In der Weinstraße gegenüber dem Rathaus steht neuerdings eine Kitschburg von bedrückender Hässlichkeit, aus deren Fenstern überlebensgroß die Heroen des FC Bayern platzen. Der Frauenkirche zu, gleichsam im Bayern-Hinterhaus, nisten zwei Lokalitäten des kulinarischen Großkonzerns Do & Co, der ja schon über die Fröttmaninger Arena dem FC Bayern innig verbunden ist, der Fluglinien und Weltmeisterschaften verköstigt. Schlägt nicht aber das wahre Münchner Herz für den TSV 1860, also für die Löwen? Ob die die weiß-blaue Seele des Gastes sofort erkennen, wenn sich der Löwenfreund ins Reich des roten Konkurrenten wagt?
Im Erdgeschoss geht es eher volkstümlich zu. Anders in der sich hoch edel gebärdenden Beletage. Es wage einer, zwei Minuten vor offizieller Öffnung beim Do & Co-Restaurant anzukommen! Er wird von der Schwelle gewiesen wie der Bittsteller bei der Berliner Behörde. Und noch vor dem Aperitif (kein Amuse-gueule) der Hinweis, dass man binnen zwei Stunden zu verschwinden habe. Profit will scharf getaktet sein. Beschwerden gehen um, Gäste seien trotz ungeleerter Gläser und angegessener Dessertschalen hinauskomplimentiert worden. Die Befehlsausgabe geschieht, wenn auch freundlich, schon mal nur auf Englisch, denn - huch, was sind wir international! - ein Teil des generell sehr sympathischen Personals spricht kein Deutsch.

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Sichtbeton, japanorientierte Gitter, eine Theke vor der offenen Küche. Wenn nicht in Begleitung von Damen mit zumindest angepeilten Modelmaßen, wenn nicht unübersehbar prominent - oder doch als Löwen entlarvt? -, landen Paare gerne hier. Oder im Flaschenhals des Eingangsbereichs, gefühlsmäßig auf der Eselsbank. Aber die Bedienungen überspielen das, indem sie in die Knie gehen: Sie erklären die Speisenkarte, zu der es viel zu erklären gibt, in der Hocke, auf Augenhöhe des Gastes also.

Attila Doğudan, der türkischstämmige österreichische Gründer von Do & Co, hat schon einmal eine kleine Revolution angezettelt. Dem sehr selbstbezogenen Wien, wo man immer schon und auf breiter Ebene gediegen speist, bewies einst Do & Co, dass feines Dinieren auch ohne die Traditionen der Habsburgischen Kronlande möglich ist. Das Imperium bewegt sich heute in vielerlei kulinarischen Sphären, in München soll es die sogenannte neuere japanische Küche sein.
Ein Soho Sushi Mix kostet hier 49 Euro
Der Soho Sushi Mix zu 49 Euro (ja, 49!), präsentierte sich geschmacklich als Lehrstück, von der zarten Aromatisierung des Reises, den Rollen mit Garnelen, denen mit Avocado und grünem Spargel, den vielfältigen Düften der limonigen Würze, von Lachs, Thunfisch und Bernsteinmakrele. Als Nonplusultra erwiesen sich Sashimi und Sushi Moriawase (Bei dem Fischfilet auf fein geriebenem Rettich serviert wird). Sich dessen zu ergötzen, bedarf es besonderer Vorliebe für rohen Fisch und der Zunge, die Delikatesse der völlig unberührten Gelbflossenmakrele, des Wildlachses, des Thunfisches zu erfassen. Und der Zartheit des Lachstatars. Wem übliche Kategorien genügen, dem werden sich die Feinheiten hier nicht erschließen, und schon gar nicht der Preis von 85 Euro, der allerdings selbst dem leidenschaftlichen Liebhaber einige Tapferkeit abfordert. Achtung: Sojasauce und Wasabi übertönen die so reizvollen, sehr leisen Nuancen des hinreißenden Fischs, der freilich eine Spur zu dick geschnitten war. Eingelegter Ingwer ergänzte ihn anregend. Für Freunde sehr feiner Differenz sehr feinen Fisches, denen Geld egal sein kann, ist dies das rechte Mahl am rechten Ort.

À la carte sollte man mit dem zartsäuerlichen Carpaccio von der Gelbflossenmakrele (16,00) beginnen, die dem Ruf als edelstem Fisch seiner Gattung voll standhielt, betörend treffsicher das schwarze Trüffelblättchen auf der Zitruscreme. Die Teigtaschen mit Königskrabben (18,00) mundeten uns ohne Enthusiasmus. Das schon gelobte, hauchzarte Lachstatar gibt es auch im Solo (18,00). Carolus, der es gerne grün hat, genoss den optisch mächtig daherkommenden grünen Salat (12,00), einen geschichteten Quader wie ein Ziegel, von Avocado- und Wasabicreme umschmeichelt. Dieser Salat könnte mit weiteren Gemüsebeilagen, etwa dem nussigen Spieß vom Blumenkohl (12,00), den gerösteten Zuckermaiskolben, den glasierten Auberginen (10,00) ein feines - aber beinahe 50 Euro teures - Vegetariermenü ergeben.
Nicht, dass Fleischfreunde zu kurz kämen. Das leicht scharfe Rinderfilet (28,00) erschien uns respektabel. Der Schweinebauch (18,00) hat uns hingerissen: butterzarte und zugleich knusprige Pralinés in leise geschärfter Misosauce.
Die Speisen würzt man hier mit zunehmendem Schall
Die wenigen angenehm sortierten offenen Weine rangieren zwischen 7 und 12 Euro für 0,1 Liter (!). Wenn schon, dann sollte eher die qualitativ wie preislich ausladende Flaschenkarte konsultiert werden. Und da wir schon über die Stränge schlugen, durfte es noch zum Schluss eine Schlehe vom berühmten Rochelt sein. Bei 34 Euro fürs 2-cl-Gläschen war's uns dann doch etwas zu viel Bittermandel, den Duft dieser delikaten Wildfrucht überlagernd. Das Bier behandelt man schon auf der Karte mit Verachtung.
Die Speisen würzt man hier mit zunehmendem Schall. Klammheimlich wird das Restaurant zum Club. Der DJ verrammelt das Gehör der frühen Gäste allerdings nur mit dem dürren Gerippe der Hip-Hop-Bässe. Aber mehr als zwei Stunden sind einem hier ja sowieso nicht gegönnt.
Do & Co Restaurant, Filserbräugasse 1, 80333 München, Telefon: 089/6931378-30, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 18 bis 0 Uhr.