Völlig ohne spitze Bemerkungen ging es natürlich nicht, als der Münchner Stadtrat am Mittwoch über die finanzielle Perspektive der Landeshauptstadt debattierte. „Wir haben die Stadt schuldenfrei übergeben“, sagte etwa Hans Hammer, der finanzpolitische Sprecher der Fraktion von CSU und Freien Wählern: „Wir hätten sie 2026 gern auch wieder schuldenfrei zurück.“ Ein Seitenhieb auf die grün-rote Regierungskoalition im Rathaus, mit dem Hammer ausdrücken wollte, dass er deren Ende bei der nächsten Kommunalwahl kommen sieht. „Wir planen, 2026 wieder in der Verantwortung zu sein“, fügte Hammer selbstbewusst hinzu.
Viel schärfer wurde es aber nicht, als in der letzten Vollversammlung vor den Sommerferien über die Eckdaten des Haushaltsplans 2025 und die Teilhaushalte der Referate in den Jahren bis 2028 gesprochen wurde. Ganz anders als im vorigen Jahr, als der CSU-Fraktionsvize Hans Theiss die Gelegenheit nutzte, um die grün-rote Stadtregierung frontal anzugreifen und mit deren Politik abzurechnen.
Wenn man das noch in Erinnerung hat, ist es verständlich, dass sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) diesmal nach dem letzten Wortbeitrag ausdrücklich bedankte „für eine überraschend sachliche Debatte“. Und weil er von allen Seiten Willen und Bereitschaft zu einer konstruktiven Zusammenarbeit vernommen hatte, beschloss er spontan: „Ich werde drei interfraktionelle Arbeitsgruppen gründen, mit den jeweils zuständigen Referenten und je einem Bürgermeister als Leiter.“ Die sollen dann „gemeinsam daran arbeiten, wie wir die Standards senken“.
Die Senkung von Standards – und damit verbunden natürlich vor allem von Kosten – bei den unterschiedlichen Bauprojekten der Stadt, war der kleinste gemeinsame Nenner gewesen, auf dem die Sprecher der großen Fraktionen von Grünen/Rosa Liste, SPD/Volt und CSU/Freie Wähler ihre Vorschläge für einen ordentlichen Haushalt ausgebreitet hatten. Reiter selbst möchte sich in einer Arbeitsgruppe um die Bereiche Wohnen und Planen kümmern, seine Parteikollegin Verena Dietl, die Dritte Bürgermeisterin, soll sich mit Schulen und Kitas beschäftigen, der Zweite Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) mit allgemeinen Bauthemen.
Oppositionsführer Manuel Pretzl (CSU) hat seine Unterstützung bereits signalisiert. „Klar machen wir mit“, sagte er, gab jedoch zu bedenken: „Solche Anläufe hat es schon öfter gegeben, mit überschaubarem Erfolg. Einem neuen Versuch wollen wir uns aber nicht verschließen.“ Nach den Sommerferien plant OB Reiter zu den ersten Treffen einzuladen, „bis zum Haushaltsbeschluss im Dezember will ich Ergebnisse haben“, sagte er. Sein Ziel ist, durch den Verzicht auf den „Münchner Gold-Standard“ (so der SPD/Volt-Fraktionssprecher Christian Köning) zehn Prozent Baukosten einzusparen, in der Summe ein „nennenswerter Millionenbetrag“.
Der ist auch nötig, mindestens in dreistelliger Höhe, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu gewährleisten. Dafür muss die Kommune so viel Überschuss erwirtschaften, dass sie damit ihren Schuldendienst leisten, also Tilgung und Zinsen für aufgenommene Kredite bezahlen kann. 2025 braucht die Stadt dafür 116 Millionen Euro, nach ersten Berechnungen und zwischenzeitlichen Konsolidierungsmaßnahmen ist Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) bei einem Plus von 156 Millionen Euro angelangt – ergibt einen kleinen Puffer von 40 Millionen, falls unverhofft eingeplante Einnahmen ausbleiben. „Der Haushalt für nächstes Jahr ist auf dünnem Eis gebaut“, findet der CSU-Experte Hammer.
Trotz weiter steigender Einnahmen muss mittelfristig gespart werden, darin sind alle einig im Münchner Stadtrat. Bei einer prognostizierten Schuldenlast von zehn Milliarden Euro im Jahr 2028 müsse die Kommune jährlich 400 Millionen Euro für den Schuldendienst aufbringen, rechnete Hans Hammer vor: „Das frisst uns den Haushalt auf.“
Uneinigkeit herrscht über das Wie und das Wo des Sparens. Vor allem die bereits laufenden Bauprojekte verursachen Kosten und sollen deshalb auf den Prüfstand. „Es hilft nicht, wahllos einzelne Projekte rauszukippen“, findet SPD-Fraktionschef Christian Köning; seine Partei will an geplanten Maßnahmen festhalten: „Wir müssen eine Debatte führen, was und wie kostengünstiger gebaut werden kann.“
Hans Hammer kritisierte dieses „Rasenmäherprinzip“ als Scheu davor, „unangenehme Entscheidungen zu treffen“. Er plädierte für einen „gemeinsamen Kassensturz“ und gab zu bedenken, man könne auch Beschlüsse wieder aufheben, die schon getroffen worden seien. Sebastian Weisenburger, der Co-Fraktionschef von Grünen/Rosa Liste, sprach davon, die richtige Balance zu finden: „Wir müssen eine gewisse Akrobatik hinkriegen zwischen Gestalten und Sparen.“ Er stellte Abstriche beim Ausbau der Radwege in Aussicht, einem der bislang umstrittensten Themen im Stadtrat: „Dass uns das schmerzt, ist klar, aber es gehört zu einem verantwortungsbewussten Handeln.“
Von anderen Parteien kamen andere Sparvorschläge, FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann regte etwa an „ganz konsequent 15 Prozent bei den freiwilligen Leistungen zu streichen“. Sonja Haider (ÖDP/München-Liste) forderte eine bessere Planung, dann sei vieles auch mit weniger Geld zu bewerkstelligen. Brigitte Wolf (Linke) brachte ins Spiel, „Großprojekte einzustampfen, die wir uns nicht leisten können“ wie den sogenannten BMW-Tunnel, die U9, oder die Verlängerung der U5 über Pasing hinaus nach Freiham.
Auch wenn angesichts mancher Vorschläge zwischendurch immer wieder spitze Bemerkungen durchs Plenum hallten, hielten im Grunde alle an Sebastian Weisenburgers Mahnung: „Heute ist nicht die Zeit für parteipolitische Polemik, dafür ist die Lage zu ernst.“