nach, Pappeln, Ahorne und Erlen beispielsweise. Nur in parkähnlichen Anlagen helfe man dem Ersatz gezielt nach, ansonsten überlasse die Gartenbauabteilung diese Aufgabe der Natur.
An der Isar sieht sich das Baureferat noch mit ein paar anderen Problemen konfrontiert. Wiesen müssen regelmäßig gemäht, Weidenbüsche zurückgeschnitten werden, und zwar so, dass der renaturierte Fluss nicht die Deiche unterspült. Solche Gefahren seien nicht zu unterschätzen, hieß es beim Ortstermin, immerhin sei die Isar ein alpines Gewässer, oft genug mit Hochwasserneigung. Einen besonders hartnäckigen Gegner haben die Pfleger der Flusslandschaft in einem ausbreitungsfreudigen, nicht heimischen Staudenknöterich gefunden. Der Neophyt wird im Rahmen eines Modellversuchs sogar mit Wasserdampf bekämpft - Ausgang ungewiss.
Ähnlich wie schon die Forstwirtschaft haben die städtischen Baumpfleger die Vorzüge von Totholz entdeckt. Angeschwemmte Stämme werden teilweise gezielt als "Strukturelemente" im Fluss verankert. Das erhöht die Wasserqualität und hilft den Fischen. Allzu viel Holz lässt das Baureferat ansonsten nicht gern an der Isar liegen; zu groß ist die Gefahr, dass es an abendlichen Lagerfeuern in Rauch aufgeht. Auch die Biber dürfen nicht einfach zuschlagen, wo sie wollen. Um gesunde Bäume vor den Nagern zu schützen, werden deren Stämme nach und nach hüfthoch mit Maschendraht umwickelt. "Funktioniert einwandfrei", versichern die Leute vom Baureferat.